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Radtour von Mora nach Nautesund

Karl Brodowsky, gefahren 2011-07-09 bis 2011-08-14, geschrieben 2011

Teil 1

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Dies war möglicherwiese Ulrichs letzte Radtour mit uns. Deshalb haben wir den von ihm geäußerten Wunsch berücksichtigt, daß wir sowohl Mora als auch Nautesund in der Radtour mit einschließen. Mora lag ziemlich, aber nicht ganz am Anfang. Und Nautesund ziemlich, aber nicht ganz am Ende.

Die Planung der Anreise und Rückreise war diesmal besonders kompliziert, aber das ist wohl nur ein Vorgeschmack dessen, was uns die nächsten Jahre erwarten wird. Heidrun und Bernhard konnten leider gar nicht teilnehmen und Ulrich war in den ersten beiden Wochen bei der IMO in Amsterdam ? , so daß er erst später hinterherkommen konnte und dadurch insbesondere das von ihm selbst gewünschte Mora verpaßte.

Eigentlich hat sich die Praxis bewährt, in Oslo nicht direkt loszufahren, sondern mit dem Zug aus der Stadt herauszufahren und irgendwo 50-200 km weiter nördlich zu beginnen. Das wollten wir auch diesmal so tun, aber die NSB ?  hatte in diesem Sommer wegen Bauarbeiten für viele Wochen einen großen Teil des Zugverkehrs in der Umgebung von Oslo eingestellt. Es erstaunt sehr, daß das von den Norwegern so hingenommen wurde, in der Schweiz hätte man mit so einer Maßnahme wohl einen Volksaufstand oder zumindest eine Volksabstimmung ausgelöst. Aber in Norwegen war es nun einmal leider so und die Züge fuhren nicht für uns.

Schienenersatzverkehr war natürlich eingerichtet, aber Fahrräder im Bus mitzunehmen ist immer eine etwas umstrittene Praxis, vor allem, wenn eines davon ein Tandem mit Anhänger ist und außerdem noch ein recht großer Berg von Gepäck im Spiel ist. So beschlossen wir, den Schienenersatzverkehr von Oslo bis Lillestrøm lieber mit Fahrrädern als mit Bussen durchzuführen. Inzwischen kannten wir uns ja aus und wir wußten, daß die N 163 (norwegisch: R 163 *) schön aus der Stadt heraus in die richtige Richtung führt. Mittels Google Streetview war es möglich, die Route bis Lillestrøm vorher zweimal durchzuspielen, so daß ich sie dann fast ohne Blick auf die Landkarte gefunden habe.

Wie auf so vielen früheren Radtouren fuhren wir mit dem CityNightLine-Nachtzug von Basel nach Hamburg und dann mit dem Schiff der Color Line nach Oslo. Wir waren also erst einmal nur zu dritt mit Christina. Beim Umbuchen wegen der später hinzugekommenen IMO hat Ulrichs Fahrkarte für die Fähre fast so viel gekostet wie unsere Überfahrt zu dritt, aber dafür haben wir auch 6 EUR zurückbekommen, weil wir an dem Tag nur zu dritt und nicht zu viert unterwegs waren.

Ohne uns groß aufzuhalten fuhren wir sofort vom Fähranleger in Richtung Lillestrøm. Wir folgten erst ungefähr der Küstenlinie bis wir südöstlich des Hauptbahnhofs und des Zentrums waren, dann machten wir eine leichten Bogen nach Norden in Richtung Galgenberg, bis wir auf den Økernveien kamen. Dieser wurde dann bald vierspurig und kreuzungsfrei und führte als Nationalstraße (norwegisch Riksvei *) N 163 schnell und streßfrei und relativ verkehrsarm aus der Stadt heraus. Bei Lørenskog verließen wir diese Nationalstraßen und fuhren auf dem Marcus Thranes Vei und Fjellhammarveien nach Lillestrøm.

Da es doch zumindest etwas hügelig war, brauchten wir dafür einige Zeit und waren so etwa mittags dort. In Lillestrøm ist die dicht besiedelte Gegend um Oslo herum noch lange nicht vorbei, deshalb hatten wir geplant, von Lillestrøm mindestens bis Hamar oder noch lieber sogar bis Elverum einen Zug zu nehmen. So eine Verbindung gab es, aber sie ließ uns noch zwei Stunden Zeit, um etwas zu essen und um norwegische Prepaid-SIM-Karten zu kaufen.

Trotz unserer Gepäckmenge, die zusammen mit dem Tandem und dem Anhänger ein bißchen im Widerspruch zu den Platzverhältnissen in den Zügen stand, konnten wir wie geplant in Elverum aussteigen. Der Rest des Weges war nun nicht mehr so weit, wir fuhren einfach auf der N 25 in Richtung Osten und waren schon nach wenigen Kilometern aus dem dicht besiedelten Gebiet herausgefahren und kamen in ein höher gelegenes Gelände zwischen Glåmma und Klarälven. Auf derselben Route waren wir 2006 auch schon von Elverum weggefahren.

Wir fanden schöne Rastplätze und am Abend gab es einen schönen Zeltplatz am Südende des Osen-Sees, an dessen Nordende wir 2007 gezeltet hatten.

Weil es uns gut gefiel, beschlossen wir, dort einen Ruhetag einzulegen. Christina wollte an dem Tag nicht mitkommen und so machten wir uns zu zweit auf, um den See zu umrunden. Der Osensee ist ein sehr schmaler See, der sich etwa über 30 km in Nord-Süd-Richtung ausdehnt. Aber das war eher eine MTB-Strecken, da die Straße nur zu einem Drittel asphaltiert war. Im Gegensatz zu Westnorwegen sind im Osten und Norden Sandwege noch weitverbreitet. Irgendwie schafften wir es trotzdem auf der westlichen Ufer nach Osen am nördlichen Ende des Sees, wo wir noch gemeinsam Mittag essen konnten.

Ich beschloß, die Runde noch etwas zu verlängern und fuhr von Osen nach Norden über eine nicht asphaltierte Mautstraße in Richtung Storsjøen. Das führte durch eine fast unbewohnte Gegend und entsprechend waren diese mautpflichtigen Waldwege auch praktisch autofrei, aber man mußte auch selbst seinen Weg wissen, da es fast keine Wegweiser gab. Die Gegend war sehr schön und die Straße führte hoch in die Berge, wo man tolle Ausblicke hatte, auch wenn ich so nicht ganz über die Baumgrenze geführt wurde.

Am nächsten Tag war die Fahrt von der Gegend von Trysil nach Mora dran, die wir 1994, 1999, 2002, 2006 und 2008 schon irgendwie gefahren sind. Von den Straßen zwischen Mora und Trysil kannten wir also schon die meisten, einige sogar schon recht gut. Aber ein bißchen Raum für Variation war aber auch bei dem grobmaschigen Straßennetz noch vorhanden. So bogen wir nach kurzer Fahrt nach Südosten auf die N 208 ab. So kamen wir auf eine noch verkehrsärmere Straße. Wir fuhren jetzt in der Nähe der schwedischen Grenze, wo die Berge flacher wurden, dafür aber quer zu den Flußläufen, deshalb waren genug Höhenmeter gewährleistet. Der Fluß Varå war erstaunlich groß, wir haben ihn dort, wo er in Schweden in den Höljessee mündet, gar nicht als so groß in Erinnerung.

Bald kamen wir nach Lutnes, wo wir auf einer Staumauer die Trysilälva überquerten, wie hier der Klarälven genannt wird. Trysil haben wir diesmal ausgelassen. Das wäre etwas weiter stromaufwärts gewesen. Von Lutnes geht die Straße jetzt eher parallel zu den Flußtälern ins schwedische Rörbäcksnäs. Eines dieser von Nordosten nach Südosten verlaufenden Flußtäler ist in früheren Zeiten genutzt worden, um Holz aus dem Einzugsgebiet der Ljøra (schwedisch Göran) bei Støa zum Klarälven statt zum Västerdalälven zu flößen, da dort mehr Geld zu holen war.

In Rörbäcksnäs entdeckten wir einen Elchpark, dessen Führung zufällig gerade um die Zeit begann, als wir dort waren. So konnten wir einiges über diese schönen Tiere lernen und auch ein paar Elche aus der Nähe sehen. Über einen kleinen Paß kamen wir nach einer ziemlich rasanten Abfahrt bei Lima ins Tal des Västerdalälven. Wir fuhren noch ein Stück nach Norden, wo wir überraschenderweise einen schönen Zeltplatz entdeckten. Eigentlich hatten wir damit gerechnet, für eine Nacht im Wald zu zelten.

Über den "Vasaloppsleden", also die Straße, die parallel zur legendären Route des Vasalaufs führt, nach Mora zu fahren, war nun schon fast Routine. Erst folgt ein Anstieg vom Tal des Västerdalälven in das Hochland. Dort geht es immer wieder mit kleineren Steigungen durch ein hügeliges Gebiet, das hauptsächlich bewaldet ist. Ein paar schöne Seen finden sich, aber wir verstanden es, den einzigen guten Badesee für eine Pause zu nutzen.

