Allgemeines
Eigentlich war dieser Urlaub gar nicht als Radtour gedacht. Außerdem wär es gar nicht so einfach gewesen wäre, so etwas mit unseren vier Kindern zu machen, weil die jüngste erst ein halbes Jahr alt war. Möglich gewesen wäre aber auch das. Wir hätten zwei Tandems mit Anhänger nehmen können: Bernhard auf einem mit Christina im Anhänger, Ulrich (5) und ich auf dem anderen, mit Heidrun (2) im Anhänger. Nur hatten wir zum damaligen Zeitpunkt noch nicht einmal ein Tandem. Aber wir haben halt doch ein Fahrrad mit Anhänger gemietet und haben das natürlich auch zwischen den verschiedenen Übernachtungsorten überführen müssen, so daß es letztlich - zumindest rein formell gesehen - doch eine Radtour war. Immerhin wird ja auch auf der einen oder anderen WWW-Seite sehr empfohlen Radtouren auf Gotland zu machen.
Gotland ist mit 2994 km² die zweitgrößte Ostseeinsel, die ungefähr in der Mitte zwischen Stockholm und der Küste Lettlands liegt. Es gehört zu Schweden, auch wenn man dort vielleicht häufiger die gotländische als die schwedische Fahne sieht. Aber das gehört wohl bei einer Insel dazu. Die Sprache ist ein schwedischer Dialekt, der nicht so leicht zu verstehen ist, wenn man nur Schwedisch kann, aber die Leute sind ja doch mehr oder weniger in der Lage, Hochschwedisch zu sprechen, wenn ein Ausländer oder ein Inländer vom Festland auftaucht. Angeblich müßten wir ja Gotländisch gut verstehen, weil es ein bißchen ähnlicher wie Deutsch ist, meinen manche Gotländer. Ich habe das aber noch nicht gemerkt. Andere meinen wiederum, daß das Gotländische aus der Sprache der alten Goten entstanden sei, deren Nachfahren später als West- und Ostgoten durch halb Europa wanderten und daß es heute nur aus Opportunismus als schwedischer Dialekt bezeichnet werde. Ganz Gotland ist zu einer Gemeinde zusammengefaßt, die aber einwohnermäßig doch noch nicht eine Großstadt ist. Flächenmäßig schon eher... Zu dieser Gemeinde gehören noch ein paar Dutzend weitere Inseln dazu, zum Beispiel Stora Karlsö oder Fårö. Aber das kommt vielleicht später.
Die Anreise nach Gotland sah zunächst ein bißchen schwierig aus, weil es gar nicht so leicht ist, passende Tages- und Nachtzüge zu finden und auch noch zu reservieren, mit denen man die Fähren von Nynäshamn oder Oskarshamn nach Visby erreicht, die nicht gerade mitten in der Nacht abfahren oder ankommen. Als ich das geschafft hatte, wurde noch einmal eine kleine Änderung fällig, um ICE-freie Verbindungen zu bekommen, weil zu der Zeit viele ICEs nicht fuhren oder es stattdessen verspätete Ersatzzüge gab.
Erste Woche
(5) 1998-07-03
Weil Bernhard in die Schule geht, haben wir uns an die Sommerferien gehalten. Ich habe schon den letzten Schultag freigenommen. Gleich nach Bernhards Schule sind wir dann auch so um 16:33 losgefahren. Von Schaffhausen bis Basel hatten wir einen Eilzug. Von Basel bis Kopenhagen gab es dann einen Nachtzug, der über Flensburg und den neuen Belttunnel fuhr. Die Nachtfahrt war lang genug um gut zu schlafen. Wir hatten ein Liegewagenabteil, wo wir gut alle zusammen hereinpaßten und auch das ganze Gepäck mitsamt den beiden Kinderwagen unterbringen konnten. Heidrun konnte ja schon gut laufen, aber für längere Strecken erschien es uns doch noch angemessen, einen Kinderwagen mitzunehmen. Das war so ein Jogger, also eine dreirädrige Konstruktion mit Fahrradrädern. Das läßt sich viel leichter schieben als die üblichen sauteuren Design-Kinderwagen, bei denen man nicht einmal Kugellager für 1.20 DM pro Stück spendiert hat. Der Kinderwagen wurde dann auch gleich von den schwedischen Kindern als "cykel" (Fahrrad) bezeichnet. Das Gepäck ließ sich einigermaßen gut handhaben. Die Kinderwagen sind ja rollbar, ebenso der Koffer, den wir mitgenommen hatten. Der Rest waren Rucksäcke, je einer für die älteren von uns und mich und noch ein zweiter, der unten in Christinas Kinderwagen kam. Natürlich war Ulrichs Rucksack noch nicht so schwer, aber er war doch stolz darauf, auch etwas zu tragen. Heidrun wollte dann auch einen Rucksack haben, den sie gleich nach den Ferien auch bekommen hat. Unterwegs war das nicht so wichtig, weil sie doch noch oft im Jogger saß.
(6) 1998-07-04
Von Kopenhagen nach Hässleholm hatten wir einen D-Zug, der noch recht lange brachte, weil die Fähre über den Öresund zeitraubend ist. In Hässleholm mußten wir umsteigen und sollten dann einen X 2000 bekommen. Wir hatten dort genug Zeit, um die ganzen schwedischen Fahrkarten zu kaufen. Die sind nämlich dort eine ganze Menge billiger zu bekommen als in Deutschland oder in der Schweiz. Nun stellte sich aber heraus, daß der X 2000 doch nicht kam, weil es eine Störung bei dem Zug gab. So kam stattdessen ein normaler Zug, der immerhin auch genug Plätze hatte, um alle Leute unterzubringen. Aber es dauerte halt ein bißchen länger. Trotzdem kamen wir abends in Stockholm an und natürlich fuhr der Vorortzug nach Nynäshamn genau nach Fahrplan, so daß wir letztlich genau eine Stunde später als geplant dort ankamen. Nun hätten wir gleich das Schiff nach Visby nehmen können, aber das wäre ungünstig gewesen, da die Nachtfahrt nur sechs Stunden Zeit zum Schlafen gelassen hätte. So gingen wir lieber in die Jugendherberge von Nynäshamn, um normal lange zu schlafen. Die war vom Bahnhof und Hafen gut zu Fuß zu erreichen. Ich bin abends nochmal kurz zum Hafen gegangen, um die Fahrkarten zu kaufen. Da mußte ich allerdings warten. Bis das Nachtschiff weggefahren war, wollte man mich noch nicht bedienen.
