Einleitung
Christina, Ulrich und ich wollten im August Fahrradtouren machen. Etwa eine Woche waren wir zusammen unterwegs, den Rest wollten sie zu zweit und ich alleine fahren. Die Präferenzen für den ersten Teil hatten sich von Finnland nach Schottland verschoben, was den Vorteil hat, dass man eine Anreise ohne Flugzeug haben kann. Es gibt eine Fähre "von Amsterdam nach Newcastle". Wer aus dem Zug steigt und hofft, die Fähre in der Nähe zu finden, wird enttäuscht sein. In Wirklichkeit fährt sie von Ijmuiden, was etwa 30 km von Amsterdam entfernt ist. Der Weg ist nicht bergig, aber es kann windig sein und es wimmelt nur so von Fahrradverboten. Das kann die Reise recht kompliziert machen kann, wenn man die Verbote alle beachten will und die Zeit knapp ist, weil man mit dieser Entfernung nicht gerechnet hat. Ijmuiden hat auch keinen Bahnhof, aber Driehuis wäre nah genug. Das wussten wir alles im Vorfeld und so war es kein Problem. Ich kann nur empfehlen, bei so einer Fährfahrt kurz vorher nachzuschauen, wo der Abfahrtshafen genau liegt. Ich bin sicher, dass die allermeisten Radfahrer es sowieso so machen.
Nun sind bekanntlich England, Schottland und Wales zusammen Großbritannien und wenn man noch Nordirland dazunimmt ist es das Vereinigte Königreich (United Kingdom). Die Schotten haben gerade über ihre Unabhängigkeit abgestimmt und sich dagegen entschieden. Dies will ich weder in Frage stellen noch habe ich besondere Präferenzen zu dieser Frage. Die beste Lösung ist es, einfach den Willen der Mehrheit zu respektieren. Aber ich habe in Schottland Menschen gefragt, ob sie sich mehr als Schotten oder mehr als Briten fühlen. Diejenigen, die sich mehr als Briten fühlten, waren ausnahmslos aus England zugewandert.
So nehme ich Schottland als ein Land zur Kenntnis, das Teil vom Vereinigten Königreich (Großbritannien) ist und sein will, aber deren Einwohner sich doch mehr aus rationalen Gründen für diese Gesamtstaatlichkeit entschieden haben, während sie sich emotional primär als Schotten und dann in zweiter Linie als Briten sehen. Wir kennen ja auch in Deutschland Menschen, die sich sehr mit ihrem Bundesland identifizieren, aber wirklich aus dem Bundesland einen eigenen Staat zu machen ist nicht einmal in der Diskussion. Und ein "Freistaat" zu sein heißt nur, dass das Bundesland als solches demokratisch organisiert ist, nicht dass es ein eigener Staat ist oder sein will.
Es sind also England, Schottland, Norwegen, Schweden und Finnland, die ich im Sommer bereist habe. Die Niederlande waren auch noch ein wenig dabei, weil ja das Fahrrad für die Fahrt zum Schiff gebraucht wurde. Warum es dann noch zusätzlich Deutschland wurde, sehen wir gleich. Sagen wir es waren aus der Sicht der meisten Schotten, die ich getroffen habe, sechs Staaten, aber sieben Länder, die ich besucht habe. Die genaue Anzahl ist ja eigentlich egal. Was man unterwegs erlebt, ist wichtiger.
Wie bei allen Radtouren sind natürlich die Leute, die ich getroffen habe, das interessanteste und beste an der Reise. Ich schreibe darüber aber wenig, weil bei diesem Thema die wirklich interessanten Dinge nicht in einen öffentlichen Bericht gehören.
Teil 1: Niederlande und Deutschland
Wie geplant kamen wir mit dem Nachtzug in Amsterdam an. Ulrich war schon da, weil er am Vortag angereist war und dort übernachtet hatte. So trafen wir uns auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs Amsterdam Centraal. Wir hatten noch genug Zeit. Wir konnten sogar noch etwas einkaufen, weil wir doch einige Dinge noch brauchten. Ein bisschen konnten wir sogar die Stadt noch besichtigen. An diesem Tag war das größte Ereignis des Jahres in Amsterdam, eine bunte Parade der Schwulen und Lesben der Stadt und der Umgebung auf dem Wasser. Mindestens die halbe Stadt stand an allen Ufern der Grachten in vielen Reihen, und das schon viele Stunden vorher, um das zu erleben. Aber so viel Zeit hatten wir nun nicht mehr und wir mussten uns auf den Weg machen.
Für die 30 km von Amsterdam nach Ijmuiden nahmen wir die Fahrräder. Es gab relativ viele Fahrradverbote, ein paar Radwege, mit denen man sie auf Umwegen umfahren konnte und so landeten wir irgendwann etwas zu weit westlich in den Randgebieten von Haarlem. Da gab es dann eine kleine Straße, die sich durch Feuchtgebiete und am Rande von Seen und Flüssen entlangschlängelte und nach Ijmuiden führte. Der Hafen ließ sich dann auch noch finden.
In Ijmuiden waren wir dann auch schön früh am Hafen. Verwöhnt durch die Tatsache, dass man innerhalb von EU, Norwegen und Schweiz mit einem Pass, der ein paar Tage oder Wochen abgelaufen ist, noch reisen kann, hatten wir dieser Frage nur beschränkte Aufmerksamkeit geschenkt. Aber man sagte uns im Hafen, dass wir mit zwei Pässen, die gerade abgelaufen waren, auf keinen Fall mitfahren könnten. Als Lösung bot man uns an, einen Tag später zu fahren und den Tag zu nutzen, um in Bad Bentheim provisorische Pässe zu besorgen. Dort gibt es angeblich eine Stelle, die 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag offen hat und ad hoc provisorische Pässe ausstellen kann.