Etwa in der Mitte wird das Hochland durch den Fluß Venån durchschnitten, dessen Tal wir mit einer rasanten Abfahrt erreichten und mit einem weniger rasanten Anstieg wieder verließen. Kurz vor Evertsberg gibt es eine eingefaßte Quelle auf der rechten Seite, wo wir unsere Trinkwasservorräte auffüllen können. Das ist schon Tradition. Außerdem gibt es kurz vor Evertsberg wieder einen schönen Badesee. Eine weitere rasante Abfahrt brachte uns herunter nach Oxberg. Nun folgten wir dem Westufer des Österdalälven bis nach Mora, wo der Zeltplatz kurz vor dem Ortskern zwischen Straße und Flußufer schön gelegen ist. Dieser Teil des Flußlaufs hat sehr viele Staustufen und einen der Dämme schauten wir uns auch an, weil wir so früh dran waren. Parallel zu Fluß und Straße verläuft eine Bahnstrecke von Mora nach Älvdalen für Güterverkehr, deren Damm heute teilweise durch Randbereiche der Stauseen läuft, so daß jeweils ein kleiner Nebensee abgeteilt wird.

Traditionell haben wir von Trysil nach Mora drei Tage gebraucht, die wir auch diesmal eingeplant hatten, zumal wir ja sogar westlich von Trysil gestartet waren, aber wir waren gut vorangekommen und am zweiten Tag nicht einmal sehr spät in Mora. Das war eine gute Gelegenheit, uns einen Ruhetag mehr als sonst üblich an dem Ort zu gönnen.

Der erste Ruhetag führte uns zum Bärenpark in Grönklitt. Wir wählten diesmal die Route westlich des Orsasees, die durch schöne Dörfer mit wunderbaren roten Holzhäusern und über sehr verkehrsarme asphaltierte Straßen bis zum Nordende des Sees führte. Nun hat man die Wahl, eine kurze, steile Strecke auf Sandwegen zu fahren oder einen Umweg nach Osten über die Randgebiete von Orsa, um nach Grönklitt zu kommen.

Der Bärenpark hat sein Gebiet wieder vergrößert und auch wieder neue Tierarten aufgenommen. Ein bißchen wundern mußten wir uns über Tiger, Schneeleoparden und Leoparden, aber letztlich sind das alles Tiere, die auch in nördlichen Regionen Asiens oder doch in kälteren und bergigen Gebieten heimisch sind, was klimatisch doch nicht so verschieden von Skandinavien ist. Eisbären gab es auch und obwohl die Tiere viel Platz haben, um sich zu verstecken, bekamen wir doch einige zu sehen.

Für den Rückweg fuhren wir die rasante Abfahrt von Grönklitt nach Orsa runter und wählten dann das Ostufer des Orsasees. Diesmal probierten wir die Veloroute ("Siljansleden") aus, die auf einer asphaltierten Straße näher am Seeufer als die E 45 verlief und dann etwa auf halben Wege auf die Europastraße führte, wo diese mit breiten Randstreifen bis nach Mora führte.

Am zweiten Ruhetag wollten wir den Siljansee umrunden. Das sind so 100-120 km, also eher etwas mehr. Christina wollte sich lieber die Stadt anschauen. Leider war es ein sehr regenreicher Tag, aber das kommt halt auch gelegentlich vor. Wir fuhren gegen den Uhrzeigersinn die Runde. So kamen wir erst nach Sollerön, wo wir eine Ecke des See abschnitten und über zwei Brücken diese Insel durchfuhren. Wir hielten uns dort nicht lange auf, obwohl es wirklich lohnenswert ist, dort etwas Zeit zu verbringen, in der Hoffnung, dort am dritten Ruhetag etwas mehr Zeit verbringen zu können, weil die lange Runde um den See doch ihre Zeit brauchte. Dafür hatten wir zwischen Siljansnäs und Leksand wunderschöne Holzhäuser am Straßenrand. In Leksand gönnten wir uns eine längere Pause in einem Café.

Bis Rättvik fuhren wir weiter zusammen. Dort gab es zwei Varianten für die weitere Fahrt. Naheliegend war eigentlich die weitere Umrundung des Sees auf der N 70 oder einem anderen, einigermaßen direkten Weg parallel zum Nordostufer des Siljansees. Andererseits ist ja dieser See nur Teil eines riesigen ringförmigen Tals. Dieses Siljansringen genannte Tal ist vor rund 370 Millionen Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstanden und mit einem Durchmsser von knapp 55 km der größte derartige Einschlagskrater in Europa. Eine Reihe von Seen füllen einen Teil dieses Rings, vor allem der Siljansee, der Orsasee, aber auch ein paar kleinere Seen. Die Alternative wäre also, den ganzen Krater zu umrunden, was dann eher 165 km lang würde. Die Lösung war recht einfach, denn zu zweit konnten wir beide Varianten umsetzen und uns gegenseitig erzählen, wie die andere Strecke war.

Ich fuhr die längere Runde. Die Straße führte durch dünn besiedelte Waldgebiete nach Norden und dann von Furudal über Skattungsbyn durch ein stärker landwirtschaftlich geprägtes Gebiet nach Orsa. Hier war es erstaunlich, wie bergig dieses Ringtal plötzlich war, aber einerseits wurden ja die Formen von vor 370 Millionen Jahren durch alles, was seither passiert ist, überlagert, so daß wieder neue Erhebungen entstanden sind, andererseits lief die Straße in diesem Abschnitt wohl auf der Innenseite des Ringtals, die zusammen mit dem gesamten Innenbereich des Kraters sowieso schon immer etwas höher gelegen war. Von Orsa nach Mora fuhr ich diesmal auf dem schnellsten Weg auf der E 45, um meine sowieso schon recht späte Ankunft auf dem Zeltplatz nicht noch weiter hinauszuzögern.

Für den dritten Ruhetag wollten wir uns die Gewässer ein bißchen genauer unter die Lupe nehmen. Wir mieteten ein Kanu für die Eltern und einen Kajak für Christina. Es gab gegenüber vom Zeltplatz einen kleinen Kanal, der den Österdalälven mit dem Orsasee verband. Den durchfuhren wir. Es war wunderschön, man sieht immer die Gegend von einer völlig anderen Perspektive, sobald man sich auf dem Wasser bewegt und entdeckt selbst in relativ dicht besiedelten Gebieten noch wunderschöne Natur. So war das auch hier. Über den Orsasee und dessen Verbindung zum Siljansee kamen wir zurück zum Österdalälven. Jetzt fuhren wir die ganze Zeit auf sehr breiten Flüssen mit wenig Strömung, fast wie auf Seitenarmen von Seen. Ein bißchen Zeit blieb noch, den Fluß Hemlån, der auf der anderen Seite am Zeltplatz vorbeiführt, ein Stück stromauf zu paddeln. Weit kommt man da nicht, weil der Fluß dann bald Stromschnellen hat und zu klein zum Paddeln wird.

Am nachmittag sahen wir Eltern uns noch ein wenig auf Sollerön um, während Christina in Mora blieb. Sollerön ist interessant, weil man dort eine enorme Dichte an Kulturdenkmälern vorfindet, die eine aktive Besiedlung seit der Eisenzeit erkennen lassen. Außerdem finden sich auch interessante Naturdenkmäler, wovon wir einen Teil mit einer Wanderung auf einer kleinen Runde im Nordosten der Insel sehen konnten. Für den Rückweg nahmen wir die zweite Brücke und die Straße um die am Vortag abgeschnittene Ecke des Sees. Ich machte noch einen Umweg über die Straßen im Waldgebiet nordwestlich von Mora, wo man mit etwas mehr Zeit nach Venjan oder zum Hemulånsjön, dem Ursprung der Hemulån gelangen könnte.

Teil 2

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Nun wollten wir wieder nach Norwegen zurück, aber etwas weiter nördlich. Die N 70 (Kopparleden) bietet sich dafür eigentlich an und so sind wir ja auch 2006 gefahren. Die Idee war gut, aber diesmal wollten wir die Route noch etwas variieren und vielleicht sogar ein paar neue Strecken dabei entdecken. So fuhren wir erst einmal wieder wie auf dem Weg zum Bärenpark nach Bonäs und Våmhus an dem Westufer des Orsasees. In Våmhus zweigt eine Straße ab, die nach Älvdalen ausgeschildert ist, wo wir ja hinwollten, aber die führt auf dem schnellsten Weg dorthin, hauptsächlich über die N 70. So nahmen wir die ebenfalls asphaltierte Straße nach Rot, einem direkt neben Älvdalen liegenden kleineren Ort, die ein Stück weiter nördlich abzweigte und komplett bis an Älvdalen vorbei nördlich der anderen Route verlaufen sollte. Das war eine einspurige Straße mit vielen Ausweichstellen und sehr wenig Verkehr. Wir kamen durch ein schönes Tal in einer Gegend, die doch schon recht bergig war. Das Wetter war an diesem Tag ein bißchen ein unsicherer Kandidat, aber es blieb doch noch überwiegend trocken.