(7) 1998-07-05
Am nächsten Morgen fuhren wir mit dem Katamaran nach Visby. Dort besorgte ich erst einmal ein Fahrrad mit Anhänger. Das war kein Problem, denn direkt gegenüber war ein Fahrradverleih. Man sieht auf den gotländischen Straßen unheimlich viele Fahrräder, davon hat vielleicht ein Drittel einen Anhänger. Und Tandems sind auch sehr häufig vertreten. Die Miete für das Fahrrad und den Kinderanhänger war dann doch für vier Wochen eine ganze Menge, aber was soll man sagen. Christina konnte noch nicht so gut sitzen, deshalb planten wir, uns auch auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu stützen. Aber erstmal war ganz lange kein Bus in Sicht. Ich fuhr mit dem Fahrrad und dem ersten Großeinkauf im Anhänger nach Lummelunda. Dort hatten wir für zwei Wochen so ein kleines Häuschen gemietet.
Ich fuhr also auf der N 149 nach Norden und sah dabei auch gleich, daß es noch ein paar Dinge zwischen Visby und Lummelunda gab. Ganz typisch für Gotland war die N 149 die ersten paar Kilometer hinter Visby ganz großzügig ausgebaut, zweispurig mit sehr breiten Randstreifen. Sie wurde danach schmaler, vielleicht so wie eine Nationalstraße (Bundesstraße) in Deutschland. Die Fahrt war recht schön, hauptsächlich durch Wald. Auch wenn die Höhenunterschiede und die Steigungen sich auf der N 149 in Grenzen hielten, kann man die Strecke doch als leicht hügelig bezeichnen. Obwohl ich nur eine etwas zu kleine Dreiganggurke gemietet hatte und noch einen Anhänger zu ziehen hatte, hab' ich wohl ein Tandem überholt. Die Strecke war recht verkehrsarm, aber immerhin waren fast ein Drittel der Fahrzeuge Fahrräder, wobei Tandems besonders häufig vorkamen und natürlich Anhänger keineswegs selten waren.
Das Häuschen in Lummelunda war nicht weit weg von der Bushaltestelle, aber auch nicht von der N 149. Deshalb mußten wir darauf achten, daß Heidrun immer im Garten blieb. Für Ulrich und Bernhard war das kein Problem und Christina konnte noch nicht einmal krabbeln. Aber im Garten gab es ja auch einen Hasen, so daß auch Heidrun drinnen blieb.
Erstmal machten wir aber einen kleinen Spaziergang durch den Wald. Der Weg beginnt direkt neben dem Haus.
(1) 1998-07-06
Morgens machte ich einen kleinen Einkauf in Stenkirka, das vielleicht 5 km nördlich von Lummelunda einen kleinen Laden zu bieten hat. Der hatte inzwischen abends recht großzügige Öffnungszeiten und nebenbei habe ich dort auch noch einen aktuellen Busfahrplan aufgetrieben. Die Webseite habe ich leider erst auf Gotland gefunden und der Fahrplan, den man mir auf telefonische Bitte geschickt hatte, war halt der zum Anrufzeitpunkt gültige Winterfahrplan. Da konnte es ja nur besser werden und tatsächlich fuhren an Werktagen auch vielleicht vier Busse pro Richtung. Einen davon nahmen wir, um etwas nördlich von Visby ein Flugzeugmuseum anzusehen. Zurück kamen wir auch noch.
(2) 1998-07-07
So ungefähr dachten wir uns, vielleicht jeden zweiten Tag etwas weiter weg zu fahren und sonst auch in der näheren Umgebung den einen oder anderen Spaziergang zu machen. Das führte uns diesmal bis zur Küste. Die ist hier eine Steilküste mit Kalkfelsen und man muß schon ein bißchen suchen, um eine Stelle zu finden, wo man mit oder ohne Treppen halbwegs vernünftig nach unten kommt.
Abends, als alle Kinder im Bett waren, machte ich noch eine kleine Runde mit dem Fahrrad. Die führte mich, wie die meisten dieser Runden, nach Tingstäde, das regelrecht zum Fixpunkt der ganzen Reise werden sollte. Dort gibt es nämlich einen herrlichen See mit einer schönen Badestelle. Und man konnte abends noch ganz gut dorthin fahren, das waren vielleicht 12 oder 13 Kilometer pro Richtung, wenn man den kürzesten Weg über Martebo nimmt. Das war mir natürlich für den Rückweg zu langweilig und so fuhr ich über die N 148 bis zur Straße von Lokrume nach Martebo und auf dieser nach Lummelunda. Das war ein paar Kilometer weiter, aber eine sehr schöne Strecke am Rande eines großen Moorgebiets und fast ohne Autos, ich habe jedenfalls keine gesehen.
(3) 1998-07-08
Lummelunda ist bekannt für seine 8000 Jahre junge Tropfsteinhöhle und genau die wollten wir uns auch einmal ansehen. Wenn auch schon alles zur Gemeinde Gotland gehörte, so war doch auch der "Ortsteil" Lummelunda nicht so klein und der Weg dorthin war auch schon so ungefähr 5 Kilometer. Da fuhr ich mit Ulrich und Heidrun im Anhänger. Bei der Entfernung waren wir ungefähr gleichzeitig dort, auch wenn der Überlandbus auf Gotland normalerweise etwas schneller als das Fahrrad ist. Die Grotten waren auch ganz eindrucksvoll, vielleicht noch ein kleines bißchen besser als die Eisläden daneben. Schweden ist ja das Land mit dem höchsten Eiskonsum in Europa. Ein kleines Labyrinth aus Steinen gab es auch, das allerdings zum Verirren wohl weniger geeignet war als die Höhle, da die Steine nur ein paar Zentimeter aus dem Boden ragten und die Struktur eine Doppelschnecke war. Aber diese Doppelschnecke zum Durchlaufen gibt es auf Gotland seit uralten Zeiten. Natürlich machten wir noch einen schönen Spaziergang an der Küste entlang, sicher nicht ohne dabei auch ein bißchen zu baden.
