Einleitung
Ohne daß dies hier näher ausgeführt wird, ergab sich die Situation, daß ich im Februar sehr plötzlich für eine Woche die Gelegenheit bekam, eine kleine Reise zu starten. Fahrradtouren im Winter sind eigentlich nichts besonderes, auch wenn es ab und zu ein bißchen Schnee gibt. In diesem Winter rechnete ich aber im Februar eher mit wärmerem Wetter, aber sicherheitshalber wollte ich trotzdem mit Spikereifen fahren, falls doch noch ein Kälteeinbruch kommen sollte. Unter diesen Umständen ist eine Radtour in Deutschland gar keine so schlechte Idee, da bei uns ja die niederschlagsreichste Zeit in den Sommer fällt, während sie in Italien eher im Winter zu erwarten ist. Der weitere Nachteil dieser Jahreszeit, daß es früh dunkel wird, relativiert sich im Februar auch schon ein wenig, wenn man nur morgens immer früh genug losfährt. Die Klimaerwärmung kombiniert mit einem etwas milderen Winter machte sich bemerkbar und es gab Tage, die hatten fast Sommerwetter. Für eine Planung hatte ich keine Zeit und keine Gelegenheit. So mußte es reichen, einfach die Taschen mit der Kleidung für eine Woche und Essen für einen Tag zu packen. Zelt und Schlafsack ließ ich zuhause, aber eine Thermoskanne für Tee oder Kaffee mußte mit. Die Kleidung sollte ausreichen, um unterwegs keine Wäscherei besuchen zu müssen.
Tag 1: 2007-02-11 (7)
Ich hatte eine gewisse Ahnung, wann Züge in die richtige Richtung fahren könnten und fuhr einfach zum Schaffhauser Bahnhof, um mir eine "Schönes-Wochenende-Karte" der Deutschen Bahn zu kaufen. Der Rest würde sich unterwegs entwickeln, denn Landkarten und zwei Mobiltelefone hatte ich dabei. In den paar Minuten bis zur Abfahrt des Zuges ließ ich mir noch den Tip geben, erstmal über Frankfurt statt über Stuttgart zu fahren. Unterwegs ergab es sich, daß ich mit verschiedenen Zügen nach Bebra fuhr, das irgendwie immer ein traditioneller Ort auf der Route nach Thüringen gewesen ist, zumindest bei Bahnreisen. Beim vierten Umsteigen in Frankfurt hatte ich schon eine gewisse Ahnung von der Route und konnte so schon eine Woche im Voraus die Rückfahrt buchen, was mir noch die Nutzung eines "Winter-Special"-Angebots ermöglichte. Dank des 40 minütigen Aufenthalts war das möglich, einschließlich der Reservierung für das Fahrrad, auch wenn eine Streckensperrung mit Schienenersatzverkehr noch eine gewisse Komplikation zu verursachen schien. Die Umsteigevorgänge in Karlsruhe und Mannheim reichten jeweils noch für eine kleine Runde in der direkten Umgebung des Bahnhofs, in Singen und Fulda waren es richtige Anschlüsse.
In Bebra war es schon dunkel und der Ort wirkte irgendwie etwas verlassen. Bebra hat seinen einstigen Glanz weitgehend verloren, weil die heutigen ICE-Verbindungen überwiegend südlich und westlich an diesem einstigen Eisenbahnknotenpunkt vorbeiführen. Aber die alten Bahnstrecken von Kassel nach Erfurt und von Göttingen nach Fulda kreuzen sich auch heute noch in Bebra. Im Gegensatz zu dieser trotz allem noch vorhandenen Bahnverbindung waren die Straßen nicht primär dafür ausgelegt, daß man von Bebra nach Eisenach fährt. Sontra wäre wohl optimal gewesen, aber der Start in Bebra war doch stilvoller. Die Wegweiser zeigten immer nur zum nächsten Dorf und man mußte doch überraschend oft abbiegen, um nach Gerstungen zu kommen.