In Rot kamen wir dann direkt auf die Straße nach Sveg, Ulvsjön und Lillhärdal und bogen auf dieser nach Norden ab. Zunächst folgten wir so einem Flußtal, durch das wir schon 2008 gefahren waren, aber nach und nach kamen wir in das Hochland, das hier relativ flache Wellen aufwies, aber nicht wirklich bergig war. Die Berge waren eher in der Ferne zu sehen. Neben der Straße gab es jetzt auch oft Moore. Ein bißchen auf und ab ging es schon die ganze Zeit, so daß wir genug Höhenmeter bekamen und irgendwann überquerten wir bei etwa 700 oder 800 Metern die Paßhöhe. Am abend fanden wir eine sehr schöne Übernachtungsmöglichkeit im Wald neben einem Bach.

Etwas weiter stromabwärts konnten wir an demselben Bach, der hier schon ein reißender Fluß mit Stromschnellen war, eine Frühstückspause machen. Gegen Mittag kamen wir nach Lillhärdal, wo man sogar etwas einkaufen konnte. Die Straße von Lillhärdal ging wieder durch fast unbewohntes Gebiet in einem leichten nördlichen Bogen nach Särna. An diesem Tag hatten wir recht viel Regen. Kurz vor Särna fing die Gegend wieder an, etwas besiedelt zu sein und es ging auf einer recht kurvigen Straße bergab zum Österdalälven, der hier einen See bildete. Eine Brücke führte uns über den See und in Särna fanden wir den Zeltplatz. Der Zeltplatz hatte eine schöne Badestelle, aber dort stand ein Schild, daß man nicht baden solle, da der See verschmutzt sei. Wie kann so etwas in einer so dünn besiedelten Gegend, wo man ja eigentlich auch noch sehr auf die Wasserqualität achtet, passieren? Nun ja, auch in Skandinavien kann man nicht immer aus jedem See das Wasser trinken, auch wenn das in den allermeisten Fällen sicher sauber genug ist. Aus Gebirgsbächen natürlich schon.

An unserem Ruhetag in Särna wollten wir einen kleinen Ausflug zum größten schwedischen Wasserfall, dem Njupeskär machen. So richtig nah ist der leider nicht am Zeltplatz, das war schon ein Ausflug von über 30 km pro Richtung. Aber Christina wollte dann doch mitkommen, zumal das Wetter vielleicht wieder gut sein sollte. In der Gegend soll auch der älteste Baum der Welt, Old Tjikko stehen. Das haben wir vorher gewußt, aber auch, daß sein Ort bewußt geheimgehalten wird, damit nicht Vandalen, Sammler oder Verrückte ihn zerstören oder beschädigen. So kommt man, wenn überhaupt, normalerweise nur mit einer Führung dorthin, einfach weil man den Baum sonst nicht findet. Der Naturpark Fulufjäll ist groß und dort irgendwo sollte dieser Baum wachsen, wahrscheinlich außerhalb der Reichweite unseres Ausflugs. Aber eben vielleicht doch in der Gegend, wo wir gerade hinfuhren. Wir machten uns nicht zu viele Hoffnungen, den Baum zu sehen, wohl aber war der Wasserfall alleine den Auflug ja schon wert.

Irgendwie war das Wetter dann doch nicht so gut und Christina überlegte es sich anders und wollte jetzt unbedingt wieder zurück. Wenn wir alle zusammen zurückgefahren wären, dann wäre aus dem Ausflug für uns alle nichts geworden, aber so kehrte Christina alleine mit dem Solofahrrad um und wir fuhren auf dem Tandem weiter. Bald kamen wir in den Ort, wo der Wasserfall war. In der Nähe des dortigen Zeltplatzes machten wir eine kleine Mittagspause am Fluß Fulån, wie man ihn hier eher nennt, denn erst weiter unten ist es ein großer Fluß, der sich den Namen Fuluälv verdient. Aber der Fluß war doch groß genug, um baden zu gehen, quasi als Ersatz für die gestörte Badestelle beim Zeltplatz.

Jetzt nahmen wir den steilen Anstieg bis kurz vor dem Wasserfall unter die Räder. Dort mußten wir das Tandem stehen lassen und zu Fuß weitergehen. Der Wasserfall war schnell gefunden und auch wunderschön. Überraschenderweise gelang es uns auch, den Baum Old Tjikko zu finden, obwohl er weit von irgendwelchen Wegen entfernt in der Landschaft steht. Um die Idee, den Standort nicht zu publik zu machen, zu unterstützen, schreibe ich hier aber nicht mehr dazu, wie wir den Weg dorthin gefunden haben. Führungen gibt es übrigens wirklich, aber die fanden an diesem Tag nicht statt. Irgendwie standen wir plötzlich vor diesem Baum. Es ist eine Fichte, die etwa 9550 Jahre alt sein soll. Sie hat im Laufe der Zeit die Form mehrmals gewandelt und war mal ein Busch und mal ein Baum mit einem Stamm, der jetzige Stamm ist also nur ein paar hundert Jahre alt, aber der Baum als Lebewesen mit seinem Wurzelsystem ist viel älter. Das war sicher der Höhepunkt dieser Reise.

Old Tjikko (© Karl Brodowsky 2011 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Old-Tjikko-2011-07-19-001.jpg)

Wir gingen noch eine schöne Runde um den Wasserfall herum, der sich auch von oben anschauen ließ und kamen irgendwann recht müde wieder zum Tandem zurück. Hier sollte es auch noch eine weitere Besonderheit geben, weil ein Fluß bei extremen Regenfällen soweit über die Ufer getreten ist, daß er im Umfeld alles verwüstet hat und dieser Bereich heute von der Natur langsam wieder zurückgewonnen wird. Aber den Fluß haben wir jetzt nicht mehr so schnell gefunden, obwohl er ja auffällig sein sollte. So bleibt noch etwas für den nächsten Besuch in dieser Gegend übrig.

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter nach Idre, wo der Österdalsälven wieder einen recht großen See bildet. Dort verließen wir die N 70 und fuhren eigentlich geradeaus in Richtung Grövelsjön. Die größten Berge von Dalarna sollen in der Gegend sein und außerdem waren wir schon fast im Quellgebiet des Österdalälven, der sich in Idre aus dem Zusammenfluß von mehreren kleineren Flüssen bildet. Einem dieser Quellflüsse oder dessen Zulauf sollten wir eigentlich folgen, aber die Straße ging erst einmal schnurgerade auf einer schiefen Ebene bergauf. Die Gegend war hier nicht ganz so unbewohnt, wie man es vielleicht erwarten könnte, es kam doch immer wieder ein kleiner Ort oder eine Ferienhaussiedlung, aber meistens fuhren wir jetzt neben kleinen Flüssen, Seen und Mooren über eine kurvige Straße, die uns ungefähr nach Nordwesten führte.

Kurz vor Grövelsjön verließen wir die Straße und das Tal, in dem wir uns inzwischen befanden, und es ging steil bergauf über die Wasserscheide zwischen der schwedischen West- und Ostküste. Als wir oben waren, kam bald die norwegische Grenze. Der recht dichte Wald wurde lockerer und es gab auch gelegentlich Weiden dazwischen. Die Straße wurde jetzt noch kleiner, dafür war sie aber eine Nationalstraße, die von der Grenze nach Elgå am Femundsee führen sollte. Norwegen ist bergig, auch Ostnorwegen, und so kamen wir an vielen schönen großen Seen, Flüssen und Mooren vorbei, bis wir endlich die sanfte Abfahrt zum Femundsee vor uns hatten. In Elgå fanden wir einen sehr schönen Zeltplatz. Abends hörten wir dann ein Geheul, daß man meinen konnte, die Wölfe in der Gegend seien so aktiv, aber das kam wohl doch von den sibirischen Schlittenhunden, die einige Leute dort im Ort zu halten pflegen.

Das Schiff über den See sollte Fahrräder mitnehmen. Es fuhr erst um 12:00 und so hatten wir genug Zeit, vorher noch etwas im See zu baden und auch das Gepäck schon einmal für die Verladung vorzubereiten. Tatsächlich mußten wir das ganze Gepäck abnehmen und dann wurden Fahrräder und Gepäckstücke einzeln auf das Schiff geladen. Es paßte aber alles irgendwie an Bord. Das Schiff ist 1905 gebaut worden und wird heute nur noch in den Sommermonaten eingesetzt. Diesmal war es aber rege genutzt und bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir über den See.