Von Driehuis konnten wir Fahrkarten kaufen, die uns nach Hengelo in der Nähe von Bad Bentheim zu fahren ermöglichten. Von da fuhren wir mit den Fahrrädern in Richtung Bad Bentheim. 30 km, ein bekannter Wert. Im Zug hatten wir schon herausgefunden, wo die Zeltplätze so sind und dann bei einem gleich angerufen, dass wir dort übernachten wollten. Er lag schön in der richtigen Richtung, knapp 10 km von Hengelo. Alles war gut und wir kamen dort an. Christina baute netterweise das Zelt auf und Ulrich und ich machten uns auf den Weg nach Bad Bentheim. Wie leider so oft in den Niederlanden sind Autofahrer besonders aggressiv dabei, ihr Territorium zu verteidigen. Auch deutsche Autofahrer, die hier mal die Sau rauslassen wollen. Man kennt das Muster umgekehrt zwischen der Schweiz und Deutschland. Schweizer Autofahrer lassen die Sau in Deutschland raus und deutsche Autofahrer in den Niederlanden... Schade. Wenn man also in den Niederlanden auf einer etwas größeren Straße ohne Radweg und ohne Fahrradverbot fährt, wird man angehupt, weil es tief in der Seele des niederländischen Autofahrers ist, dass diese Art von Straßen Fahrradverbote haben oder haben sollten. Wenn man auf dem Radweg einer Vorfahrtsstraße fährt, nehmen einem die Autofahrer beim Abbiegen die Vorfahrt. In Deutschland und der Schweiz passiert das aus Versehen. In den Niederlanden ist das deren gutes Recht, es gilt hier der Grundsatz Motorkraft vor Muskelkraft. Damit fühlen sich auch deutsche Autofahrer sauwohl und entsprechende Informationen über die erweiterten Rechte werden in Blättern wie Autobild und Auto-Motor-Sport etc. sicher verbreitet.
Kurz vor der Grenze geht es geradeaus auf einen Autobahnzubringer und die Nationalstraße wird ein ganz winziges Sträßchen ohne Wegweiser, wo man oft abbiegen muss. Auf der deutschen Seite ist es dann sofort wieder eine große Straße, die N 65 nach Osnabrück und Minden. So fahren wir munter durch die Dunkelheit und kommen langsam in Orte, die schon zu Bad Bentheim eingemeindet sind. Wir rufen mal bei der Bundespolizei an, wo sie denn genau seien. Und das ist ein idealer Standort für alle, an einem Autobahnrastplatz. Für alle, denn es gibt eine normale Straße, die auf diesen Rastplatz führt, so dass auch die Bundespolizisten ohne Ordnungswidrigkeit mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren könnten. Der ist an dem ehemaligen Grenzübergang eingerichtet worden. Für 8 EUR pro Person bekommen wir innerhalb von ca. 15 min die provisorischen Pässe ausgestellt, die in Verbindung mit dem abgelaufenen Pass gültig sind. Aber wir müssen noch unterschreiben, dass es dafür keine Garantie gibt.
Wir kommen auf dem gleichen Weg zurück, ohne den zu weit östlich gelegenen Vorort von Bad Bentheim nochmal zu besuchen. Es ist stockdunkel und die Verkehrssituation ist deutlich entspannter, weil wir den Weg jetzt kennen und die meisten Autofahrer praktischerweise schon schlafen. Wir schlafen dann auch bald.
Der Zeltplatz ist eigentlich besonders schön, es gibt dort sogar Pferde. Aber wir müssen früh zum Bahnhof und essen das Frühstück im Zug. Dort sind schon andere Gruppen von Radfahrern. Es ist ein deutscher IC, der aus Osnabrück, Hannover oder sogar Berlin kommt. Wir fahren wieder bis Driehuis und haben nun noch genug Zeit. Zusammen mit anderen Radfahrern, die auch nach Schottland wollen, fahren wir noch zum Strand. Einmal kurz baden ist möglich, aber der Hafen und der Strand sind auch wieder gut 5 km auseinander.
Wir sind wieder sehr früh am Hafen. Und wir erfahren, dass die Pässe jetzt ok sind, aber dass man keine Plätze für uns hat, sondern erst in 8 Tagen. Für diesen Tag seien wir auf der Warteliste. Und 30 min vor der Abfahrt stellt sich heraus, dass wir mitfahren können.
Die Schiffsreise ist schön, wenn auch nicht so spektakulär wie mit der Color Line von Kiel nach Oslo. Es gibt auch gutes Essen.
Teil 2: England
Morgens kommen wir in Newcastle upon Tyne an. Wie in Amsterdam ist der Ort auch wieder recht weit weg, wenn auch wohl nur halb so weit. Es gibt eine schöne asphaltierte Veloroute, mit der wir an einem schönen Museum vorbeikommen, das um alte Gemäuer und archäologische Fundstellen herum gebaut worden ist. Dann kommen wir an ein Flussufer, dem wir bis in die Stadt folgen. Es gibt einen Fahrradladen, der auch Kaffee hat.
Dann geht es hoch in die Stadt. Es geht sehr steil hoch und dann suchen wir die gewünschte Straße aus der Stadt raus. Daran müssen wir uns gewöhnen. Großbritannien hat ein sehr luxuriöses Bahnnetz, weil man im 19. Jahrhundert extrem viel Geld hatte und die Bahnstrecken sehr gut trassiert und oft gleich viergleisig gebaut hat. Wahrscheinlich hat die Bahn nur deshalb die bahnfeindliche Zeit unter Margaret Thatcher und John Major überhaupt überstanden.
