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Radtour durch Island

Erik Braun 1994

Island per Rad


Diesen Bericht schrieb ich (Erik Braun) nach meiner Radtour durch Island im August 1994, da einiges Interesse anderer Radler an ihm bestand, mache ich ihn nun über das WWW öffentlich.
Für unsere Fahrt nach Island standen uns leider nur 3 Wochen zur Verfügung, wir fuhren aber doch mit der Fähre ab Esbjerg und über die Færøer nach Seyðisfjørður. ("Wir", das sind vier Leute, 2 mit Trekkingrad und 2 MTB.) Dies zum einen, weil sich die Færøer wirklich lohnen (eine Übernachtung/Tour nach Saksun und zur Spalte nach Gjogv (Achtung, hoher Berg) sollte man unbedingt machen, es lohnt sich), andererseits sind 3 Wochen gerade genug Zeit, um eine nicht zu stressige Ost/West-Durchquerung durchzuführen.

Von Seyðisfjörður ging es in Norden ins Jökulsargljuflur-Gebiet, hier gibt es eine Reihe schöner Wasserfälle (Sellfoss, Dettifoss...) und Asbyrgi zu erleben. Für diesen Abschnitt benötigten wir 3 Tage, hatten allerdings bei der Fahrt durch die NO-Wüste Rückenwind. Die Wüste möglichst an einem Tag überqueren, da es keine guten Übernachtungsmöglichkeiten in ihr gibt. Von Asbyrgi fuhren wir über den berüchtigten Jeep-Track (anscheinend kannte den jeder Islandfahrer, was bei 6 Stunden Fahrtzeit über knapp 40 km aber auch nicht verwundert) zum Mývatn. Der Zeltplatz "links von Reykjalid" ist der schönere und am wenigsten überlaufene der Gegend (Achtung, Pauschaltouristen! ;-)). Am Mývatn kann man durchaus einige Tage zubringen, an denen es nicht langweilig wird. Der See selber ist einige Wanderungen wert (z.B. zu den Lava-Skulpturen), in der Umgebung gilt es auch einige gut zu erklimmende Berge mit guter Aussicht und jede Menge stinkender Schwefellöcher zu erkunden, die Krafla mit der zugehörigen Umgebung (Lava zum Füßewärmen, Kratersee) dürfte auch einen Tag in Anspruch nehmen. In Reykjalid gibt es auch ein gutes Schwimmbad mit Hot Pot. Aus Zeitgründen fuhren wir von hier aus mit einem Bus (für 5100 Ikr.) zur Askja, diese Tagesreise ist den Preis aber nicht wert, daß man am Ende des Tages geschafft ist, liegt vielmehr an der langweiligen Sitzerei im Bus, zum Bestaunen der Natur hat man vielleicht 3 Stunden Zeit, und nicht zuletzt ist es irgendwie peinlich, wenn man sieht, mit welchen Leuten man auf einmal zusammenfährt...

Von nun an hatten wir durchgehend Gegendwind, der sich erstaunlicherweise unserer Streckenführung anpaßte, so daß wir an manchen Tagen gerade mal 30-40 km fuhren. Vom Myvatn fuhren wir über den Godafoss (der mir, nachdem ich den Deti-/Sellfoss gesehen habe, gar nicht so eindrucksvoll erschien) nach Akureyri. Hier sollte man möglichst am Freitag oder Sonnabend sein, um einmal die isländische Jugend zu beobachten, wie sie mitten in der Nacht große, hupende Autotorsos bildet, die im Kreise durch einige Straßen der Innenstadt fahren. Auch eine isländische Attraktion! Akureyri hat ein auch ein schönes Schwimmbad, ein Gewächshaus und etwas, hmm, Atmosphäre zu bieten.

Ab Akureyri ging es den über Varmahild (sp?) auf die Kjoelur, was angeblich die am einfachsten zu fahrende Hochlandroute ist. Die einzige lohnende Übernachtungsmöglichkeit gibt es in der Oase, Hveravellir genannt, wegen der dortigen heißen Quellen. Hier gibt es auch einen natürlichen Warm Pot (Hot Pot klingt für 32 Grad zu gut ;-)), über den man sich angesichts der kalten Hochlandnächte besonders freuen wird. Von hier aus kann man auf einem langen Tagesritt das Hochland verlassen, um je nach Windrichtung vor oder hinter dem Berg (dessen Namen ich vergessen habe, sorry) zu campen, weil es ansonsten garantiert regnet.

