Teil 4
Ein kleiner Ruhetag war wieder eine schöne Sache, zumal auch die eine oder andere kleine Reparatur an den Fahrrädern sinnvoll war. Das eine Hinterrad eierte wieder ein wenig und wir ließen es deshalb zentrieren. Abends machte ich noch eine kleine Rundfahrt durch die Stadt hindurch nach Westen und dann auf der E 14 nördlich vorbei und wieder zurück zum Zeltplatz. Wir trafen hier einige andere Leute, zum Beispiel ein Paar die mit einem Liegerad-Tandem unterwegs waren und eine Gruppe von Pfandfindern, die in den Bergen eine größere Fußwanderung gemacht hatten. Wir versuchten sogar, im Storsjö zu baden, aber das war bei Wind und Wellen nicht so einfach. Ein Paddler war sogar unfreiwillig baden gegangen und deshalb hatte ein Passant die Feuerwehr angerufen. Zum Glück war es nicht so schlimm, aber man kann das ja nie wissen.
Es stellte sich heraus, daß wir ja eigentlich doch noch eine ganze Menge Zeit hatten und da war ein zweiter Ruhetag durchaus sinnvoll. Östersund hat noch ein Museum zu bieten, Jämtli genannt, das einiges über Jämtland zeigt. Ein recht großzügiges Freilichtmuseum war natürlich dabei, vor allem auch ein Teil für Kinder, wo zum Beispiel Holztiere gewaschen werden konnten, während sich die Eltern abwechselnd ein bißchen umsehen konnten. Im Innenbereich gab es noch Ausstellungen über die Landschaft, die alten Zeiten, die Tiere, die Natur und vor allem über die Lappen, die auch zum Teil in Jämtland ihre Heimat hatten und haben. Der große See bei Östersund (Storsjö) hat natürlich auch ein Ungeheuer, das noch viel gefährlicher als das bei Loch-Ness ist. Man hat es zwar noch nicht geschafft, das zu fangen und inzwischen will man das ja auch nicht mehr, denn das ist ja eine tolle Touristenattraktion. Aber im Museum konnte man durch ein Storsjö-Ungeheuer auf einer Rutschbahn vom oberen zum unteren Stockwerk rutschen. Die größte Sensation war aber ein riesiges Tuch aus der Wikingerzeit, das viele interessante Figuren darstellte. Man hatte Teile davon als Teppich und andere Teile sogar als Putzlappen in einer Kirche in Överhögdal gefunden.
Abends wollte ich noch einmal richtig schön Tandem fahren und Bernhard und ich machten uns zusammen auf den Weg, um einen Teil des Sees zu umrunden. Erst fuhren wir auf der E 14 bis nach Brunflo und da fanden wir auch die passende Abzweigung nach Süden. Durch viele winzige Orte und eine eher landwirtschaftlich geprägte Gegend fuhren wir wieder auf Östersund zu. Ohne Gepäck konnte wir die vielen kurzen Steigungen auch fast mit 20 km/h hochfahren. In Östersund überquerten wir mit ein paar Brücken verschiedene Arme des Sees und kamen dann so gegen 22:00 wieder zum Zeltplatz zurück.
Diesmal wählten wir für die Fahrt nach Brunflo die alte Europastraße, die ein bißchen kürzer und ein bißchen flacher sein sollte. Mit einer etwas anderen Abzweigung nach Süden als am Tag zuvor kamen wir auf die N 45, die auch bald wieder einigermaßen ruhig war. Auf den höhergelegenen Abschnitten hatten wir eine wunderbare Aussicht über einen riesigen Meteoritenkrater aus uralten Zeiten, dessen Rand wir hier befuhren. Kurz hinter Svenstavik fanden wir einen schönen Waldweg und eine schöne Stelle für die Nacht.
Langsam näherten wir uns der Landschaft und Kommune Härjedalen, und auch den Orte Överhögdal und Yttrehögdal liegen. In Överhögdal machten wir an einem kleinen Mühlenteich eine Pause und kurz danach fanden wir am Straßenrand überraschend einen winzigen Zeltplatz, der in keinem Verzeichnis eingetragen ist. So blieben wir wenige Meter vom Fundort des schönen Tuches für die Nacht.