Andererseits gibt es sehr schöne Straßen, aber die sind meistens ausgesprochen schmal und wenn es bergig ist, dann sind sie das auch, weil Einschnitte, Dämme, Talbrücken und Tunnel sehr selten sind. Man hat also steilere Steigungen als in Norwegen, Schweden, Finnland oder Mitteleuropa. Auch in den nicht speziell bergigen Gebieten in Nordengland und Südschottland durchschnittlich so viele Höhenmeter pro Kilometer wie im wesentlich bergigeren Norwegen. Dort, wo Schottland dann auch so bergig wird, ist es natürlich sogar noch mehr. Vierspurige Straßen über längere Strecken gibt es, aber bei weitem nicht so häufig wie in ähnlich dicht besiedelten Gebieten in Deutschland oder gar in Belgien. Das Straßennetz besteht eher aus vielen kleinen Straßen, von denen man einige willkürlich zu Durchgangsstraßen erklärt hat.
Letztlich ist das Verkehrsaufkommen auch entsprechend geringer, obwohl es sich natürlich auf bestimmten Abschnitten verdichtet und richtig viel werden kann. In dem Punkt ist Nordengland eher wie Skandinavien. Es ist auch relativ dünn besiedelt, aber wohl noch etwas dichter als Nordeuropa.
Aber die größte Herausforderung bleibt erst einmal, links zu fahren. Das ist extrem ungewohnt und bleibt es auch, aber wir schaffen das schon. Zu dritt ist es noch einfacher, weil man sich immer gegenseitig erinnern kann.
Die ersten 10 Kilometer von Newcastle sind noch vierspurig. Großbritannien hat relativ wenige Fahrradverbote und keine Radwegbenutzungspflicht. Und es gibt fast überalle dichte Netze von kleinen Sträßchen, so dass man einfach beliebige Umwege einflechten kann, wenn es irgendwo schön ist und man genug Zeit hat. Solange man sich an das Fahren auf der linken Seite gewöhnen kann und man auch beim Fahren auf Straßen mit vielen Steigungen Spaß hat, ist das sehr empfehlenswert für Radtouren.
Die Route ist sehr schön. Wir fahren durch das Landesinnere. Es gibt Wald und Felder, manchmal kleinere Orte, aber nie wirklich größere Orte. Der Verkehr wurde sehr wenig, sobald wir aus der Umgebung von Newcastle heraus waren.
Wir wollten gerne auf einem Zeltplatz übernachten, auch wenn das Zelten im Wald wohl durchaus eine realistische Möglichkeit dargestellt hätte. Die Zeltplätze konnten wir der Landkarte entnehmen. Sie wurden zwar in England erfunden, aber doch sind sie dort eher in großen Abständen zu finden. Kurz vor der "Grenze" zu Schottland gab es aber einen wunderbaren Zeltplatz, mit einem freundlichen Zeltplatzwart und einer schönen Lage. Und der Teil, wo wir das Zelt aufstellten, war auch noch autofrei gehalten. Außerdem gab es ein paar Flüsschen, an denen man schöne Spaziergänge machen konnte, die aber auch zum Schwimmen einluden. Was will man mehr.
Am nächsten Vormittag fuhren wir bald auf den Pass, der die innerbritische Grenze zu Schottland darstellte.
Teil 3: Schottland
Die Grenze war gekennzeichnet. Man sah, jetzt kommen wir aus England nach Schottland. Die Landschaft war gleich. Die Dialekte in nördlichen Northumberland und im südöstlichen Schottland waren etwas ähnlich, Dudelsäcke gibt's dort auch in England. Aber für den Moment waren Dudelsäcke schottisch. Und ein Musiker stand da und spielte so einen. Schön, aber auch etwas traurig die Musik. Oder nennen wir es doch melancholisch.
Die Straße ging schön weiter und jetzt kam sogar eine Stelle, wo man eine Talbrücke gebaut hatte. Das war eher untypisch, aber kommt natürlich vor. Leider nahm auch der Verkehr ganz beachtlich zu. Wir hatten ursprünglich eine kleinere Straße als Alternativroute nehmen wollen, uns das aber gespart, weil das Verkehrsaufkommen sowieso so niedrig war. Nun gewann dieser Gedanke wieder an Aktualität und zufällig befand sich dort ein Fluss, dessen Tal wir hätten überqueren sollen. Und parallel zum Fluss gab es Straßen zur weiter westlich gelegenen kleineren Straße. Vom Rastplatz aus nahmen wir erstmal eine Veloroute und kamen dann bald auf die Nationalstraße ("A-road"). Der weitere Verlauf folgte weitgehend einem wunderschönen Flusstal und hatte wirklich zunächst sehr wenig Verkehr, was sich irgendwann in der Nähe von Edinburgh ändern sollte. In Edinburgh war es eine Herausforderung, zum Zeltplatz zu finden. Es gab keine längeren durchgehenden Straßen und so mussten wir oft abbiegen und waren dann relativ spät am Abend bei dem Zeltplatz, der etwas westlich der Innenstadt in der Nähe vom Meer, aber nicht direkt am Wasser lag.
In Edinburgh legten wir einen Ruhetag ein und sahen uns die Burg an. Das ist eine sehr schöne Stadt und wir erfuhren auch einiges über die Geschichte Schottlands. Obwohl Glasgow heute größer ist, ist Edinburgh immer noch die Hauptstadt von Schottland geblieben. Für die Fahrten innerhalb der Stadt mussten wir immer genug Zeit einplanen, weil die Entfernungen lang sind und weil die Stadt in einem recht bergigen Gebiet gebaut worden ist.