(4) 1998-07-09
Heute war eine kleine Einkaufsfahrt mit Heidrun nach Visby angesagt, weil ich unter anderem Geld besorgen mußte. Das erforderte zwar bei der Bank einige Abklärungen, weil Reiseschecks auf Schweizer Franken anscheinend immer noch als recht exotisch empfunden wurden, aber es war dann doch möglich, sogar mit einer kürzeren Schlange als beim Geldautomaten. In der Bank gab es für die Kinder Lego, deshalb fand Heidrun die Schlange viel zu kurz. Daß man in der Schlange nicht stehen mußte, sondern mittels Nummern im Sitzen warten konnte, ist in Schweden fast selbstverständlich. Diesmal gab es sogar Zeitungen für die Leute, die in der Schlange saßen.
Auf dem Hinweg versuchte ich, für ein paar Kilometer zwischen der Nationalstraße und der Küste dem "Gotlandsleden" zu folgen. Das ging auch ganz gut, denn die Straße war auch gut asphaltiert. Aber durch den Verlauf in der Nähe einer alten Abbruchkante war sie doch so steigungsreich, daß es mit dem Fahrrad und Anhänger letztlich günstiger ist, normalerweise auch auf diesem Abschnitt die N 149 zu nehmen. Für den Rückweg vom Hafen in Visby nach Lummelunda war es dagegen eine gute Idee, zunächst Visby auf einer Straße direkt an der Küste zu verlassen und erst hinter dem Stadtrand über die Kante hochzufahren.
Ein kleiner Spaziergang war natürlich jetzt auch noch fällig. Wir gingen diesmal durch das Naturschutzgebiet, das gar nicht so weit weg von dem Haus zu finden war.
Abends war wieder eine kleine Badefahrt nach Tingstäde fällig, diesmal auf einem noch kürzeren Weg, der einer ehemaligen Bahnlinie verläuft. Dieser Feldweg ist gar nicht so leicht zu finden, aber Mountainbiken ist wohl sowieso nur etwas für harte Jungs und Mädels... Als ich ihn einmal gefunden hatte, ging es fast wie ein Lineal durch ein Moorgebiet und dann durch Wald bis nach Tingstäde. Nur war der Weg natürlich etwas rumpelig. Für den Rückweg nahm ich wieder die Straße, die trotz des kleinen Umwegs doch sicher schneller ist.
(5) 1998-07-10
Heute wollten wir einmal nach Ire fahren, gut 10 km nördlich von Lummelunda. Das war nämlich zwei Jahre davor besonders interessant gewesen, weil man da ein kleines Rinnsal am Strand ein bißchen stauen und umleiten konnte. Ire ließ sich auch erreichen. Ich fuhr mit Heidrun und Ulrich mit dem Velo. Das Rinnsal gab es nicht mehr, weil das Wetter zu gut und zu trocken war, aber baden konnte man natürlich sehr gut. Vor allem Heidrun ist dafür ja schnell zu begeistern, Bernhard auch schon ein bißchen, seit er schwimmen kann. Am abend war wieder eine kleine Fahrradfahrt fällig, selbstverständlich nach Tingstäde. Diesmal fuhr ich aber einen kleinen Umweg, nämlich erst nach Kappelshamn und dann über Lärbro zu dem Tingstäder See. Der Rückweg war dann ein Umweg über Stenkirka. Das habe ich mir gleich als Ausflugsziel gemerkt.(6) 1998-07-11
In irgendeinem Prospekt wurde ein Kräutergarten zwischen Lummelunda und Visby als einer der größten Knalleffekte angepriesen. Mit Heidrun und Ulrich im Anhänger fuhr ich dorthin. Der Bus ist auf der Strecke zwar etwas schneller als das Fahrrad, aber so kurz vor dem Kräutergarten, der ja nicht direkt neben der Bushaltestelle ist, haben wir uns dann doch wiedergetroffen. Es gab dort gutes Essen, einen schönen Spielplatz, aber der Kräutergarten erwies sich als weniger spannend. Dafür gab es direkt daneben einen schönen Strand. Auf dem Rückweg wollte Bernhard auch einmal mit dem Anhänger mitfahren.(7) 1998-07-12
Wir hatten von 1996 noch in Erinnerung, daß es in der Nähe des Häuschens ein sehr schönes Naturschutzgebiet geben müßte. Das wollten wir heute finden. So bogen wir von dem Waldweg schon bald nach rechts ab und liefen parallel zur Nationalstraße durch den Wald. Der Weg wurde dann aber immer enger und rumpeliger, kaum noch für Kinderwagen passierbar, bis er sich schließlich irgendwie mit der N 149 vereinigte. Wenig später kam dann der Waldweg in das Naturschutzgebiet, auf dem wir noch bis zur Steilküste liefen. Der Kinderwagen blieb oben stehen, den wollten wir nicht über die Steigung an der Küste schieben. Auf dem Rückweg fanden wir einen besseren Weg.Zweite Woche
(1) 1998-07-13
Gotland hat vielleicht pro Einwohner die höchste Dichte an gotischen und romanischen Kirchen der Welt. Fast jedes Dorf hat eine, insgesamt sind es fast 100, bei etwa 50 000 festen Einwohnern. Lummelunda hatte auch eine, der wir natürlich einen kleinen Besuch abstatteten.Irgendwie hatten wir noch einen Vogelsee in Erinnerung. Eigentlich war die Gegend von Lummelunda einst ein riesiger See- und Moorkomplex, aber im Eifer der Agrarisierung hat man das alles trockengelegt. Ein bißchen zu trocken, so daß Bewässerung wünschenswert erschien. Dafür wurde ein kleiner Teil des ehemaligen Sees eingedeicht und zum Wasserreservoir gemacht. Das war also der Vogelsee. Der Weg auf dem Deich ist natürlich toll, man geht teilweise zwischen riesigen Schilfpflanzen, insbesondere aus der Perspektive der Kinder.
Danach war es natürlich viel zu langweilig und zu früh, einfach wieder über die Nebenstraße zurückzugehen. So machten wir auf kleinen Feldwegen einen Bogen nach Süden, über einen Gutshof und an ein paar neumodischen Windmühlen vorbei. Die waren imposant und fast ein schöner Anblick, jedenfalls wenn man an die sanfte Stromerzeugung denkt, aber der Radau war doch zu viel für eine Plazierung im Vorgarten. Die N 149 ließ sich recht gut queren und wir kamen nach Nyhamn an eine ganz schöne Stelle der Küste. Es gibt in der Steilküste immer wieder kleine Unterbrechungen durch flachere Küstenabschnitte und so etwas war dort, mit Bademöglichkeit, wie sich leicht ahnen läßt. Irgendwie auf etwas abnehmender Wegqualität kamen wir an der Oberkante der Steilküste entlang nach Norden. Zum Teil haben wir zu zweit die Kinderwagen nacheinander über die steilsten Abschnitte bewegt, einer konnte mit einem Seil ziehen, einer auf die übliche Art schieben.