Nordwestlich von Elgå stiegen wir in Jonasvollen wieder aus und hatten nun erst einmal einen 5 km langen Sandweg, bis wir wieder auf einer Nationalstraße landeten. Parallel zum Ufer des Femundsees, der immer mal wieder hinter den Bäumen zu sehen war, fuhren wir durch ein leicht welliges Gelände auf der N 28 wieder ein Stück nach Süden. Das Wetter war trocken und zeitweise sonnig, aber wir hatten doch einen recht ordentlichen Gegenwind, vor allem, als wir auf die N 26 kamen und nach Nordwesten weiterfuhren. Bald kamen wir aus der fast unbewohnten Gegend mit vielen Wäldern, Bergen und Gewässern in ein breites Tal, das eine recht dichte landwirtschaftliche Nutzung aufwies, entsprechend auch immer wieder Bauernhöfe oder ganze Dörfer. Wegen des Gegenwinds und der Bootsfahrt auf dem See kam es, daß wir nach nur gut 50 km eine Stelle zum Übernachten suchten. Die war diesmal im Wald, aber wir fanden einen wunderschönen Lagerplatz an einem Fluß.

Nach Überquerung eines kleinen Passes kamen wir am nächsten Tag nach Tolga im Glåmma-Tal. Wir blieben bis Auma auf der ruhigeren, aber doch asphaltierten Ostseite des Flusses. Dies war ein etwas regnerischer Tag, aber wir kamen gut nach Alvdal, wo wir in ein Seitental nach Nordwesten in Richtung Folldal abbogen. Zum größten Teil hatten wir eine sehr schöne Strecke in einem relativ schmalen Flußtal mit schönen Bergen auf beiden Seiten, dem wir stromauf mit einer sanften Steigung folgten. Später wurde das Tal breiter und es gab auch landwirtschaftliche Nutzung. Ungefähr 10 km vor Folldal fanden wir einen schönen Zeltplatz, wo wir für zwei Nächte blieben. Der Zeltplatz hatte sogar eine Badestelle, die war aber etwa 6 km weit weg an einem schönen See.

An diesem Tag fand in Norwegen ein sehr trauriges Ereignis statt, das Schwein Breivik ermordete an dem Tag 77 Menschen, hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Dieses schreckliche Ereignis sollte die Zeitungen für den Rest unseres Aufenthalts fast ausschließlich beschäftigen.

Der Ruhetag bot eine Gelegenheit, einmal den Rondane-Nationalpark anzusehen, wenigstens dessen nördliches Randgebiet. Irgendwo gab es einen Rastplatz und da stand, daß es einen sehr schönen Wasserfall ein paar Kilometer davon entfernt geben sollte, mit rudimentärer Wegbeschreibung. Ein paar Wohnmobilfahrer, die weder norwegisch noch englisch konnten, fragten mich, wie weit das sei und ob sie da nicht doch hinfahren könnten,. Als sie erfuhren, daß sie dafür wirklich ein paar Kilometer zu Fuß zu gehen müßten, war ihnen das dann doch zu stressig. So schön ist kein Wasserfall, daß sich das lohnen könnte. Da ich kein Wohnmobil zu schleppen hatte, machte ich mich auf den Weg dorthin. Es war wohl doch eine Stunde pro Richtung und die Wege waren oft so mit fließendem oder stehendem Wasser gefüllt, daß sie eher an Bäche als Wege erinnerten. Aber der Wasserfall war wirklich schön. Und der Weg dorthin auch, außer vielleicht für die Schuhe.

Etwas weiter südlich konnte man sehen, wie sich ein Fluß einen neuen Weg bahnte. Ein Teil des Wassers verließ das Flußbett und nahm eine Abkürzung durch den Wald. Ob das das neue Flußbett würde oder nur ein temporärer Überlauf bei zu hohem Wasserstand war, weiß man natürlich nicht.

Teil 3

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Wir näherten uns jetzt dem Dovrefjell. So kamen wir schon bald in die Nähe der Baumgrenze und es ging langsam immer weiter bergauf, nicht so steil, aber doch merkbar. Kurz vor der Paßhöhe vereinigte sich unsere Straße mit der E 6 von Oslo nach Trondheim und wir hatten deshalb etwas mehr Verkehr. Das Dovrefjell war nur kurz, man konnte in der Ferne Berge sehen, aber unsere Straße ging schon bald wieder bergab und kam schnell wieder unter die Baumgrenze. Die Europastraße verlief hier in der Nähe der Bahnstrecke und in der Nähe des alten Pilgerpfades zum Grab Olafs des Heiligen in Trondheim. Zwei Wanderer konnten wir so zweimal überholen, weil sie während unserer Pause eisern weitermarschierten. An diesem Tag kamen wir ziemlich früh an unserem Zeltplatz südlich von Oppdal an und wer wollte konnte noch in der Driva baden gehen. Eine Kanadierin erzählte uns, daß sie Wildwassergruppen begleite und daß es in Norwegen viel mehr und wasserreichere Gewässer für so etwas gebe als in Kanada. Das ist die Freude anderer Leute an dem vielen Regen, den man als Radfahrer in Norwegen manchmal erlebt.

In Oppdal schaute ich mir die Möglichkeiten für Ulrich an, mit dem Bus nach Sündalsøra zu fahren und wir kauften etwas ein. Vor allem fanden wir aber ein riesiges Gräberfeld  ?  aus der Wikingerzeit am westlichen Stadtrand von Oppdal. Es soll wohl das größte in ganz Norwegen sein, entsprechend lange waren wir auch dort unterwegs, bis wir das Gelände einigermaßen umrundet und gesehen hatten.

Die weitere Fahrt sollte nur noch entlang der Driva bergab zum Fjord führen. Die armen Radfahrer, die der E 6 folgen, müssen über drei Pässe fahren, um von Dombås nach Trondheim zu kommen. Erstmal das Dovrefjell, genau wie wir. Aber dann geht es bergab, aber die Driva hält sich nicht an den Verlauf der E 6, sondern biegt nach Westen ab. Dann kommt nach der nächsten Wasserscheide die Orcla, aber die biegt wieder nach Nordwesten ab und erst danach kommt man dann wirklich nach Trondheim. Dies soll aber weniger dramatisch sein, als man vielleicht meinen könnte, weil in älteren Zeiten der Flußlauf tatsächlich zumindest vom Dovrefjell bis zur Orcla dem heutigen Verlauf der Europastraße und der Bahnstrecke entsprochen haben soll, so daß die Wasserscheide keinen sehr hohen Paß mit sich bringt. Aber wir hatten Glück und fuhren auf der N 70 nach Westen. Natürlich war die Straße mal hoch über dem engen, tief eingeschnittenen Tal und dann mal wieder unten neben dem Fluß, als unten genug Platz war. So hatten wir doch trotz allem ein paar Anstiege und die Abfahrt verteilte sich nicht gleichmäßig, sondern kam zu einem guten Teil in einer kurvigen Abfahrt, wobei man dauernd bremsen mußte.

In Sunndalsøra gab es zwei Zeltplätze und wir hatten die Wahl welchen wir nehmen sollten. So entschieden wir uns für den mit dem netteren Servicepersonal. In der Nacht sollte es gemäß Wetterbericht ein gewaltiges Unwetter mit auch für norwegische Verhältnisse ungewöhnlich großen Regenmengen geben. Aber das kam dann doch nicht oder unsere Zelte hielten das so gut aus, daß wir es kaum bemerkten.

Für den Ruhetag machten wir eine kleine Rundfahrt. Ich versuchte eine kleine MTB-Tour zu machen, die durch ein Seitental zu einem Stauseesystem mit dem See Aursjøen als Höhepunkt führen sollte. Die Straße war eine Mautstraße, aber zum Glück war es für Radfahrer gratis. Nur die ersten paar Kilometer waren asphaltiert, dann wurde es eine Sandstraße. Immer wieder kamen steile Anstiege mit Serpentinen, die dann einen Wasserfall des Flusses begleiteten, dann war es oben irgendwann flacher und die Straße verlief mit weiten Bögen über riesige Umwege und kam schließlich an dem See an. Es gab immer wieder Abzweigungen, aber keine Wegweiser. So war es etwas Glücksache, überhaupt den richtigen Weg zu finden, aber ich hatte wohl Glück.

Der See hatte einen riesigen geschütteten Staudamm, an dessen Fuß, natürlich auf der trockenen Seite, ich entlang fuhr. Nun kam ich in ein Tal, daß nach Westen in Richtung Eikesdalen, Eresfjord und Eidsvåg führen sollte. Natürlich konnte man das Flußtal rechts sehen, aber die Straße führte immer weiter bergauf. Der höchste Punkt war noch lange nicht erreicht. Die Stromgewinnung war hier schon recht gut optimiert. Ich konnte ein schönes kleines Flüßchen sehen, das vielleicht ein paar Meter breit war und plötzlich ein einem mit einem großen Sieb abgedeckten Loch verschwand. Nicht ohne den Umweg durch die Turbinen sollte dieses Wasser ins Tal gelangen.