Von Edinburgh wollten die Flussmündung Firth of Forth überqueren. Es gibt dort die berühmte Firth-of-Forth-Brücke für die Eisenbahn, die schon im 19. Jahrhundert gebaut und 1890 eingeweiht worden war. Sie galt damals als eine technische Meisterleistung und war fast 30 Jahre lang die Brücke mit der längsten Spannweite der Welt. Und es gab Orte South Queensferry und North Queensferry auf beiden Seiten des Wassers, wo wohl einmal eine Fähre für den Individualverkehr betrieben worden war. Das blieb uns erspart, weil eine vierspurige Nationalstraßenbrücke existiert, neben der noch eine ebenfalls vierspurige Autobahnbrücke in Bau war.
Wir folgten der Uferpromenade vom Zeltplatz nach Westen. Bald mussten wir bei einer Flussmündung nach Süden ausweichen, um zur nächsten Brücke zu kommen, aber da landeten wir auf einer Veloroute. Sie war gut ausgeschildert und asphaltiert. Süß sind die Entfernungsangaben in englischen Meilen, die oft auf halbe Meilen, Drittelmeilen oder Viertelmeilen genau angegeben waren. Überwiegend war sie einfach ein Radweg der vierspurigen Nationalstraße.
Auf der Nordseite der Brücke kam ein Ort, wo wir etwas einkaufen konnten. Dann gab es sehr viele Möglichkeiten. Es war sehr bergig, wir hatten sehr kleine Straßen und sehr wenig Verkehr. Man musste oft abbiegen. Mal hatten wir die Veloroute, mal eine Nationalstraße. Irgendwie fanden wir den Weg. Unterwegs brach mir eine Speiche. Ich machte mir schon Sorgen, dass es wie in manchen anderen Jahren jetzt wieder regelmäßige Speichenprobleme geben würde, aber es blieb dabei, dass das die einzige ernsthafte Panne auf der ganzen Reise war.
Wir fuhren nach Perth. Die Zeltplatzwartin war etwas merkwürdig. Um auf dem Zeltplatz zu übernachten, hätte man um 19:00 spätestens ankommen müssen. Dass man das Zelt aufbaut und morgens bezahlt, ging gar nicht. Völlig undenkbar. Dass sie nun um 21:30 nochmal jemanden einchecken musste, ging eigentlich auch nicht, das war eine Zumutung, den Feierabend zu stören. Und doch wurde es am Ende akzeptiert.
In Perth hatten wir wiederum Glück. Der Fahrradhändler, der meine Speichen nachzentrierte, wollte kein Geld nehmen. Und der Optiker, der eine Sonnenbrille reparierte auch nicht. Die geizigen Schotten hatten wohl Pause. Oder man war einfach auf geizige schottische Kunden ausgerichtet.
Nun kam die Straße mit den vielen Burgen. Dauernd waren Burgen am Straßenrand zu bewundern. Mal fuhren wir durch schöne Flusstäler und dann auch mal wieder über kleinere Pässe. Eine Motorradclique überholte uns. Sie fuhren auf dem kleinen Sträßchen bestimmt 200 km/h. Wenn sie auch in gutem Abstand überholten, war doch der Lärm nicht zu überhören.
In Braemar fanden wir einen Zeltplatz. Es war wieder kompliziert. Auf dem Zeltplatz war zwar noch viel Platz, aber die Zeltplatzwartin war anderer Meinung und musste erstmal prüfen, ob sie uns überhaupt akzeptieren wollte. Überraschenderweise fand sie doch noch ein Plätzchen. Der schottische Geiz, sofern er nicht ein dummes Klischee ist, machte sich an einem Aspekt bemerkbar. In den Waschräumen waren überall die Steckdosen kaputt. Deshalb war es extrem schwierig, die Mobiltelefone aufzuladen. Strom bunkern mit den heutigen Riesenakkus ist ja auch eine Frechheit. Dafür hatte dieser Zeltplatz auch eine Attraktion. Es liefen Massen an Enten herum, die man natürlich nicht füttern sollte.
Die Straße hätte nun nach Aberdeen weitergeführt. Aber Christina und Ulrich wollten nach Inverness. Da lebt das Ungeheuer von Loch Ness. Und ich wollte nach Aberdeen, und weiter nach Norwegen. So fuhren wir auf einer wunderschönen Kompromissroute für beide Ziele zusammen weiter nach Norden. Es waren ganz kleine, ganz steile Sträßchen und die Pässe waren jetzt auch richtig hoch. Gefühlt allemal.
Irgendwo kam dann der Teilpunkt. Wir fuhren noch einen Kilometer weiter in Richtung Inverness, wo wir einen Pausenplatz fanden. Dann ging es für Christina und Ulrich nach Nordwesten und für mich nach Osten weiter. Am Abend fand ich einen Zeltplatz, der mitten in einem riesigen Park lag. Es gab lange Einbahnstraßen, die zum Teil auf ehemaligen Bahntrassen verliefen. Der Zeltplatz war wunderschön, der Zeltplatzwart hatte die Rezeption stilvoll in einem Herrenhaus, das schon fast ein Palast war. Und die verschiedenen Bereiche des Zeltplatzes waren durch alte Mauern vor Wind und Wetter etwas geschützt.
Am nächsten Tag war Aberdeen nicht mehr so weit. Ich hatte mich informieren wollen, wo es dort Zeltplätze gab. Aber die lagen alle weit außerhalb und nicht in der Richtung, aus der ich kommen wollte. Am Ende erwies sich aber der Zeltplatz von Petercutler als günstig gelegen. Ich musste nur etwa 20 km vor Aberdeen wieder ein Stück nach Süden fahren, um auf die vorher verschmähte Straße von Braemar nach Aberdeen zu kommen. Da war dann ein Fluss und auf der anderen Seite irgendwo der Zeltplatz. Es war früh genug, um noch Wäsche zu waschen und eine Ausflug nach Aberdeen zu machen. Das Wetter war so gut, dass die Wäsche draußen auf der Leine trocknen konnte und ich den Wäschetrockner nicht brauchte, obwohl er im Preis enthalten war.