Am nächsten Vormittag ging es weiter zum Gullfoss und Geysir, was beides sehr beeindruckend aussieht (Der Gull. vor allem bei Sonne), aber der Kulturschock, der einen in einer Gegend mit so vielen Menschen ereilt, nachdem man tagelang nur Steine, Berge, Gletscher gesehen, ist noch härter. Übernachtet haben wir 30km hinter dem Geysir (eigentlich dem Strokkur) in Laugarvatn. In der südwestlichen Ecke sind die Straßen größtenteils asphaltiert, damit ist hier aber auch mehr Verkehr als in den anderen Gegenden. Am nächsten Tag haben wir uns Þingvellir angeschaut, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten, wären wir auch dort noch ein, zwei Tage zum Wandern geblieben, es gibt hier einige Aus- und Ansichten, die sind so schön, daß ich solche Anblicke nur von Kitschpostkarten erwartet habe. Nicht verpassen, wenn ihr in Island seid!

Über den Rest (Reykjavík/Keflavík/Rückflug) gibt es eigentlich nur zu sagen, daß man dabei keine Zeit verschwenden sollte.

Hinweise: als Reiseführer habe ich den "Lonely Planet" genommen, in dem Radfahrer zwar nur als seltsame Masochisten, die gegen Sand und Sturm fahren, erwähnt werden, der aber ansonsten sehr detailliert auch die kleinen Dörfer am Rande beschreibt. Mit einem Postsparbuch und ein paar baren Dollar als Notreserve kommt man ganz gut zurecht, die Preise sind leider ziemlich hoch. Wenn man von Milchprodukten, Brot und Fisch lebt, schont man seine Reisekasse. Mit Englisch/Deutsch/20 Worten Isländisch kommt man auch beim Bauern hinterm letzten Fjord zu einigermaßen verständlichen Dialogen. Bei schlechtem Wetter (wir hatten erstaunlicherweise keines, zwar viel Wind, aber kein einziges Mal (!) im Regen gefahren, dafür am Sellfoss einen Sonnenbrand geholt) kann man auch mit dem Bus fahren, die Fahrräder werden hinten befestigt und sehen dann auch dementsprechend aus. Zumindest also Schaltung und Sattel in Plastetüten packen. Unbedingt mitnehmen sollte man Überzieher für die Schuhe ("Kanalistationsarbeiterstiefel"), weil man spätestens bei der 4.Furt in zwei Kilometern keine Lust zum Ausziehen, Füße naßmachen, Füße trocknen, Anziehen mehr haben wird. Bei Furten muß man sehr aufpassen, ich habe es eigentlich nur Ortlieb zu verdanken, daß meine Sachen trocken blieben... (BTW: Den deutschen Radfahrer erkennt man an den Ortlieb-wasserdicht-Taschen) Es ist durchaus möglich, durch Island mit dem Trekkingrad zu fahren (an die Benutzung eines Rennrades sollte man nicht mal denken), ich habe es ja selbst getan, man kann aber mit einigen Pannen rechnen (Einige Speichen, zwei Schläuche und einen Reifen habe ich kaputtbekommen) und wird sein Rad auf dem Jeep-Track und diversen Hochlandpisten verfluchen. Deswegen: NEHMT EIN MOUNTAINBIKE! Ihr werdet wirklich glücklicher damit durchkommen. So wenig wie möglich Gepäck mitnehmen. Zwei kleine Taschen hinten und eine Lenkertasche oder Lowrider sollten genügen. Das Zelt muß windfest sein, ein Kaufhauszelt übersteht wahrscheinlich nicht mal einen Durchschnittssturm. Überhaupt wird man Redewendungen wie "schlechtes Wetter", "Regen", "stürmischer Wind" sehr bald neu definieren...aber probiert es ruhig selbst ;-)

Ansonsten: keine zu großen Taschen nehmen, bei Seitenwind wirken die wie Segel, im Hochland immer genug Wasser dabeihaben, regen- und windfeste Kleidung mitnehmen sowieso, immer schön grüßen, Mütze oder Ohrenschutz nicht vergessen (Sonne und Wind trocknen die Ohren sonst ganz schnell aus), Karten gibt es in Island gute zu kaufen, die Touristenbüros sind meist sehr hilfreich, nicht die Nothütten mißbrauchen, Zelten läßt es sich im ganzen Land, außer den Naturparks, lieber "normale" Handschuhe als die mit den abgeschnittenen Fingern nehmen, Werkzeug mitnehmen und den Umgang damit vorher üben (!!!), hmm, und gibt es noch sonstwas?

Wer die Hinweise noch erweitern will, möge dies ruhig tun.