Das Tal rechts neben mir wurde sehr steil und schmal und die Straße führte dort entlang, wo es etwas flacher wurde, aber dann sollte es doch nach unten führen. Ein kleiner Spiraltunnel überwand auf etwa einem Kilometer Länge die schwierigste Stelle, natürlich unbeleuchtet und ohne Reflektoren, so daß man die Wände nicht sehen konnte und nach Gefühl durchfahren mußte. Aber das läßt sich ja machen, das Kleinhirn kann wohl die bewußt unbrauchbaren Bilder noch gut genug auswerten, um nicht gegen die Wand zu fahren.

Unten wurde die Straße wieder asphaltiert und führt dann mit relativ wenig Höhenunterschied unten im Tal neben dem Fluß entlang. Den Besuch beim Wasserfall Mardalsfossen mußte ich leider auslassen, aber so blieb noch etwas für den nächsten Besuch übrig. Am See Eikesdalsvatnet gab es eine Straße, die mit einem langen Tunnel eine Fährverbindung aus früheren Zeiten ersetzen konnte. Nun wurde es langsam spät, aber ich hatte ja auch nur noch 60 km zu fahren und das auch nur noch auf gut ausgebauten Nationalstraßen. Zwischen Eresfjord und Eidsvåg ging es am Fjord entlang, dann kam noch ein kleiner Paß, der absolut marginal wäre, außer man ist abends schon müde oder hat viel Gepäck. Danach ging es am Fjordufer entlang durch mehrere Tunnels bis nach Sunndalsøra. Die schöne Route über die stillgelegte Straße, die wir 2009 genommen hatten, ließ ich diesmal aus.

Als ich beim Zeltplatz ankam, war Ulrich auch schon da. Er hatte die IMO in Amsterdam besucht und sogar eine kleine Silbermedaille ergattert. Dann war er mit dem Zug von Amsterdam nach Kiel gefahren und mit dem Schiff von Kiel nach Oslo. Die Fahrkarte für diese Fahrt kostete fast so viel wie die Fahrt zu dritt zusammen, aber großzügigerweise hat uns die Color Line ja 6 EUR erlassen, weil wir zu dritt und nicht zu viert fuhren, wie es vor der Einladung zur IMO geplant war. Die Fahrt durch Oslo war auch für Ulrich mit dem Fahrrad zu bewältigen, aber er hat herausbekommen, daß Regionalzüge ein bißchen näher an Oslo heranfahren als Lillestrøm und so konnte er sich einen Teil der Fahrt sparen. In Oppdal hatte der Zug leider doch etwas Verspätung und so stellte es sich als gute Idee heraus, für das letzte Stück doch noch einen Linienbus zu nehmen. Ich hatte ja herausbekommen, wann und wo die fuhren und Ulrich war nett genug zum Buschauffeur, um mitgenommen zu werden. So waren wir alle zusammen, wenigstens für die zweite Hälfte der Reise. Ulrich hatte ja die Wahl, ob er dieses Stück selber fährt oder mit dem Bus und er war auch mit allem einschließlich Zelt ausgerüstet, um ein paar Tage hinter uns herzufahren. Aber so hatte er uns ohne eigene Übernachtungen eingeholt.

Anders als bei der Tour 2009 oder bei unseren Tagsausflügen vom vorigen Tag war diesmal nicht das Südufer des Fjords dran, sondern das Nordufer. Das war 2009 leider wegen Felsstürzen gesperrt, aber diesmal konnten wir da fahren und wir haben auch nicht so viele stürzende Felsen abbekommen, daß das unsere Fahrt aufgehalten hätte. Nun fuhren wir also dieselbe Straße wie 2009 vom Fjord weg über einen kleinen Paß zum nördlichen Nachbarfjord. Das Ziel war wie damals Bergen, aber wir fuhren diesmal in umgekehrter Richtung, um eine Route näher an der Küste zu erreichen. Ein zweiter kleiner Paß führte uns wieder über das Gebirge zwischen den beiden Fjorden und wir fuhren wieder am Nordufer des Fjords, bis wir in die Nähe der Atlantikküste kamen, wo sich unsere Straße mit der E 39 vereinigte. Eine etwa einen Kilometer lange Brücke hatte eine Radweg, der war aber am anderen Ende mit Baufahrzeugen so vollgeparkt, daß ich mit dem Tandem und dem Anhänger umkehren mußte und die Brücke auf der Fahrbahn überquerte. Schade, daß sie nicht am Anfang der Brücke einen Hinweis gegeben haben, daß der Radweg vollgeparkt war, dann hätte man sich den Umweg sparen können.

In Kristiansund scheinen Radfahrer hochgradig unerwünscht zu sein, die Stadt ist nur über zwei Tunnel zu erreichen, die beide Fahrradverbote aufweisen. Das würde uns ja nicht abschrecken, aber andererseits fanden wir, daß eine so dezidiert fahrradfeindliche Stadt keinen Besuch von Radfahrern verdient und so fuhren wir an dieser Stadt vorbei über eine weitere große Brücke und dann an einem Meeresarm entlang, der zwischen uns auf einer Halbinsel und der Insel Averøya lag. Eigentlich war es jetzt Zeit, eine Übernachtung zu suchen, aber Christina und Ulrich wollten gerne auf einen Zeltplatz und das war wohl auch möglich, aber wir würden relativ spät ankommen. Wir fuhren auf einem schmalen Streifen entlang der Küste, links stiegen die Berge an, mal näher am Wasser, mal weiter weg, wo dann oft gleich noch ein Ort war. In Eide bogen wir nach links ab auf die N 64 in Richtung Molde und nach ein paar Kilometern gab es nach rechts eine kleine Straße, die uns zum Zeltplatz Nåsavatnet führte.

Der Zeltplatz lag sehr schön oberhalb eines langgestreckten Sees. So konnte man wieder, wie an den meisten Tagen dieser Radtour, morgens vor dem Frühstück etwas schwimmen gehen. Ein niederländischer Autofahrer störte sich daran, daß wir mit dem Fahrrad unterwegs waren und fand es vor allem doof, wenn das nicht ein einzelner Erwachsener, sondern eine ganze Familie macht. Aber vielleicht wollte er ja nur von seiner eigenen Doofheit ablenken.

Ein Ruhetag war jetzt wieder dran, bot sich doch die Möglichkeit, die Atlantikstraße, die wir durch das Umfahren von Kristiansund verpaßt hatten, an einem Tagesausflug nach Averøya doch noch zu sehen. Christina und Ulrich wollten nicht mit und so fuhren wir zusammen nach Nordwesten. Bald kamen wir auf die Atlantikstraße. Die N 64 führte über viele Brücken, die immer wieder von kleinen Inseln unterbrochen wurden, nach Averøya. Die meisten Brücken waren ziemlich niedrig, aber um die Durchfahrt für die Schiffe zu gewährleisten, mußte auch mindestens eine Brücke sehr hoch sein.

Die Insel Averøya umrundeten wir gegen den Uhrzeigersinn. An der gegenüberliegenden Ecke war die Stabkirche von Kverne, die wir uns anschauen wollten. Eigentlich war sie schon zu, aber zufällig kam gerade eine Reisegruppe mit zwei Bussen und so durften wir uns deren Führung anschließen und bekamen sogar noch gute Erklärungen auf Deutsch. Für den Rückweg fuhren wir an demselben Meersarm wie am Tag zuvor entlang, nur auf dem gegenüberliegenden Ufer auf Averøya. Dann ging es auf der Atlantikstraße zurück.

Wir wollten am nächsten Tag in Richtung Molde fahren. Es gibt ja viele lustige Namen für Orte, Tunnel u.s.w., denen man begegnet, aber man muß immer daran denken, daß das norwegische Namen sind und daß sie dort ganz normal sind, egal wie man sie auf Deutsch lesen könnte. Eine Ausnahme dieser Regel sollte uns aber jetzt begegnen. Kurz vor Molde kam der "Tussentunnel". Dessen Name ist tatsächlich wörtlich zu nehmen. Es war ein normaler Tunnel von ein paar Kilometern Länge ohne Fahrradverbot. Aber die Tussi an der Mautstation wollte uns sagen, daß wir die 8 km Umweg außenrum fahren sollen. Wir haben dann ein bißchen mit ihr darüber diskutiert, während die Schlange hinter uns immer länger wurde, bis sie irgendwann meinte, daß es ihr egal sei. Also fuhren wir doch durch den Tussentunnel und ließen die namensgebende Tussi zurück. Direkt nach dem Tunnel, kurz vor Molde war dann ein Hinweis auf die Sperrung der Straße. Wir fuhren einfach weiter und ignorierten die Umleitung und die Straße war herrlich leer. In Molde selbst fehlten dann ein paar Meter genau an der Einmündung in die E 39, aber irgendwie kamen wir sogar mit Anhänger durch.