Ich wollte die Stadt noch etwas sehen. Auf dem Hinweg die Straße auf der Südseite und auf dem Rückweg auf der Nordseite fahren. Ich kam gut nach Aberdeen. Die exzessiven Fahrradverbote, die man anderswo oft am Rande großer Städte kennenlernt, sind in Schottland und England eher unüblich. Dort gab es auch eine Veloroute, die ich für ein Stück nehmen wollte. Sie war aber nicht mit der Straße, auf der ich fuhr, verbunden, sondern wurde mit einer Brücke überquert. Auf einem Umweg kam ich doch darauf und bald an deren Ende. Gerade da gab es einen schönen Park mit ganz tollen Gewächshäusern. Die machten zwar irgendwann zu, aber ich hatte noch etwas davon.
Ein bisschen konnte ich noch Aberdeen anschauen und im Meer schwimmen gehen. Der Fluss neben dem Zeltplatz galt als ausgesprochen gefährlich wegen der Strömung. Irgendwann abends, als es schon dunkel war, fuhr ich zum Zeltplatz zurück. Die Veloroute auf der ehemaligen Bahnstrecke machte mich neugierig und ich war positiv überrascht. Sind solche Velorouten auf ehemaligen Bahnstrecken doch oft Schotterpisten, für die man einfach den Schotter der Gleise dort gelassen hat, war es guter Asphalt und auch bei Dunkelheit schön zu fahren. Sind Bahnübergänge meistens zu sehr nervigen Hindernissen für die Radfahrer umgestaltet worden, wo man sich durch Drängelgitter zwängen muss und den "Flow" verliert, waren hier alle Querstraßen auf 20 km ausnahmslos mit unzähligen Brücken über- und unterquerbar. Es gab nicht eine einzige Querstraße auf demselben Niveau. Immer wieder waren Katzen zu sehen, deren Augen wirklich wie Katzenaugen leuchteten, wenn ich ihn ihre Richtung fuhr. Die Orientierung war schwierig, es ging irgendwie immer geradeaus, aber letztlich endete der Radweg genau an der Verbindungsstraße zwischen den beiden Ufern, die mich zum Südufer und damit zum Zeltplatz führte.
Die Bahnstrecke war einmal eine Stichstrecke von Aberdeen nach Westen. Sie war sogar zweigleisig. Und man hatte Bahnübergänge vermieden. Am nächsten Morgen wollte ich natürlich diese schöne Route auch einmal bei Tageslicht befahren. Ab dem Park ging es wieder über das innerstädtische Straßennetz weiter. Ich hatte noch etwas Zeit. Wie schon bei anderen Touren schickte ich einen Teil des Gepäcks, der sich als überflüssig erwiesen hatte, z.B. Landkarten von bereits durchreisten Gegenden weg. Im Postamt musste ich erst noch Verpackungsmaterial kaufen, was recht kompliziert war, weil ich das Paket zukleben musste. Anderswo haben die Schalterbeamten da etwas Klebeband und kleben das noch zu, während man die Formulare ausfüllt. Andererseits konnte ich gleich auch Verpackungsmaterial für das Fahrrad kaufen.
Ich wollte noch die Kathedrale anschauen. Es gibt aber drei Konfessionen und jede hat eine Kathedrale. Und es hängt davon ab, wen man fragt, welche man findet. So bekam ich eine kleinere Kathedrale zu sehen, die auch schön war. Und dann war schon meine Zeit um.
Ich musste zum Flughafen fahren. Es ist schon erstaunlich, dass Aberdeen und Stavanger, beides Städte mit gut 100'000 Einwohnern, eigene internationale Flughäfen haben, auf denen große Düsenflugzeuge starten können. Und dass es noch direkte Flüge von Aberdeen nach Stavanger gab. Aber das sind die Ölmetropolen von Schottland und Norwegen. Die Geschäftsbeziehungen sind eng. Und es gibt Spezialisten im Ölbusiness, die mal in Aberdeen und mal in Stavanger Arbeit finden. So musste ich nicht über Oslo oder London fliegen. Aber die Möglichkeit, mit einer Fähre nach Norwegen zu kommen, die es früher mal gab, war auch nicht mehr da.
Ich hatte versucht, herauszufinden, ob es im Flughafen einen Verpackungsservice gebe. Das war unmöglich. Man kam immer an Roboterstimmen und musste mit Nummern sich durch Menüs hangeln. Nirgendwo war in diesem virtuellen Labyrinth ein Mensch zu erreichen. Auch nicht mit Hilfe der Touristeninformation. Das ist übertriebene Automatisierung und nicht mehr kundenfreundlich. Die Antwort war banal, es gab keinen, aber ich hatte Verpackungsmaterial gekauft und konnte mein Fahrrad damit einwicklen. Das wurde so akzeptiert.
Teil 4: Fjordnorwegen
Nach einem Flug von einer guten Stunde kam Stavanger schon. Ich bekam das Fahrrad und das ganze Gepäck zurück und es war noch alles einigermaßen in Ordnung. Die Luft musste ich noch aufpumpen und bei einer Tankstelle konnte ich dann den Nenndruck einstellen. Vom Flughafen nach Stavanger war es noch recht weit. Der Zeltplatz liegt zwar auf der Seite der Stadt, von der ich kam, aber doch nahe an der Innenstadt. Wie leider so oft bei Flughäfen ist deren Umgebung mit vielen Fahrradverboten belastet. Ich habe versucht, einen anderen Weg zu finden, aber der Zeltplatz wollte irgendwann zu machen und da wurde es schon knapp mit diesen Irrfahrten extra für Radfahrer.