Schließlich führte ein Waldweg von der Küste weg. Von dem kamen wir dann recht bald wieder auf einen Seitenweg nach Norden, der recht gut begehbar war. Dort gab es so viele Walderdbeeren, daß es uns kaum gelang, überhaupt noch am selben Tag weiterzugehen. Der Weg war immerhin sogar mit Kinderwagen einigermaßen benutzbar, bis er dann aber doch ziemlich unscheinbar auf unseren Waldweg mündete, womit wir schon fast wieder in dem Häuschen waren. Nur meine Regenjacke war nicht dabei, dabei hatte ich die auf dem windigen Steilküstenabschnitt noch gehabt. Also war wieder eine Runde Biken angesagt, ich fuhr also über unseren Waldweg und den unscheinbaren Seitenweg bis zur Küste, aber die Jacke war weg. Bei dem Wind wohl einfach weggeblasen. Vielleicht war dann schon bald eine Fahrt nach Visby fällig?
Ziemlich traurig machte ich noch eine kleine Runde bis zu den Grotten und zurück, dann wollten wir im dunklen Wald noch zu Fuß die Jacke suchen, da sie ja auf dem Weg oder so liegen müßte. Sie kam sogar auf die Idee, einen entgegenkommenden Fußgänger danach zu fragen. Und der hatte sie ein paar Stunden davor gefunden.
(2) 1998-07-14
Jetzt sollte es einmal einen richtig langen Ausflug geben. Stora Karlsö ist eine kleine Insel, die den Namen "Stora Karlsö" nur deshalb tragen darf, weil Lilla Karlsö noch kleiner ist. Ein recht früher Bus brachte uns morgens nach Visby, wo sich die Umsteigezeit noch für einen Einkauf zu nutzen ließ, dann kam nämlich schon der nächste Bus nach Klintehamn. Von dort fährt ein kleines Bötchen nach Stora Karlsö. Es war ja wieder sehr windig, aber das Boot fuhr. Für Christina hatten wir eine Rückentrage dabei. Auf der Insel gibt es nämlich einen geführten Rundgang und man soll nur mit diesem die lange Runde gehen, damit die Natur geschont wird. Das war schon toll, wie in den steilen Felswänden hunderte von Vögeln nisten. Zum Baden blieb auch noch Zeit. Die Rückfahrt war noch windiger. Mit den Bussen kamen wir wieder mit Umsteigen in Visby nach Lummelunda.
(3) 1998-07-15
Nun war Stenkirka, wo wir ja immer wieder den einen oder anderen Einkauf erledigten, das Ziel einer kleinen Fahrt mit der ganzen Familie, auf die übliche Art mit Fahrrad und Bus. Es gab dort nicht nur eine schöne romanische Kirche, sondern auch ein Freilichtmuseum. Das gibt es in Schweden recht häufig und in Norwegen wohl sowieso. Dort gab es nicht nur ein paar alte Bauernhäuser, sondern auch ein dorthin versetztes Sonnengrab, also ein Steinkreis von vielleicht zehn Metern Durchmesser, dessen Fläche mit allerlei interessanten Strukturen ausgefüllt war.
Dann gab es noch ein paar Kilometer weiter einen Anger, also eine alte Baumwiese oder so etwas, die eine früher übliche Kulturlandschaftsform wiedergeben soll. Da waren wir schon fast in Ire, wo ich mit Heidrun auf dem Rückweg noch einen kurzen Blick auf die Wellen warf. Dann war es aber echt anstrengend, noch nach Lummelunda zu fahren.
Trotzdem war es irgendwie noch nicht so sehr spät und Bernhard wollte auch noch einmal etwas mit mir unternehmen. Außerdem hatten wir beim Kräutergarten eine Flasche Sonnenschutzmittel vergessen. Also fuhr ich mit Bernhard nochmal zum Kräutergarten, aber da war nichts zu holen. Dann gab es eine Straße über Väskinde zur N 148, die ja bekanntlich nach Tingstäde führt. Das muß die bei weitem größte Straße sein. Trotz ganz geringem Verkehrsaufkommens gibt es einen Abschnitt von ein paar Kilometern, der vierspurig ausgebaut ist. Die N 148 war eher schmal, aber doch breit genug für den Anhänger. Bernhard hatte sich anscheinend bei früheren Gelegenheiten ein paar Wegweiser gemerkt, jedenfalls konnte er aus der Entfernung von Tingstäde nach Stenkirka mir ungefähr sagen, wie weit es so nach Lummelunda sein müßte. Daß es dann doch etwas kürzer wurde, weil wir nicht über Stenkirka fuhren, ist noch eine andere Geschichte.
(4) 1998-07-16
Irgendwie wollten wir einmal wieder eine richtig lange Fußwanderung machen. Anhand der Karten, die man immer wieder sehen konnte, schien sich eine Möglichkeit abzuzeichnen, von Norden her parallel zur Küste abseits der N 149 eine solche Wanderung zu machen. Um es nicht ganz zu übertreiben, fuhren wir mit dem Bus zu einer Abzweigung nördlich von Stenkirka und gingen von dort nach Lickershamn, wo man sogar noch baden konnte. Außerdem gab es dort sehr schöne Raukfelsen. Gotland war ja früher einmal ein Korallenriff und da haben sich verschieden harte Materialien gesammelt. Heute werden die weicheren Sachen zuerst weggespült und es bleiben ganz interessante Figuren übrig, die man "raukar" oder Rauksteine oder so nennen darf.