In Molde konnten wir verschiedene Dinge kaufen und bei der Touristeninformation klären. Dann ging es mit einer Fähre über den Fjord und auf der anderen Seite verließen wir recht bald die E 39 wieder und folgten dem Südufer des Fjords nach Westen. Diese N 661 sollte eine Alternativroute zur E 39 abgeben, aber wir wollten auch diese wieder abkürzen und fuhren von Fiksdal nach Vatne direkt durch das Landesinnere, nachdem uns ein Buschauffeur versichert hatte, daß diese Strecke flach sei. So ungefähr stimmte das auch, aber wenn man genau nachgemessen hätte, stieg die Strecke ungefähr auf der ersten Hälfte kontinuierlich mit 7-11% an, mit wenigen Serpentinen, sondern meistens einfach dem sanften Anstieg des Geländes folgend. Auf der anderen Seite ging es schnell wieder herunter. Wir kamen fast in den Bereich, wo die Bäume dünner wurden. Bald kamen wir über ein paar Brücken. Man sah noch verschiedene Generationen von Brücken, die den kleinen Fjordarm überquerten. Und nun war wieder die Frage aktuell, wo der nächste Zeltplatz wäre. Nach Ålesund war es ja doch noch weit, aber letztlich beschlossen wir, das noch zu schaffen.

Wir kamen auf die E 39/E 136 nach Ålesund. Die Stadt hat eine sehr merkwürdige Form, weil sie auf lauter länglichen Inseln und Halbinseln liegt, die sich von Osten nach Westen erstrecken und jeweils recht schmal sind. Eine Struktur, die sich ideal für die Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln eignen würde, aber stattdessen hat man auf kreuzungsfreie Straßen mit vielen Fahrradverboten gesetzt. So fingen die Vororte ungefähr 40 km vor der eigentlichen Stadt an. Wir fuhren einfach immer weiter und kamen so gegen Mitternacht auf dem Zeltplatz an.

In Ålesund wollten wir einen Ruhetag einlegen. Leider waren ein paar Kleinigkeiten an den Fahrrädern zu machen, deshalb fuhren wir erstmal zum Fahrradhändler. Man mußte sich entscheiden. Ein Fahrradhändler war in der Innenstadt, einer ungefähr 15 Kilometer östlich davon bei so einem Einkaufszentrum. Der in der der Innenstadt wollte uns nicht, so probierten wir den anderen, der alle Dinge gut für uns reparierte. Ulrich und Christina machten sich zu Fuß mit einem Fahrrad auf den Weg zur Innenstadt, wobei wir sie dann bald einholten. Christina und Ulrich nahmen das Tandem und ich nahm Ulrichs Fahrrad für den Rest des Tages.

Ålesund hat wirklich eine sehr sehenswerte Innenstadt mit vielen Jugendstilgebäuden, die ein sehr harmonisches Ensemble bilden. Ein kleines Hafenbecken zog sich durch die Innenstadt, die teils auf der Spitze der Halbinsel, teils auf einer direkt gegenüberliegenden Insel lag. Ein Besuch im Aquarium erwies sich als erfolglos, weil das gerade zumachte, als wir es endlich gefunden hatten. Dafür konnten wir noch länger die Innenstadt anschauen. Die ganze Innenstadt ist 1904 abgebrannt. Der damalige deutsche Kaiser Wilhelm, der ein großer Norwegenfreund war, schickte daraufhin Hilfslieferungen nach Ålesund, die er mit seinem Privatvermögen finanziert hatte. Danach wurde die Stadt nicht mehr aus Holz, sondern aus Stein im Jugendstil wiederaufgebaut. Kaiser Wilhelm hat in Ålesund noch heute einen guten Ruf, eine Straße ist nach ihm benannt und zwei Denkmäler sind ihm gewidmet.

Teil 4

[Anfang] [Ende]

Diese Landschaftsform mit den langgestreckten Halbinseln und Inseln führte dazu, daß wir am nächsten Tag eine solche langgestreckte Bucht umrunden mußten. Wir fuhren zunächst auf den Europastraßen nach Osten und sobald es möglich war, nach Süden. Dann bot es sich an, die E 39 wieder zu verlassen und auf der N 61 näher an der Küste entlang zu fahren. Die erste Fähre fuhr noch alle 30 Minuten und befand sich noch am Rande des Einzugsgebiets von Ålesund, aber danach nahm der Verkehr dann doch sehr schnell ab. Dieser Küstenstreifen, durch den wir jetzt fuhren, zeichnet sich durch weniger hohe Berge aus und man hat immer wieder Insel und Halbinseln mit vielen Buchten. Bergig genug, um beim Anstieg immer wieder auf Fußgängergeschwindigkeit runterzukommen, war es natürlich trotzdem noch.

Am Abend machten wir irgendwo eine Pause und andere Deutsche, die dort am Rastplatz waren, sagten uns, daß die Fähre gleich fahre und man nur den Berg herunterfahren müsse. Nun ja, unten war eine Fähre, aber die falsche. Wir mußten noch ein paar Kilometer weiter am Wasser entlang fahren, dann kam die richtige und die fuhr auch irgendwann, aber es gab noch genug Zeit, um im Meer zu baden. Nach der Fähre fuhren wir am Fjordufer entlang und dann in ein Seitental, das die Spitzen zweier Fjorde miteinander verband. Da fanden wir eine schöne Stelle für die Zelte am Waldrand neben einem kleinen Bach.

Eigentlich wollten wir nahe der Küste von Kristiansund nach Bergen fahren, aber das war mehr eine grobe Idee und wir blieben auf der Straße 61, auch als sie nicht mehr die küstennächste Route war, allein weil die Routen näher an der Küste sehr viel länger und zeitaufwendiger zu sein schienen und wir langsam schauen mußten, wie wir insgesamt das Reiseziel zum richtigen Zeitpunkt erreichen könnten. Wir liebäugelten auch noch mit der Idee, nicht in Bergen, sondern in Stavanger auf das Schiff zu gehen. Das wären damals etwa drei Tagesreisen mehr gewesen. Bald läßt sich das nur noch erreichen, wenn man ein paar Fahrradverbote mißachtet, weil vom Süden von Karmøy ein neuer Tunnel zum Festland fertiggestellt wird, der ein Fahrradverbot haben könnte, aber die Fähre von dort zum Norden von Stavanger ersetzt. Aber das waren alles nur Überlegungen, in der Realität kamen wir an diesem Tag wieder von Inselnorwegen nach Fjordnorwegen, durch etwas bergigeres Gelände und zu Fjorden mit steileren Ufern.

Nach einem kleinen Paß kamen wir an den Nordfjord. Es war sehr windig und sehr sonnig zugleich. Wir folgten dem Nordfjord bis zu einem seiner Enden in Nordfjordeid. Dort sollte es einen Zeltplatz am Fjordufer geben, der aber nicht mehr existierte. Ein sehr schöner Zeltplatz war aber ein paar Kilometer weiter am See Hornindalsvatnet zu finden. Auf einer kleinen Straße fuhren wir aus dem Ort heraus zu dem tiefsten See in Nordeuropa mit dem Zeltplatz und wir konnten auch irgendwo weit oberhalb der Straße unsere Zelte aufbauen. Die Plätze mit Gras als Untergrund waren nur im oberen Teil des Platzes zu finden.

Leider blieben wir nur für eine Nacht und konnten jetzt auch gleich wieder zurück zum Fjord fahren, dem wir noch ein Stück auf demselben Weg wie am vorigen Tag zurück folgten, bis die Fähre kam. Durch wunderschöne Seitenarme des Nordfjord, die sehr steil und erstaunlich unübersichtlich waren, gelangten wir wieder in bergiges Gelände bis zum nächsten Fjord. Kurz vor dem nächsten Paß suchten wir uns eine schöne Zeltstelle im Wald.

Ein Tunnel von ein paar Kilometern führte uns zum höchsten Punkt und nach einer rasanten Abfahrt waren wir unten am Fjord. Mit ein paar kleinen Überquerungen von höher gelegenem Gelände zum Abschneiden von Halbinseln kamen wir auf die N 5, die von Florø auf einem schmalen Landstreifen kommt und ins Landesinnere nach Førde führt.

Ulrich und ich hatten die Fahrräder getauscht, schon um das Tandem etwas zu entlasten. Der Hinterreifen hatte zwar noch praktisch neuwertiges Profil, aber seitlich begann er etwas an Stabilität einzubüßen. Mitten in einem 5 km langen Tunnel platzte der Reifen dann und Christina und Ulrich mußten das Tandem schieben. Ich brachte das Gepäck und den Anhänger nach draußen, wo es genug Platz dafür gab und holte das Gepäck des Tandems ab. Zum Glück fuhren hier ein paar Busse nach Førde und so konnten Ulrich und Christina mit dem Tandem da mitfahren, während wir uns auf den Weg nach Førde machten. Es war ein etwas regnerischer Tag. In Førde hatten noch Fahrradgeschäfte offen. Es gab zwar sehr viele Reifen für MTB und auch solche mit wenig Profil, aber so einen 47-559-Reifen, der schmal genug war, konnte man nicht so leicht finden. Der erste Laden gab mir einen, den ich umtauschen dürfte, wenn er nicht passen sollte, der zweite Laden hatte aber einen passenderen. Wir konnten die Zelte schon aufbauen. Ich fuhr Christina und Ulrich zur Bushaltestelle entgegen, um ihnen das Gepäck abzunehmen und den Weg zum Zeltplatz zu zeigen.