Trotzdem konnte ich abends noch einen Blick in die Stadt werfen. Hier war vom Zeltplatz in die Innenstadt eine Autobahn wegen Bauarbeiten vorübergehend aufgehoben und so ging es diesmal besser als sonst.
Am nächsten Tag konnte ich mich noch etwas eindecken mit Essen und dann ging es zur Fähre nach Tau. Die fährt oft und lange, aber wohl nicht mehr lange. Sie soll durch einen Unterwassertunnel ersetzt werden. Ab Tau war ich plötzlich im dünn besiedelten und bergigen Norwegen. Hier ist der Preikestolen, ein Berg, der fast senkrecht abfällt. Diesmal war das aber leider nicht auf meinem Programm.
Es regnete leicht, es war sehr bergig, die Landschaft war wunderschön. Ich wollte auf der N 13 nach Røldal fahren. Die sollte angeblich sehr lange Tunnel mit vielen Fahrradverboten haben, die ich ignorieren würde. Bei dem wenigen Verkehr sogar noch lieber als sonst.
Eine weitere Fähre kommt noch auf dem Weg. Und kurz vor dieser blieb ich für die Nacht. Der Zeltplatz war, wie so oft in Norwegen, ein alter Bauernhof. Man stellte die Zelte quasi im Garten auf. Einige der Gäste dieses Zeltplatzes sollte ich auf dieser Reise noch an anderen Tagen wiedersehen. Ich sah sie auf anderen Zeltplätzen oder sogar auf der Straße, zum Teil sogar mehrmals und hunderte von Kilometern entfernt.
Nach der Fähre gab es zwei Möglichkeiten. Man kann über einen Pass und über Sauda fahren. Ich blieb aber auf der N 13. Die verlief eher im Tal, an Sehen und Flüssen, aber zunächst nur mit kurzen Tunnelstrecken. Die kleinen Steigungen brachten genug Höhenmeter.
Die langen Tunnel, die richtig großen Pässe und auch die Fahrradverbote blieben aus. Kurz vor Røldal war ein Sattelschlepper von der Straße abgekommen. Nun waren zwei Abschlepp-Lastwagen gekommen und sie arbeiteten mit Stahlseilen und Brettern und dern Reifen daran, ihn wieder aus dem Graben zu bekommen. Das Abstützen dieser Abschlepper machte schon große Löcher in die Fahrbahn. Niemand konnte vorbei. Ein Bus hatte schon einige Stunden warten müssen. Ich hatte Glück, weil sie schon fast fertig waren. Danach war es nicht mehr weit bis Røldal.
In Røldal gibt es mehrere Zeltplätze. Ich ging zu dem, der am See lag. Und es gibt einen schöne Stabkirche.
Der nächste Tag beinhaltete die Überquerung des Røldalfjells. Um mir das Leben nicht unnötig schwer zu machen schickte ich einfach noch einmal Dinge, die ich jetzt nicht mehr brauchte, per Post weg, bevor ich richtig losfuhr.
2005 hatten wir den Tunnel gemieden und sind über den Berg geradelt. Das war viel schöner. 1985 gab es den Tunnel noch nicht. Diesmal wollte ich relativ weit kommen und mal die andere Variante fahren. Also fuhr ich durch den Tunnel. Der brachte nicht so viel, weil er ein ziemlich weit oben gelegener Scheiteltunnel ist, der vor allem sicherstellt, dass die Straße im Winter nur selten gesperrt werden muss.
Nach dem Tunnel hatte ich einen wunderschönen Blick auf den Gletscher Folgefonn. Das Wetter war auch noch toll.
Bald wurde das Tal sehr eng. Die Straße teilte sich, die E 134 ging weiter nach Haugesund. Das war 1988 eine sehr schöne Strecke und ist es bestimmt auch heute noch. Aber ich bog auf der N 13 nach Norden ab und fuhr in Richtung Odda.
Die Tal ist hier sehr eng und die Straße ist über längere Strecken einspurig mit Ausweichstellen. Die Begehrlichkeiten nach einem "tollen" Tunnel, der diesen Engpass umfährt, sind wohl vorhanden, auch wenn die Straße gut auszureichen scheint. Wie immer kommt man dort bei dem Wasserfall Låtefoss vorbei, der interessant ist, weil er sich oben teilt und weiter unten wieder zusammenfließt. Die Touristenströme mit ihren Bussen sind zuverlässig. Und der Regen durch die Wassertropfen des Wasserfalls auch, bei gutem Wetter und passendem Sonnenstand einschließlich Regenbogen.
Bei der Touristeninformation in Odda hätte man sogar duschen können, aber ich brauchte nur banale Informationen über Zeltplätze und so etwas. 1985 und 2005 war ich auf der Westseite des nun folgenden Sørfjords gefahren. Diesmal sollte es wie schon 1989 wieder mal die Ostseite sein. Beide Seiten haben ihren Reiz. Die Westseite ist verkehrsmäßig etwas ruhiger, aber den Unterschied würde ich nicht überbewerten. Früher gab es dort längere unbeleuchtete Tunnel. Die gibt es in Norwegen noch, aber nicht mehr an dieser Straße. Und man hat von der Ostseite gelegentlich nochmal einen Blick auf den Folgefonn-Gletscher. Wer mehr Zeit hat als ich und gerne auch mal dem Fahrrad eine Pause gönnt, findet auf dieser Seite gelegentlich Anstiege zum Hardangervidda, um einzelne Highlights oder längere Wanderungen zu genießen. Meine Erfahrung sagt, dass man sich für so einen Ausflug einen ungefähr Tag Zeit nehmen sollte, weil das doch immer alles lange dauert.