Dann folgten wir einem belebten und gut ausgebauten Wegenetz parallel zur Steilküste, aber das ging irgendwie nur so mitteleindeutig weiter, so daß wir zu der Annahme kamen, daß ein weiter im Landesinnern gelegener Weg besser geeignet sei. Komischerweise gab es den auch nicht und dann war auch noch der eine oder andere Weg zu schlecht für die Kinderwagen. So folgten wir einem Waldweg, der auf den Nordrand von Stenkirka zulief. Mit viel Zickzack durch eine Siedlung und ein paar Versuchen, die für uns in Stichwege führten, waren wir schließlich in der richtigen Richtung unterwegs. Übrigens ein sehr schöner Spaziergang. Wo die Wege von dem Naturschutzgebiet auf die etwas flachere Steilküste treffen, wollten wir hoch und dann an der oberen Kante entlang bis zu unserem Waldweg gehen. Das war gar nicht so einfach, denn die Steilküste war hier doch steil. Aber wir schafften das alle und kamen recht müde an.
Unsere Vermieter hatten uns ein Fahrrad geliehen, das noch schlechter war als das in Visby gemietete, aber es fuhr. Als die Kinder im Bett waren, machten wir noch eine kleine Runde nach Binge, das so ungefähr dort liegt, wo der auf der alten Bahnlinie verlaufende Weg beginnt.
(5) 1998-07-17
An diesem Tag war einpacken fällig. Alle Koffer, Rucksäcke und alles. Außerdem muß man das Haus noch ein bißchen wischen. Irgendwie gelang es uns aber doch, aufzubrechen. Ich hatte einen großen Rucksack, den Koffer und sehr viel "Kleinkram" im Anhänger. Wir fuhren nach Visby, wo wir in der Jugendherberge übernachten wollten. Kurz vor der Abfahrt mußten wir noch unsere vielleicht doch etwas überdimensionierten Eisvorräte aufessen. Und natürlich bekamen wir von unseren Vermietern zum Abschied auch noch jeder ein Eis.Es war ja noch früh genug und eigentlich die ideale Gelegenheit, ein bißchen von Visby zu sehen. So machten wir noch eine kleine Runde durch die Altstadt, Heidrun konnte schon ein bißchen selber laufen. Aber wo war sie denn geblieben? Keine Heidrun zu sehen. Wo ist Heidrun? Mit Rufen war sie auch nicht anzusprechen. Netterweise paßten andere Leute, die unsere Situation mitbekommen hatten, auf Christina, Bernhard und Ulrich auf. Die Stelle war dann auch unser Treffpunkt, während wir und mit der Zeit auch einige andere Leute eine immer größer werdende nähere Umgebung durchkämmten. Das war total frustrierend, keiner hatte Heidrun gesehen, keiner wußte etwas und schon gar nicht lief uns die Kleine selber über den Weg. Wo ist Heidrun?
Mit der Zeit wußte ich, wie ich Heidrun auf Schwedisch beschreiben kann. Aber trotzdem war keine Heidrun zu sehen. Eine unserer Helferinnen machte schon recht bald einen Anruf bei der Polizei. Das war gut, wir konnten nicht gut telefonieren, da wir weder ein Mobiltelefon hatten noch in der Aufregung besonders gut zu einer telefonischen Plauderei mit der örtlichen Polizeidienststelle aufgelegt waren. Wo ist Heidrun? Nach einer Weile fand ich dann aber wenigstens eine Spur. Leute auf der Straße, in Restaurants u.s.w. hatten sie gesehen und konnten eine Richtung nennen, die allerdings schon aus der Innenstadt herausführte und eher zu den großen Kreuzungen etwas außerhalb der Altstadt. Ich bat in einem Laden nochmal darum, bei der Polizei anzurufen, damit sie vielleicht gezielt in der richtigen Gegend suchen.
Da traf ich dann aber schon ein Paar, die mich zu einer Frau führten, die Heidrun zur Polizei gebracht hatte. Eine Mutter, die uns beim Suchen geholfen hatte, ging mit mir mit zur Polizei. Dort saß Heidrun, war ein bißchen apathisch, und hatte von einem netten Polizisten ein Eis bekommen. Als ich sie dann fragte, was sie zu der Kreuzung meinte, war nur ihr Kommentar: "Das kann ich schon schaffen". So ganz freiwillig war sie wohl nicht zur Polizei mitgekommen...
Sie hatte uns irgendwie noch etwas von Tunnels erzählt, also den Stadttoren, die sie durchqueren mußte, um nach draußen zu kommen. Und die Richtung war etwa diejenige, aus der wir gekommen waren. Vielleicht wollte sie ja zur Jugendherberge gehen.
(6) 1998-07-18
Am nächsten Tag waren wir vormittags noch einmal kurz in Visby, wo wir viele Leute trafen, die am Tag vorher mitbekommen hatten, daß Heidrun verschwunden war und jetzt wieder aufgetaucht war.
Nun ging es wieder mit einer ordentlichen Anhängerladung auf den Weg, diesmal nach Slite, das etwa 36 Kilometer von Visby entfernt liegt. Das Haus, das wir dort gemietet hatten, war recht groß, so daß wir gar nicht alle Räume nutzen konnten. Es gab einen Garten, ein schönes Wohnzimmer, einen verglasten Balkon, einen Keller mit Sauna, eine schöne Küche und so weiter. Heidrun quartierten wir in unserem Stockwerk ein, während Bernhard und Ulrich im Keller ein schönes Zimmer bekamen. Das war natürlich wirklich spannend, denn im Keller waren riesige Stofftiere, vor allem ein großer Tiger und ein Hund, den Bernhard und Ulrich "Strudel" nannten. Ob das mit dem Schlafen etwas würde, war also noch nicht so klar.
(7) 1998-07-19
Slite war nun ein bißchen weniger naturnah gelegen als Lummelunda, denn es gab dort eine riesige Grube und eine kleine Zementfabrik mit Hafen. Aber man konnte doch einen ersten Spaziergang wagen, der an dem Hafen entlang zu dem Bootshafen führte. Einkaufen konnten wir jetzt in Slite selbst, es war nicht mehr nötig, bis nach Stenkirka zu fahren.
Abends war wieder die übliche Fahrt nach Tingstäde fällig, nicht einmal auf dem kürzesten Weg. Von der Straße nach Visby zweigt ein paar Kilometer hinter Slite eine Straße ab, die sich mit der regulären Straße nach Tingstäde vereinigt. Irgendwo mitten im Gelände war dann plötzlich eine große Brücke, wie über eine Autobahn oder so etwas. Beim näheren Hinsehen war das auch tatsächlich so etwas, allerdings ohne Asphalt und ohne Grünstreifen in der Mitte. Das mußte wohl mit der Zementfabrik von Slite zusammenhängen.