Nun waren wir doch so gut vorangekommen, daß zwei Ruhetage in Førde drinlagen. Ulrich wollte mit mir eine Tandemrunde drehen und wir bekamen bei dem Laden, der netterweise den suboptimalen Reifen zurückgenommen hatte, eine Sattelstütze, die vom Durchmesser paßte und lang genug für Ulrich war. Sie wurde sogar noch auf die richtige Länge zugeschnitten.

Wir fuhren eine ganz kleine Runde von etwa 120 km Länge. Erstmal nahmen wir die E 39 nach Süden, fuhren den steilen Berg nach Førde herauf und dann an der Abzweigung der N 57 nach Westen vorbei. Etwas später kam eine weitere Straße, die im spitzen Winkel wieder zurück führte und dann auf die N57. Wir fuhren durch ein wunderschönes Flußtal und der Fluß mündete mit einem Wasserfall in den Dalsfjord, der hier immer wieder sehr schmal wurde, an der schmalsten Stelle wohl kaum 50 Meter breit. Links war der Hang, der hier immer wieder landwirtschaftlich genutzt war, dann aber auch wieder von einem speziellen Wald bewachsen war, der ein bißchen an Regenwald erinnerte, vielleicht kleine Reste von nichttropischem Regenwald. Es war voll mit Moosen und Halmen, an denen das Wasser dauernd entlangtropfte oder lief. Auf dem gegenüberliegenden Nordufer des Fjords gab es auch eine Straße, die aber eine kleine Lücke aufwies.

So mußten wir in Dale die Fähre nehmen, um dorthin zu gelangen. Die fuhr erst nach ein paar Stunden um 17:00 oder so. Eine Brücke oder eine Komplettierung der Straße auf der anderen Seite oder beides ist angeblich geplant, aber wir werden es sehen. So hatten wir mit der nur alle paar Stunden verkehrenden Fähre auf dem Nordufer fast keine Autos, denn die amphibischen Autos sind dann doch recht selten. Die Straße führt jetzt am Nordufer des Fjords entlang, dann kam ein kleiner Fjordwechsel über einen recht niedrigen Paß zu einem kleinen Fjord mit zwei Spitzen. Die Straße führte von der einen Spitze zu der anderen, dann kam wieder ein kleiner Paß, um in die Nähe des Nordfjords zu führen. Nun waren wir fast da. Natürlich blieb die Straße nicht am Fjord, sondern führte ein Stück durch das Landesinnere und jetzt kam wirklich der größte Paß auf unserer Tagestour, so gegen Abend, als wir schon recht müde waren. Weit oberhalb von Førde kamen wir wieder an den Førdefjord und konnten dann wie eine Flugzeuglandung mit hoher Geschwindigkeit auf die Lichter von Førde zusteuern. Auch in Norwegen wird es um die Zeit schon etwas dunkel, außer in den gut beleuchteten Tunnels, natürlich.

Da sich diese Idee mit dem Tagesausflug in Førde so bewährt hatte, machte ich am zweiten Ruhetag eine kleine Runde. Ulrich wollte mit Christina auf dem Zeltplatz bleiben. Ich fuhr mit dem Bus nach Florø und nahm das Fahrrad mit. Erst auf der Nationalstraße und dann auf einer kleineren Straße über Stavang wollte ich zurück nach Førde fahren. Wir trafen uns in Ausevike etwas nordöstlich von Stavang. Dort gab es ein riesiges Gebiet mit Felsritzungen, die sehr gut erhalten waren. Das Areal ist über 1500 m² groß und enthält über 300 Figuren.

Für den Rückweg fuhren wir beide den Weg, den der andere gekommen war. Ich fuhr nach Stavang und dann die N 611 auf dem Nordufer des Fjords nach Nautsdal. In der Mitte gab es eine Halbinsel, die von der Straße abgeschnitten wurde. Dafür ging es auf einen über 300 m hohen Paß. Von Nautsdal hätte ich vielleicht auch einen Bus nehmen können, aber letztlich kam ich mit schnellem Fahren doch gut voran und wurde von dem Bus erst auf der halben Strecke oder sogar erst kurz vor Førde überholt.

Teil 5

[Anfang] [Ende]

Nun galt es die letzten Etappen unter die Räder zu nehmen. Es blieb dabei, daß Ulrich und Christina mit dem Tandem fuhren, während ich den Anhänger mit Ulrichs Fahrrad zog. Wir fuhren auf der E 39 nach Süden den Berg hoch. Nicht so hoch wie der Berg auf der N 609 am Südufer des Førdefjords, aber doch mit dem ganzen Gepäck ein ordentlicher Anstieg, so daß wir oben an einem schönen See eine kleine Pause verdient hatten. Mit viel hoch und runter und sehr vielen Kurven ging es diesmal durch ein landwirtschaftliches Gebiet auf der N 57, die hier ein winzig kleines Sträßchen ist, direkt zum Dalsfjord. Wir kamen gerade an der 50 m breiten Stelle am Nordufer an, aber die 50 m lange Brücke hatte man nicht gebaut, sondern wir umfuhren den Fjord auf etwa 5 km. Dafür kamen wir wieder bei dem schönen Wasserfall vorbei und natürlich an dem kleinen Regenwald. In Dale bogen wir nach Süden ab. Hier begegnete uns jetzt immer wieder die alte Poststraße von Bergen nach Trondheim. Wir kamen an langgestreckten Seen vorbei und es war eine sehr schöne Strecke.

An einem See, wo wir 2009 nach der Nacht im Wald eine Frühstückspause gemacht hatten, gingen wir diesmal unsere Zelte aufbauen. Es war sehr schön, vielleicht nicht ganz die ideale Anzahl Mücken, aber die hatten halt in diesem Jahr mehr Artgenossen in der Luft als in anderen Jahren. So konnten wir morgens noch vor dem Frühstück baden gehen.

Zur Straße mußten wir einen recht steilen Weg hoch, so daß es nötig war, die Fahrräder jeweils zu zweit hochzuschieben oder das Gepäck erst oben aufzuladen. Wir kamen weiter durch eine Gegend mit vielen Flüssen und Seen. Die Berge waren natürlich nicht ganz so hoch wie ein paar Kilometer weiter östlich, aber es war schon kein Flachland. Diesmal nahmen wir die kleine Querstraße nach Lavikdal. Sie stieg in einem Flußtal langsam an und wir hatten dann eine steile und kurvige Abfahrt bis nach Lavik, wo unsere Fähre über den Sognefjord abfahren sollte. Die Fähre stand noch an der Anlegestelle und war eigentlich schon voll. Also die Stelle, wo die Fahrräder hingepaßt hätten, war schon durch Autos verstellt. Aber das war nicht so schlimm. Erstens fuhr die Fähre alle halbe Stunde und zweitens ging es dann doch noch.

Auf dem Südufer des Sognefjords fuhren wir auf der E 39 in Richtung Bergen. Ein Seitenarm des Fjords führte nach Süden und an dessen Ostufer konnten wir fahren. Bald war die Fährladung von Autos vorbei und dann hatten wir erstmal eine halbe Stunde Ruhe, nur etwas Gegenverkehr. Am Ende des Fjords kamen wir in ein schmales Tal mit einem rauschenden Fluß, dem wir nach oben folgten. Irgendwann kam dann nach rechts eine kleine asphaltierte Straße, die uns nach Südwesten in Richtung Masfjord und Duesand führte. Wir kamen durch eine sehr schöne, ziemlich unberührte Gegend, aber die Straße war natürlich auch recht bergig. Bald war der Masfjord auf der linken Seite zu sehen und dann war es auch nicht mehr sehr weit bis Nautesund.

Hier hatten wir schon wieder zwei Ruhetage und das auch gleich noch an einem Ort, dessen Beliebtheit bei uns mit Favoriten wie Mora oder einigen Orten auf Gotland zu konkurrieren vermag, Nautesund war ja auf Ulrichs ausdrücklichen Wunsch in die Route integriert worden. Und wenigstens bei diesem Ort konnte er jetzt dabei sein. Der Zeltplatz liegt einfach in einer sehr schönen Umgebung. Auf dem Wasser gibt es unzählige Inseln, zwischen denen man mit dem Kanu herumpaddeln kann und wo andere Reisende mit entsprechenden Kenntnissen und Ausrüstung auch recht viele Fische angeln konnten. Ein ehemaliger Pfarrer aus Norddeutschland hat uns sogar ein paar Fische geschenkt, die sehr lecker waren. (Vielen Dank, falls das gelesen wird!)