Das tolle ist aber auf beiden Ufern, dass das ein Obstbaugebiet ist. Man kann überall leckere Kirschen kaufen. Und das Wetter war toll. Und der Sørfjord ist ein sehr schöner Fjord. An dessen Nordende in Kinsarvik gab es früher eine bedeutende Fährverbindung, um einerseits über den Hardangerfjord nach Kvanndal zu kommen und andererseits über den Sørfjord nach Utne. Später hat man dann gegenüber einen 8 km langen Tunnel gebaut, leider mit Fahrradverbot, und dann ist eine Fähre von Brimnes nach Bruravik wichtiger geworden. Den Zeltplatz in Bu, wo ich 2005 war, auch nicht mehr. Die gibt es nicht mehr, doch dazu kommen wir noch.
Die Fähre über den Sørfjord nach Utne und weiter nach Kvanndal ist dagegen noch vorhanden, lag aber nicht auf meinem Weg. Am Abend fand ich einen ganz tollen Zeltplatz direkt am Hardangerfjord. Man konnte sogar Feuer machen. Und es waren Franzosen, die ich auf dem Zeltplatz zwischen Stavanger und Røldal getroffen hatte, da.
Der nächste Tag führte mich dorthin, wo früher der Zeltplatz von Bu war. Dieser wurde sozusagen von Amts wegen geschlossen, weil man den Platz brauchte, um die Baustelle für die Hardangerbrücke zu betreiben und dort Fahrzeuge abzustellen. Danach war das Verkehrsaufkommen so weit gestiegen,dass der typische Norwegenurlauber es nicht mehr attraktiv finden würde, auf so einem lauten Platz zu übernachten. So hatte die Zeltplatzbetreiberin stattdessen heute ein Café. Sie erinnerte sich noch an meinen Besuch von 2005 und sogar daran, dass wir 2005 Englisch und jetzt Norwegisch miteinander sprachen.
Die neue Brücke wollte ich gleich einmal ausprobieren. Es gab einen Radweg mit einem Tunnel, der von der Stelle, wo das Café war, zur Brücke führte. Der Tunnel war noch eine Sehenswürdigkeit, weil es darin Kunstwerke gab und auch in einem Container irgendwo neben dem Radweg. Auf der Nordseite konnte man nach rechts abbiegen und auf einer kleinen Nationalstraße, der N 572, in Richtung Ulvik fahren. Es ging extrem steil auf und ab, dann folgte ein Abschnitt in der Nähe des Fjords. Ich fuhr bis zu dem alten Fähranleger, der jetzt völlig verfallen und heruntergekommen war, weil die Fähre durch die neue Brücke obsolet geworden war.
Es ging dann wieder zurück zum Café und dann weiter auf der N 7 in Richtung Hardangervidda. Auf dem Südufer fuhr ich zum zweiten Mal den Hardangerfjord entlang. Dieser Abschnitt wird auch Eidfjord genannt, ein Name der sehr häufig für Fjorde verwendet, z.B. für den Eidsfjord in Finnmark, der sich auf der Nordkinnhalbinsel fast mit dem Hopsfjord trifft. In der Nähe des Orts Eidfjord am Ende Fjords gibt es ein riesiges Wasserkraftwerk, das man besichtigen könnte. Für mich ging es aber schon weiter nach Osten.
Teil 5: Fjellnorwegen
Der Anstieg zum Hardangervidda ist erstmal sehr flach. Dem Fluss Eio folgend muss man einen kleinen Höhenunterschied zu einem See überwinden. Dort hat man die Wahl, über die neuere Straße mit längeren Tunneln oder über die alte Straße, die heute Radfahrern vorbehalten ist. Dies war meine Präferenz. Es gab ein paar kurze Tunnel und viel Blick auf den See Eidfjordvattnet und wenige Autos. Und natürlich gab es die Möglichkeit, dort schwimmen zu gehen.
Am Ende des Sees kommt ein kleinerer zweiter Ort, Øvre Eidfjord. Dann sollte die Reise bald zu Ende sein. Das nun folgende Måbødal hat neue Tunnel mit Fahrradverboten. Die alte Straße ist wunderschön und für Radfahrer hergerichtet. Vielleicht sogar der schönere Aufstieg, wenn man die Wahl hat. Diesmal war der aber auch für Radfahrer gesperrt, weil dort Felsstürze stattgefunden hatten. Man hatte also die Wahl, sich nach oben zu beamen, die Reise abzubrechen, eine völlig andere Route zu suchen oder einfach durch die neuen Tunnel zu fahren. Beamen wäre zwar cool, aber ich wollte die schönen Abschnitte zwischen den Tunneln nicht verpassen und ehrlich gesagt habe ich die Technologie, mich durch Tunnel zu tunneln, noch nicht ganz verstanden. Das brauchte ich auch nicht, weil ich ja ein Fahrrad dabei hatte. Am darauffolgenden Tag wurde das Fahrradverbot sowieso ausgesetzt, weil da ein langes Radrennen stattfand.
Dieses Tal ist wunderschön. Es gibt einen tief eingeschnittenen Fluss und die Straße steigt ziemlich steil mit Serpentinen und vielen Tunneln an. Oben angekommen hatte ich von einem Rastplatz sogar einen schönen Blick auf den [[Vøringfossen||Vøringfoss]]. Oben angekommen ist natürlich relativ zu verstehen.
Die Überfahrt über das Hardangervidda erreicht etwa 1200 Meter. Nach dem Måbødal öffnet sich die Landschaft aber etwas und man kommt mit wenigen Serpentinen langsam in das Hochland. Der häufig verwendete Begriff einer Hochebene ist für mich etwas verwirrend. Das Gelände ist keineswegs flach, sondern bergig mit Tälern und Bergspitzen, wobei die Höhenunterschiede sich im Bereich von wenigen hundert Metern bewegen.