Tag 2: 2007-02-12 (1)
Am nächsten Morgen lohnte es sich, früh loszufahren. Das Wetter war an dem Tag meistens etwas regnerisch, aber die Niederschlagsmenge des ganzen Tages blieb doch ziemlich gering. In überwiegend schmalen Flußtälern und nahe der Berge mußte ich doch öfter abbiegen, um auf dem flachsten Weg nach Eisenach zu gelangen. Danach weitete sich das Tal etwas aus, aber auf der südlichen Seite blieb der Thüringer Wald doch noch lange sichtbar. Gotha war eine schöne Stadt für die erste Pause.
Der weitere Weg nach Erfurt verlief ähnlich, nur wurde der Verkehr vielleicht etwas mehr. Hinter Erfurt blieb die Straße noch über 10 km lang vierspurig und danach war es fast ein Zufall, daß ich die Gelegenheit für eine zweite Pause in der schönen Innenstadt von Weimar nicht verpaßte, weil die richtige Abfahrt dafür kaum gekennzeichnet war.
Von Weimar nach Jena erwischte ich eine gemütlichere Strecke, die etwas südlich der Nationalstraße verlief und nur von wenigen Autofahrern entdeckt worden ist. Da ich südlich der Innenstadt in Jena ankam und zur südöstlichen Ecke der Stadt wieder weiterfahren wollte, verkürzte mit das in Jena die Durchfahrt durch die Stadt. Zufällig war eine Brücke im Verlauf der Straße, die ich eigentlich nehmen wollte, gerade abgerissen worden und die Straße war deshalb vollständig gesperrt. Aber es war kein Problem, eine andere Straße nach Hermsdorf zu nehmen, die schön auf dem Berg entlang verlief und eine schöne Aussicht bot, wenn auch diesmal mit etwas eingeschränktem Nutzen, da es langsam dunkel wurde.
Tag 3: 2007-02-13 (2)
Von Hermsdorf fuhr ich über Eisenberg nach Crossen, um dann der Elster zu folgen. Über lange Strecken gab es eine asphaltierte autofreie Straße am Fluß entlang oder ich konnte auf der ruhigeren östlichen Seite fahren. Später war dann die N 2 die einzige Straße in Richtung Leipzig, um zwischen verschiedenen Braunkohlegruben hindurchzukommen, aber für die letzten 15 km ergab sich dann wieder teilweise die Möglichkeit, an der Elster entlang zu fahren. Das Wetter war an diesem Tag ziemlich gut und der einzige Regen kam, als ich gerade in einem Bushaltestellenhäuschen meine Mittagspause machte.
Tag 4: 2007-02-14 (3)
Von Leipzig nach Halle folgte ich wieder teilweise der Elster, teilweise Straßen nördlich des Flusses bis nach Halle, das sich etwas südlich der Innenstadt durchqueren ließ. In Aschersleben machte ich eine etwas späte Mittagspause. Am schönsten war aber an diesem Tag eindeutig Quedlinburg mit seiner Innenstadt.
Ab Quedlinburg folgte ich mehr oder weniger dem Nordrand des Harzes über Blankenburg nach Werningerrode, um dort zu übernachten. Auch das war wieder ein sehr schöner Ort.
Tag 5: 2007-02-15 (4)
Die schönen Städte am Harzrand hörten so schnell nicht auf. Goslar war auch eine ausführlicheren Besuch wert. Danach wollte ich in die Lüneburger Heide. Dazwischen liegt ein kleiner Bruder des Ruhrgebiets bestehend aus Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Peine und ein paar kleineren Orten, was einen gewissen Anreiz dafür darstellte, diesen Teil auszulassen. So fuhr ich nur noch bis Salzgitter-Ringelheim, dem ersten größeren Ortsteil von Salzgitter. Von dort ließen sich Hannover, Salzgitter und einige andere verkehrsreiche Orte mit dem Zug durchfahren und ab Eschede war es schon wieder ruhiger für die Fahrt auf den letzten 20 Kilometern durch die Lüneburger Heide nach Unterlüß.