Mehr für die Eltern als für die fast oder ganz erwachsenen Kinder ist aber auch die landseitige Umgebung interessant. 2009 bin ich zwei größere Runden gefahren, aber für diesmal und auch für das nächste Mal gibt es durchaus noch neue Strecken, die sich lohnen. Ich fuhr auf der Nordseite des Fjords nach Duesand, nahm aber noch den einen kleinen Umweg nach Norden, um nach Hosteland zu kommen. Von Duesand fuhr ich mit der Fähre auf das Südufer nach Masfjordnes. Diese Fähre ist eine Besonderheit, weil sie durch Ketten angetrieben wird. Lange Stahlketten oder Seile liege auf dem Boden oder hängen unter Wasser, tief genug, damit die Schiffe darüber hinwegfahren können. An zwei solchen Ketten zog sich die Fähre über den Fjord.

Auf dieser Route hätten wir auch nach Bergen fahren können, aber sie gilt als sehr bergig, deshalb gingen unsere Planungen inzwischen in eine andere Richtung. Und tatsächlich war diese Straße so eine norwegerflache Strecke, die am Fjord entlang führte, wie man es kennt. Natürlich mal höher über dem Fjord und mal näher am Wasser, so daß allein dadurch schon ordentliche Höhenmeter zustandekamen, aber ein sehr steiler Abschnitt war dann zu finden, als mal wieder eine Halbinsel durch eine Abkürzung durch das Landesinnere gequert wurde. Einen polnischen Radfahrer traf ich, der eigentlich die E 39 fahren wollte, aber irrtümlich das Gefühl hatte, daß das wegen der rot umkreisten Fahrräder nicht ginge. Nun war er schon zu weit und machte die lange Umfahrung weiter, während ich nach Süden fuhr, zu der E 39 mit den doofen Schildern am Eingang des ersten Tunnels.

Ein paar russische Radfahrer hätten mit dem Polen tauschen wollen, sie wußten nicht, daß es eine längere Umfahrung der E 39 gegeben hätte und hätten gerne die Kettenfähre und den Fjord gesehen. Dafür haben sie jetzt die wunderschöne Strecke der E 39 mit den unnötigen Schildern gesehen. Ich hatte jetzt beides, denn ich fuhr jetzt auf der E 39 nach Norden. Bei Matre umfuhr ich einen längeren Tunnel auf der alten Strecke, die etwas länger, aber sehr schön war. Nur die Tunnel waren hier problematischer, weil sie unbeleuchtet waren. Nun ging es überwiegend in Tunneln bergauf zu der Stelle, wo wir am vorherigen Tag die E 39 verlassen hatten. Ich ging kurz in einem See baden und traf dann den polnischen Radfahrer zufällig wieder. Wir fuhren noch den Berg zum Fjord herunter, er fuhr nach rechts am östlichen Ufer dieses kleines Seitenfjords zum Sognefjord, wo er die Fähre nach Lavik nehmen wollte, ich nahm das westliche Ufer, das hier immer wieder durch kleine Dörfer führte und an landwirtschaftlich genutzten Hängen, aber es gab auch steilere Abschnitte und unbeleuchtete Tunnel. Die nächste Straße nach Hosteland ließ ich aus, die hätte über einen 500 m hohen Paß geführt. Danach kam eine Straße nach Leversund, die auch über einen Paß zum nächsten Fjord führte, aber etwas niedriger. So kam ich auf die N 57 und dann von Westen nach Nautesund zurück.

Am zweiten Ruhetag wollten wir uns das Wasser etwas genauer ansehen. Leider war es recht windig, aber wir mieteten uns doch zwei Kanus und dann fuhren wir ein wenig durch das Insellabyrinth. Eine kleine Seekarte hatten wir zum Glück bekommen, damit wir nicht die Mietdauer der Kanus überzögen, weil wir den Rückweg nicht finden könnten. Aber es war sehr schön. Wir konnte sogar ein paar Muscheln finden, die in dieser Gegend als eßbar galten und auf einer schönen Insel eine Pause machen.

Für den Nachmittag fuhren wir zu einem Strand, der etwa 10 km entfernt auf einer Insel lag, die durch eine kurze Brücke erreicht werden konnte.

Die Weiterfahrt nach Bergen sollte nun nicht über die Kettenfähre und die E 39 führen, sondern über die Fähre Leirvåg - Sløvåg. Danach hätte man wie 2009 direkt nach Bergen fahren können, aber wir fuhren wie 2006 auf der westlicheren Straße, die etwas länger und angeblich sehr flach sein sollte, die aber dann doch sehr bergig war. Weil wir früh losgekommen waren, kamen wir doch recht früh zur Nordhordalandbrücke, wo wir Terje Melheim trafen, der uns netterweise eingeladen hatte, ihn in Bergen zu besuchen.

Dank Terjes ausgezeichneten Ortskenntnissen gelangten wir schnell und auf relativ schönen und ruhigen Straßen in die Stadt. Einen Teil des Weges fuhren wir auf der ehemaligen Poststraße, wo es natürlich oben noch die Gelegenheit gab, in einem der kleinen Seen baden zu gehen. Obwohl es ja eigentlich flach am Wasser entlang führen müßte, führte diese Poststraße über einen Paß.

Einen Ruhetag in Bergen hatten wir auch noch. Leider hatte die Zeit ja nicht mehr gereicht, um über Stord nach Stavanger zu fahren, aber an dem Ruhetag fuhren wir auf einer Veloroute, die einer ehemaligen Schmalspurbahn folgte, nach Süden bis in die Nähe der Fähre nach Stord. Dort konnten wir auf einem langgestreckten See etwas Kanu fahren. Das Wetter war sehr schön und die Boote fuhren sich gut, jedenfalls auf dem Rückweg mit der Strömung.

Für den Rückweg nahmen wir die E 39 und kamen an der Stabkirche Fantoft vorbei, die wir 1989 noch im Original gesehen haben. Leider hat ein fanatischer Atheist diese Kirche seitdem angezündet und nun hat man sie originalgetreu wieder aufgebaut.

Am nächsten Tag fuhr so um die Mittagszeit die Fähre. Das Personal, das wir im Hafen trafen, war sehr distanziert und fast ein bißchen unfreundlich, aber sie ließen uns ja doch mitfahren. Das Essen war gut und überhaupt war es eine schöne Seefahrt, wenn auch auf einem viel kleineren Schiff als zwischen Kiel und Oslo. Wir trafen eine von Terjes ehemaligen Schülerinnen auf dem Schiff.

Morgens um 7:00 kamen wir in Hirtshals an und wir hatten noch ein bißchen Zeit, am Strand einen Spaziergang zu machen. Dann mußten wir schnell weiterfahren nach Hjørring, wo um 12:00 unser Zug fuhr, der einzige, den wir gemäß Reservierung nehmen durften. Weil wir nur zu viert waren, durften wir diesmal sogar zusammen im selben Zug reisen. Ein paar Damoklesschwerter gab es natürlich noch. Offiziell nimmt die DSB keine Tandems mit. Und außerdem verpaßt man doch öfter mal wegen Verspätungen einen Anschluß. Das klappte aber alles gut und mit einigen Malen Umsteigen kamen wir schließlich nach Flensburg und dann auch nach Hamburg, wo wir den Nachtzug auch noch erwischten. Der Rest ist eigentlich wie die Heimreise von anderen Radtouren auch, nur haben wir davon nicht viel gemerkt, weil wir ja geschlafen haben.

Es war einen sehr schöne Fahrradtour und wir hoffen, daß wir einige der schönen Gegenden bald einmal wieder besuchen können.

Aus Gründen der Vollständigkeit habe ich es schon seit einigen Jahren als sinnvoll angesehen, noch eine kleine Tabelle anzufügen. Da kommt das Nordkap immer noch nicht vor, aber das wird man uns wohl verzeihen, da wir ja zumindest 2009 schon beim Geirangerfjord waren. Vielleicht ist das Nordkap, Nordkinn, Vardø oder Kirkenes ja 2017 dran? Auf jeder Radtour bekommt man ja Ideen für fünf weitere Radtouren Für 2012-2015 gibt es schon Pläne, über die ich aber hier jeweils erst hinterher schreiben werde. Lassen wir uns also überraschen. ;-)

Eine Landkarte mit der Route gibt es auch: Route

Links

[Anfang] [Ende]
  1. Årnes nach Trondheim (Sommer 2008) [Karl Brodowsky 2008]
  2. Unsere erste Tandemtour durch Schweden und Norwegen [Karl Brodowsky 1999]
  3. Unsere erste Familienradtour [Karl Brodowsky 1994]
  4. Deutschland, Schweden, Norwegen, Finnland und um die nördliche Ostsee [Karl Brodowsky 1987]
  5. Von Deutschland in das Land der Fjorde & zurück [Karl Brodowsky 1985]
  6. 4 Monate durch Skandinavien [Thomas Kiser 1997]
  7. Bergen - Nordkap - Hammerfest - Hurtigrute [Marion & Andreas Bugdoll 1995]

Fußnoten

Die numerierten Straßen heißen auf schwedisch "Riksväg" und auf norwegisch "Riksvei" oder "Riksveg", abgekürzt mit "R". Ich habe das für diesen deutschsprachigen Text mit "Nationalstraße" übersetzt und auch die Abkürzung zu "N" übersetzt.