Diesmal war es schon dunkel, als ich in Tingstäde ankam, aber baden kann man ja auch nachts, dann braucht man sich nicht einmal um Zuschauer zu kümmern. Obwohl es schon recht spät war, wollte ich an diesem abend doch noch eine etwas ausgedehntere Fahrt machen. So fuhr ich erstmal auf der N 148 bis nach Visby und dann von dort auf der N 143, die ich an dem abend, an dem wir dort übernachteten, schon gesehen hatte, nach Ost-Süd-Ost. Irgendwann hatte ich dann doch das Gefühl, daß ich langsam nach Norden fahren sollte und so kam ich über viele kleine und größere Asphaltstraßen schließlich irgendwo zwischen Slite und Visby auf die N 147. Der zweite Teil des Weges von Visby nach Slite ist sowieso schöner, jedenfalls kann man nachts nicht so leicht das Gegenteil beweisen.
Dritte Woche
(1) 1998-07-20
An diesem Tag war Christina leider ein bißchen krank. Ich machte mit den drei großen Kindern einen recht kleinen Spaziergang auf einem Steinwall, den man etwas nördlich von Slite ins Meer gebaut hatte. Da hatte man eine schöne Aussicht auf die Inselwelt und ein gegenüber von einer Bucht liegendes Ufer.
Ganz zum Schluß fuhr ich noch nach Vägume, zu der gegenüberliegenden Seite jener Bucht, die man von dem Steinwall aus gesehen hatte. Dort befand sich eine Kalkfabrik aus alten Zeiten. Daß der Hinweg wieder ein Umweg war, brauche ich wohl kaum noch zu erwähnen, da war ich über die Straße in Richtung Tingstäde gefahren und dann von deren Kreuzung mit der N 148 über eine kleinere Straße nach Vägume. Auf dem Rückweg fuhr ich den Umweg über Lärbro.
(2) 1998-07-21
In der Nähe gab es einen vielversprechenden Waldweg zu entdecken, der fast so gut wie unser Lieblingsweg in Lummelunda sein könnte. Das wollten wir einmal probieren. Tatsächlich kamen wir erst an der Küste und dann im Wald parallel zur N 147 bis kurz vor die Stelle, wo sich die N 147 mit der N 148 bei Lärbro vereinigt. Aber auf dem Rückweg krachte der Kinderwagen und irgendwas war nicht in Ordnung. Erst auf den zweiten Blick ließ sich erkennen, daß vielleicht eine Niete den Löffel abgegeben hatte, die das Gestänge zusammenhielt. Für den Weg zurück reichte es aber noch, man konnte das irgendwie zusammenbinden und Christina zur Entlastung des Kinderwagens in der Rückentrage haben. Ich machte mich sofort mit dem Kinderwagengestell im Anhänger auf den Weg zu den verschiedenen Tankstellen und Werkstätten. Die hatten zwar alle noch für Verkauf offen, aber die Werkstatt war nicht mehr erreichbar und man bat mich, am nächsten Tag wiederzukommen.
Eine kleine Abendrunde nach Tingstäde ließ sich trotz des Pechs mit dem Kinderwagen nicht vermeiden. Auf der Landkarte hatte ich einen Feldweg oder so etwas gesehen, der in die Richtung führen sollte und gegenüber der Straße noch eine Ecke abzuschneiden schien. Also bog ich in jeden Feldweg nach links ein. Der erste davon war ein Stichweg, der an einem Gitter endete. Dahinter war die breite Sandstraße und diesmal waren darauf auch Fahrzeuge unterwegs. Zweiachsige Industrielastwagen mit 85 Tonnen Zuladung fuhren Material zur Zementfabrik. Aus der Nähe sahen die sehr groß aus. Aber das war der falsche Weg. Der nächste Weg führte in der Nähe der Brücke über die Industriestraße vorbei und endete wieder. Aber auf der anderen Seite der Brücke gab es einen Feldweg parallel zur Industriestraße. Nicht ganz das, was die Karte versprach, aber immerhin. Irgendwo war dann vielleicht 5 Kilometer von Slite ein riesiger Steinbruch. Die Gegend von dem Steinbruch und überhaupt südlich des Sees nennt sich übrigens File Hajdar. Das ist eigentlich eine ganz tolle Landschaft, wo man auch kilometerweit keine Straße mehr außer dem rumpeligen Feldweg findet, wenn man einmal die Industriestraße mit dem großen Steinbruch hinter sich gelassen hat. Der Weg wurde schlechter und schlechter, das Licht auch. Ob das noch etwas wird? Ich kam noch bei einem kleinen Steinbruch aus alten Zeiten vorbei. Da kam dann das Schild, das vor einem militärischen Sicherheitsbereich warnte, in den die Straße hineinführte. Also fuhr ich etwas zurück bis zu dem kleinen Steinbruch und dann auf einem anderen Weg weiter. So umfuhr ich den See im Süden und dann im Westen und kam nach Tingstäde.
(3) 1998-07-22
Am nächsten Tag nahm dann die zweite Tankstelle den Auftrag zur Reparatur des Kinderwagens an und gab die Zusage, das so um 14:00 fertig zu haben. Das war auch zu einem fairen Preis erledigt. Irgendwie reichte es an diesem Tag nicht für eine größere Unternehmung, aber als der Kinderwagen in der Werkstatt war, ging ich mit Ulrich und Bernhard erstmal zu der ersten Stelle, von der man die Industrielaster sehen konnte. Wir fuhren dann noch über die Brücke, gingen ein bißchen herum und kamen schließlich auf dem anderen Weg nach Slite zurück.
Mit dem reparierten Kinderwagen sahen wir uns erstmal den Strand von Slite an. Der war ja echt schön. Übrigens war das früher einmal eine Besonderheit, daß an diesem Strand Männer und Frauen am selben Strand zur selben Zeit baden durften. Immerhin durften sie das immer noch, als wir dort waren.
Abends wollte ich dann wieder eine kleine Runde fahren und diesmal ging es auf der N 146 nach Gothem. Das war eine ganz tolle Strecke.
(4) 1998-07-23
Nun war auch einmal ein gemeinsamer Besuch in Tingstäde fällig. Von Lummelunda aus war das mit den Bussen nicht so gut zu schaffen, aber von Slite kein Problem, sogar ohne Umsteigen. Also fuhren wir erstmal los und kamen dann auch nach kurzer Fahrt dort an, zur Abwechslung einmal alle mit dem Bus. Aber irgendwie war das ohne Schwimmzeug doch nicht so toll, also machte ich mich zu Fuß auf den Weg nach Slite.