Tag 6: 2007-02-16 (5)
Die Lüneburger Heide ist zum größten Teil Wald mit ein paar Feldern dazwischen, denen man den etwas sandigen Boden ansieht. Leider stellte sich mir ein riesiges Militärgebiet zwischen Bergen und Nienburg in den Weg, das ich südlich umfahren wollte. Wie sich dann aber herausstellte, war inzwischen auf einer Straße eine Durchfahrt möglich geworden. Das gesamte Gebiet war von teilweise sehr breiten Nationalstraßen ohne Nummer durchzogen, die absurderweise als "Privatstraßen des Bundes" bezeichnet wurden. Straßen für den Durchgangsverkehr waren teilweise getrennt von den Panzerstraßen. Danach kam dann bald die Aller und die Lüneburger Heide war schon vorbei.
Nienburg ist eine sehr schöne Stadt mit vielen schönen Fachwerkhäusern. Der Rest des Weges war mir eigentlich schon gut bekannt. Gegen Abend kam ich nach Minden und ich wollte noch bis Bad Oeynhausen weiterfahren. Dort wurde der Verkehr so stark und es wurde auch langsam etwas spät, so daß ich für die letzten paar Kilometer nach Bielefeld einen Zug nahm.
Tag 7: 2007-02-17 (6)
Von Bielefeld nach Münster war es eigentlich eine kurze Strecke, die ich durch eine Abkürzung von Bielefeld nach Warendorf und einen Umweg von Warendorf nach Münster noch etwas interessanter machen wollte. Warendorf und Freckenhorst waren noch schöne Orte.
In Münster wollte ich noch das "KÜ" besuchen, wo der Dortmund-Ems-Kanal die Ems mit zwei Brücken überquert. Das war früher ein schöner Ort, wo man im alten Kanal, im neuen Kanal und in der Ems baden konnte und wo es sogar die Möglichkeit gab, in einem kleinen Wäldchen zu zelten, wenn man nicht so genau danach fragte, ob das erlaubt ist. Das sollte alles anders sein. Im Kanal konnte man natürlich immer noch baden, aber der war jetzt verbreitert worden. Dafür hatte man alle Bäume und Wäldchen am Rand systematisch abgeholzt und riesige Flächen mit dem Aushub aus dem Kanal verwüstet. Der alte Kanal, der über die zweite, ältere und schönere Brücke führte, war weitgehend trocken gelegt worden und es gab nur noch einen kümmerlichen Rest. Das war überhaupt nicht mehr vergleichbar schön wie in früheren Zeiten, immerhin einst das wichtigste Naherholungsgebiet von Münster.
Tag 8: 2007-02-18 (7)
So um 9:04 fuhr mein Zug von Münster ab und ich mußte genau diesen Zug nehmen oder eine neue, teurere Fahrkarte kaufen. Bis Basel ging alles gut, aber der Zug von Basel sollte nur bis Beringen fahren. Das machte ja nichts aus, denn das letzte Stück konnte ich ja selber fahren. Weil das Wetter so schön war, stieg ich in meinem Übermut schon in Tiengen aus und fuhr für die letzten 40 km noch einen schönen Umweg über den Höhenzug bei Hallau.
Fazit
Eine Fahrradtour im Februar in Deutschland ist eine ganz gute Idee. Man muß sich sicherheitshalber auf etwas Schnee einstellen und die Route eventuell auch so planen, daß sie in den Tälern oder im Flachland verläuft, da es in den Mittelgebirgshöhen auch heute noch im Winter mehr Schnee und Eis geben kann. Das schöne an dieser Reise waren vor allem die vielen schönen Städte, durch die ich gekommen bin.