Eigentlich sollte es von hier ja möglich sein, in der Nähe der Bahnlinie auf ziemlich direktem Wege nach Sveg zu kommen. Aber komischerweise macht die N 45 hier eine merkwürdige Doppelkurve mit einer regelrechten Spitzkehre in Sveg. Letztlich ist es sinnvoll, dieser Doppelkurve auch zu folgen, denn irgendwelche Waldwege neben der Bahnlinie sind nicht einmal in Kilometern eine Abkürzung, wenn man die vielen Irrfahrten, die dabei zu erwarten sind, berücksichtigt. Und die Bahn macht die Doppelkurve in leicht abgemilderter Form auch mit. Anscheinend hat man die Straße dort gebaut, wo die alten Kuhpfade schon seit Jahrhunderten verliefen. So vermied man Moore und Sumpfgebiete und diese Altlast läßt sich auch heute noch am Verlauf der Nationalstraße von Göteborg nach Karesuando erkennen.
In Yttrehögdal fand ich einen Fahrradhändler, der die inzwischen wieder gebrochene Speiche ersetzen wollte und auch die Kette austauschte. Dummerweise fiel ihm mitten in der Reparatur ein, daß er für den Austausch der Speiche doch nicht das richtige Werkzeug habe. Er vertröstete uns, daß das sicher noch bis Sveg halten würde. Das sollte auch stimmen.
In Sveg gönnten wir uns wieder einen Ruhetag. Es gab eine Menge zu entdecken, vor allem erst einmal drei Fahrradläden oder -werkstätten, die aber alle am Samstag früh nicht in der Lage waren, so eine Speiche einzubauen. Und bis Mora würde das Hinterrad ja sowieso auch noch halten, wir sollten uns nicht so anstellen. Einen Bahnhof gab es auch, denn hier fährt die Inlandsbahn von Gällivare über Östersund nach Mora. Heute ist das eine reine Touristenstrecke im Sommer und natürlich auch eine Güterzugverbindung. Neben dem Zeltplatz konnte man auch über Brücken auf eine Insel kommen und in dem Fluß (Ljusnan) auch baden und vor allem paddeln. Wir nutzten gerade die Paddelei ordentlich aus und drehten eine größere Runde. Wie üblich schlief Christina auch diesmal im Boot ein.
Abends fuhr ich mit den drei großen Kindern noch einmal nach Duvberg. Für Bernhard konnten wir ein Mountainbike mieten und Ulrich fuhr auf dem Tandem mit. Sveg ist ja so ein Schnittpunkt von verschiedenen Straßen nach Östersund, Mora, Älvdalen, Röros, Vemdalen und Hudiksvall. Da werden wir also vermutlich einmal wieder vorbeikommen. Hoffentlich.
Von Sveg nach Mora soll noch einmal eine sehr schöne Strecke sein. Auf der anderen Seite des Flusses stieg die Straße leicht an und wir kamen dann irgendwann an einem wunderbaren See vorbei, was natürlich eine tolle Gelegenheit für eine Mittagspause war. Die weitere Fahrt führte uns tatsächlich durch eine sehr schöne Landschaft und wir trafen am Straßenrand sogar noch Leute, die dort wohnten und die noch mehr Kinder als wir hatten, allerdings waren die inzwischen schon erwachsen.
Ein türkischer Lastwagenfahrer fuhr in jede Seitenstraße rein, wir überholten ihn, dann überholte er uns wieder. Er bot uns an, uns irgendwohin mitzunehmen. Aber wir wollten ja selber fahren. Im Laufe des Tages wurde das Wetter dann immer schlechter und es war kalt und regnerisch. Aber wir hatten ziemlich guten Rückenwind, alles in allem also gutes Wetter. So machten wir gute Fahrt und wollten noch eine ordentliche Strecke schaffen, aber da brach dann doch die zweite Speiche. So suchten wir uns die nächste Stelle im Wald, die geeignet war.