Da war es mir nun doch zu blöd, um das Militärgebiet herumzulaufen, und ich erfuhr auch, daß das gar nicht nötig sei und daß die Sperrung eigentlich nur für die Zeiten gelte, in denen dort herumgeballert wird. So hatte ich eine recht schöne Wanderung bis kurz vor Slite und den Rest schaffte ich auch noch. Inzwischen war mir klar, daß jener vermißte Feldweg doch die eigentlich gar nicht so unauffällige Industriestraße war. Mit dem Fahrrad bis Tingstäde war dann auch nicht die große Geschichte und dort konnten wir dann doch noch in dem See baden.
(5) 1998-07-24
Weil es sowieso ein Regentag war, dachten wir daran, einmal die Zementfabrik zu besichtigen. Es gab kostenlose Besichtigungstermine und auch ein kostenloses Zementmuseum, das allerdings die kleinere Attraktion war. Wegen des Wetters waren aber auch recht viele Leute auf die Idee gekommen, so daß es recht voll wurde. Ich kam mit dem Übersetzen für uns kaum hinterher, aber die Sache war schon sehr eindrucksvoll.
Abends machte ich einmal wieder eine kleine Runde. Erstmal fuhr ich auf dem direkten Weg über die N 147 und die N 148 nach Fårösund, dann auf dem Rückweg über kleinere Straßen südlich der Nationalstraße zurück. Das war eine ganz tolle Runde, sowohl der Hinweg als auch der Rückweg. Irgendwo gab es so eine Wand wie bei einer kleinen Steilküste mitten im Landesinnern, die sich für eine ganze Strecke neben der Straße entlangzog.
(6) 1998-07-25
Nach so vielen Tagen in Slite und Umgebung dachten wir wieder einmal an eine etwas weitere Fahrt. So nahmen wir den Bus von Slite nach Visby und von dort in Richtung Klintehamn. In der Gegend von Tofta gab es ein Wikingermuseum (Vikingaby), das besonders interessant war, weil man da nicht nur alte Dinge besichtigen konnte, sondern auch mitmachen durfte. In der Schmiede konnte man selber hämmern. Außerdem konnte man Körner mahlen, Brot backen, Baumstämme werfen u.s.w.
Natürlich stimmt nicht alles, was so über die Wikinger erzählt wird. Die Hörner am Helm wie bei Hägar (schwedisch Hagbard) wären zum Beispiel in der täglichen Kampfpraxis nicht sinnvoll gewesen und es soll sie zumindest bei den Wikingern auch nicht gegeben haben. So extrem war das mit der täglichen Kampfpraxis auch wieder nicht, die meisten Wikinger waren Bauern und haben ihr Land nie auf dem Seeweg verlassen. Nur wenige sind zur See gefahren oder besaßen sogar selber ein Schiff. Und diese Seefahrt diente zu einem großen Teil dem Handel. Der war zu diesen Zeiten recht lukrativ, denn das Vordringen des Islam versperrte die seit der Antike bedeutsamen Handelswege zwischen dem europäischen Mittelmeerraum und Asien. Dadurch wurden die viel aufwendigeren und teureren Handelswege über die Ostsee und die russischen Flüsse konkurrenzfähig und gaben den Wikingern, die diese Handelswege beherrschten, eine Einnahmequelle, die möglicherweise den Anstoß oder die Grundlage für umfangreiche Aktivitäten außerhalb der Heimat gegeben haben könnte. Zu dieser Zeit wurde jedenfalls eine erhebliche Aktivität und damit der Beginn der Wikingerzeit im übrigen Europa sichtbar. Aber die Wikinger sind natürlich ein langes und interessantes Thema.
Der Rückweg mit dem Bus klappte wieder ganz gut, nur fuhr der Bus zu der angegebenen Zeit einfach vorbei. Das lag daran, daß in der Nähe des Vikangabyn ein sehr schöner Strand ist und deshalb mußten drei Busse kurz hintereinander fahren, um alle Leute mitzunehmen. Der dritte hatte dann genug Platz für uns.
Abends war wieder eine kleine Fahrt nach Tingstäde angesagt, denn wenn man außerhalb der Ferien den ganzen Tag hinter irgendwelchen Schreibtischen und Computerbildschirmen sitzt, dann macht es sich doch recht gut, wenigstens in den Ferien fast täglich durch das Schwimmen ein bißchen Bewegung zu bekommen. Für den Rückweg wählte ich eine Strecke über Hejnum, die zwar ein bißchen länger war, aber doch einiges zu sehen bot, insbesondere die Fundamente eines alten Gutshofes aus der Bronzezeit.
(7) 1998-07-26
Für diesen Tag hatten wir uns wieder eine von den Nachbarinseln ins Auge gefaßt, die irgendwie noch zur Gemeinde und Provinz (Län) Gotland dazugehören. Das führte uns nach Fårö, von Slite aus mit dem Bus kein Problem. Bekannt ist Fårö ja eigentlich für die Rauksteine, aber die hatten wir ja schon in Lickershamn und an der N 146 in Richtung Gothem gesehen. So fuhren wir ein Stück weiter in Richtung Sudersand. Dort gab es ein riesiges Dünengebiet, in dem wir eine ausgedehnte Wanderung unternahmen. Der größte Knalleffekt war eine Rutschbahn aus Sand an einem Hang. Außerdem gingen wir noch am Strand schwimmen.
Vierte Woche
(1) 1998-07-27
Wir fuhren einmal wieder nach Tingstäde. Diesmal fuhr ich zwischendurch einmal um den See herum. Als wir zurückgekommen waren, suchte ich mit Bernhard und Ulrich nach einer Wassermühle in der Nähe von Slite. Wir fanden eine Windmühle und dachten, uns verlesen zu haben. Aber es sollte wirklich eine Wassermühle geben, wie ich nach der Rückkehr herausfand.
(2) 1998-07-28
Auf dem Weg nach Fårösund gab es natürlich wieder einige Orte mit tollen mittelalterlichen Kirchen. Eine besonders schöne stand in Bunge, kurz vor der Fähre nach Fårö. Dort gab es außerdem ein großes Freilichtmuseum und ein Schulmuseum. Das war wohl genau das richtige und wir fuhren mit dem Bus dorthin.
Irgendwie war das Freilichtmuseum so spannend, daß wir gar nicht so viele andere Dinge ansahen. Es gab dort jede Menge Häuser aus den verschiedensten Jahrhunderten und auch Windmühlen mit fünf oder sechs statt der üblichen vier Flügel pro Rad. In einer Mühle wurde eine Kartoffelreibe angetrieben.
Abends machte ich eine kleine Runde über die Nebenstraßen, die zwischen der N 147 und der Straße nach Tingstäde verlaufen. Die waren überraschenderweise oder eben auch ganz normal einfach asphaltiert und teilweise beleuchtet.
(3) 1998-07-29
Nun fuhren wir noch einmal wieder nach Tingstäde. Diesmal war das mit dem Wetter nicht so eindeutig gut, sondern eher schlecht. Es regnete nämlich ganz ordentlich. Zum Baden ist das egal, denn Schwimmen ist bekanntlich wie Rudern ein Wassersport, also kein Grund, über den Regen zu klagen. Aber nach dem Bad hatten wir doch genug vom See und dessen Strand und beschlossen, zu Fuß zurückzugehen. Der Weg durch das Militärgelände war uns ja nicht verwehrt und so kamen wir auf ziemlich ruhigen Wegen bis in die Nähe von Slite. Dabei konnte Heidrun doch auch auf dem parallel zur Industriestraße verlaufenden Abschnitt unseres Weges die von ihr "strilastrala" genannten Industrielastwagen sehen.
Abends war das Wetter wieder gut und ich machte meine schönste Fahrradrunde. Ich fuhr auf der N 147, N 148 und N 149 durch Lärbro hindurch und dann am Nordufer der Insel entlang. Abgesehen von einem Kalkwerk an dem die Straße vorbeiführte, fuhr ich teilweise direkt auf dem Steinstrand, so nah am Wasser war die Straße gebaut worden. In Bläse war dann ein Industriemuseum, das natürlich schon zu hatte, und dann war die Straße zuende, jedenfalls die asphaltierte. Ein Stück zurück gab es eine andere Straße und die führte so ungefähr an der Küste entlang nach Bunge, von wo aus ich auf den üblichen Straßen zurückfuhr.
(4) 1998-07-30
Diesmal wollten wir wieder ein bißchen von Slite aus Wandern. Wir folgten im wesentlichen einer ehemaligen Bahnlinie, die jetzt ein Fußweg war. Irgendwo sollte es ja eine Wassermühle geben und überhaupt natürlich eine schöne Aussicht auf den See. Mit der Wassermühle wurde das nichts, aber die Wanderung war trotzdem schön.
Abends machte ich mich mit Ulrich noch einmal auf den Weg. Wir fuhren in Richtung Tingstäde und dann überquerten wir auf der Brücke die Industriestraße. Irgendwie fanden wir dann doch noch die Wassermühle und da konnte ich dem Ulrich eine ganze Menge zeigen.
(5) 1998-07-31
Traurig, aber wahr: Das Ende der Ferien war nicht mehr so ganz zu übersehen. So mußte ich das Fahrrad nach Visby zurückbringen und bei der Vermietung abgeben. Also brach ich morgens irgendwann auf, um in die Stadt zu fahren. Im Anhänger hatte ich schon einen Teil unseres Gepäcks, den wir nicht mehr in Slite brauchten. Das kam in Visby in ein Schließfach. Die Strecke war wieder sehr schön zu fahren, wenn es auch mit dem starken Gegenwind etwas länger dauerte.
Es gab noch einen letzten Einkauf in Visby, wo ich insbesondere in einem Buchladen ein paar Sachen bestellt hatte, die aber doch noch nicht angekommen waren. So einigten wir uns darauf, daß ich meine Adresse hinterlege und die Bücher sofort bezahle und später per Post bekomme. Sie sind angekommen.
Zurück mußte ich dann mit dem Bus fahren. Nun hatten wir noch unseren letzten Nachmittag und da machten wir uns noch einmal auf den Weg zum Strand. Dort gab es einen Zeltplatz und folglich einen Minigolfplatz. Die Kinder wollten auch mitspielen, jedenfalls Bernhard und Ulrich. Heidrun lieh sich außer Konkurrenz gelegentlich einen Ball und Schläger aus. Wir waren so etwas länger mit den einzelnen Bahnen beschäftigt, aber die anderen Besucher haben doch verstanden, daß man die Reihenfolge durchaus auch vertauschen kann.
Nach dem Minigolfspiel war es eigentlich schon sehr spät, viel zu spät für normale Verhältnisse, aber Heidrun wollte natürlich noch baden. Ich meinte etwas leichtsinnig, daß es zu starke Wellen gebe, aber das wollte sie dann mit mir nochmal genauer ansehen. Da waren tatsächlich ziemliche Wellen, aber ihr Kommentar lautete: "Da sind keine großen Wellen, da kann man so zack schwimmen gehen." Aber als sie das Wasser wenigstens gesehen hatte, war sie schon zufrieden. Traurig gingen wir nach Hause, wir mußten noch alles einpacken und das Haus wieder in Ordnung bringen.
(6) 1998-08-01
Am nächsten Morgen ging es recht früh los, wir mußten schon um 5:45 mit dem Bus fahren. Das Frühstück hatten wir deshalb auf die Fährfahrt verschoben. Dann kamen wir in Visby an und fuhren mit dem Schiff diesmal nach Oskarshamn statt nach Nynäshamn. Oskarshamn bot direkt neben dem Bahnhof einen schönen kleinen Park mit einem tollen Spielplatz, wo wir einen kleinen Spaziergang machten. Dann ging es weiter nach Nässjö, von wo aus wir dann einen D-Zug nach Malmö nehmen konnten. In Malmö hatten wir wieder ein paar Stunden Zeit, für die wir unsere Koffer und Rucksäcke ins Schließfach sperrten und einen wunderschönen Stadtrundgang machten. Wieder im Bahnhof stellte sich heraus, daß unser Schlafwagen für die Kinderwagen und das Gepäck zu klein war, aber daß ein komplettes Liegewagenabteil ausreichen würde und obendrein billiger käme. So haben wir das noch spontan umgebucht und wieder einmal war es nicht so leicht, die Kinder dazu zu überreden, einzuschlafen, weil ja alles so spannend war. Aber sie waren dann doch so müde.