Autofans träumen davon, dieses riesige Gelände mit dem Hardangerviddatunnel zu unterqueren. Ich habe Plakate gesehen, auf denen dafür geworben wurde, sich für dieses Projekt zu engagieren.
Die Fahrt von Bergen nach Oslo verläuft für Autofahrer und vor allem Lkw-Fahrer trotz der Hardangerbrücke über die nördlichere Europastraße und durch den Lærdalstunnel. Das ist zwar weiter, aber die Strecke ist wohl besser ausgebaut und auch flacher. Nun hatte es auf der Lærdalstrecke einen Tunnelbrand gegeben, wodurch sie für mehrere Monate gesperrt werden musste. Das hätte sicher für mich den Anreiz gegeben, Teile dieser Route zu befahren, weil dort weniger Autos unterwegs sein sollten. Und weil auf der Hardangerroute ein größerer Ausweichverkehr zu erwarten wäre. Beides stimmt wohl nicht. Die durchschnittliche Autofahrt ist in Deutschland 8 km lang, in Norwegen mögen es vielleicht 20 km sein. Das Verkehrsaufkommen entsteht zu einem sehr großen Teil durch lokaleren Verkehr. Die Fahrten von Oslo nach Bergen sind sicher nicht ganz zu vernachlässigen, aber sie spielen doch nur eine untergeordnete Rolle. So war auf dem Hardangervidda relativ wenig Verkehr. Lokale Ziele gibt es kaum, wenn man einmal das weiter Umfeld des Vøringfoss, wo zumindest viele Ferienhäuser und vielleicht auch Erstwohnsitze stehen, verlassen hat.
Irgendwo auf dem Hardangervidda fand ich eine schöne Stelle, um die Nacht zu zelten. Es waren noch andere Reisende da und in dieser Gegend ist auf über 1000 Metern Höhe kein Wald und kein Strauch mehr zu finden. Zum Glück ist mein Zelt sehr windbeständig und es war ja nicht einmal windig.
Die Fahrt über das Hochland ging am nächsten Tag noch lange weiter. Irgendwann habe ich den höchsten Punkt von etwa 1250 m überschritten, aber der war wegen des vielen auf und ab nicht gut zu erkennen. Es ging dann mehr abwärts als aufwärts und irgendwann kam die längere Abfahrt in Gegenden, wo es wieder leichten Wald und auch Bebauung gab. Dort traf die Bahnstrecke von Bergen nach Oslo auf die Straße und sollte jetzt für eine längere Zeit in der Nähe zu sehen sein.
Neben der Bahnstrecke gibt es auch eine MTB-Route, den sogenannten "Rallarvegen". Wenn man sein eigenes Fahrrad für diese Route zu schade findet oder einfach keine Lust auf Speichenbrüche auf dem Rest der Reise hat, kann man dort auch Fahrräder mieten. Da ich noch weit kommen wollte, war das mehr ein Merken für das nächste Mal in dieser Gegend als eine tatsächliche Tour auf dieser berühmten Route. Ich nahme die Abzweigung zur Kenntnis und fuhr weiter. In Geilo konnte man einkaufen. Die ersten Teilnehmer des Fahrradrennens, das hier enden sollte, konnte ich noch sehen.
Nun ging es langsam, aber kontinuierlich bergab. Bald waren wieder richtige Wälder normal. Es gab Seen, die in der Sonne glitzerten. Ja, gutes Wetter in Norwegen ist möglich. In Torpo gab es eine tolle Stabkirche. Leider wurde der Verkehr auch langsam mehr und Oslo rückte in greifbarere Nähe. Das waren jetzt nur noch 200 Kilometer und Gegenden, die für norwegische Verhältnisse relativ dicht besiedelt sind, ziehen sich von Oslo durch die Täler recht weit nach Norden und Westen.
Das ist alles nicht dramatisch. Aber es war doch Zeit, mal wieder abzubiegen. In Gol bot sich die Querung des Golsfjell an, um nach Fagernes zu kommen. Ich wollte jetzt Quer zu den Tälern fahren. Da gab es auch immer wieder Straßen, oft mit relativ wenig Verkehr. Aber man muss immer wieder ein Stück nach Norden oder Süden versetzen, um Hindernisse wie Berge und Gewässer zu umfahren oder um einfach eine Ost-West-Straße zu finden. Die ist dann immer relativ bergig, während die Nord-Süd-Straßen sich mehr ins Tal einpassen und über eine längere Strecke für norwegische Verhältnisse relativ flach sein können. So umging ich Oslo weiträumig, ca. 130 km nördlich. Nun war aber das Golsfjell dran. Ich wollte wenigstens noch hoch fahren und dann oben eine Übernachtung suchen. Es sollte sogar Zeltplätze geben.
Da stand tatsächlich ein Zeltplatzschild. Es gab auch ein Fest. Man sagte mir aber, dass das ein Witz sei. Aber dann fiel ihnen ein, dass sie mich ja einfach zu dem Fest einladen könnten. Und am Schluss konnte ich da auch übernachten.
Am nächsten Morgen ging es wieder über das Hochland des Fjells. Diesmal war es aber noch von Wäldern geprägt. Ich traf zum dritten Mal Leute aus der Tschechischen Republik, die ich zwischen Stavanger und Røldal kennenlernt hatte. Irgendwie sah es aus, also könne man die Abfahrt noch optimieren. Die Straße führte nach Fagernes, etwas nach Norden, aber ich wollte ein Stück nach Süden versetzen.
Am Ende lohnte es sich nicht, dubiose Straßen zu suchen und ich blieb auf der Nationalstraße bis ich auf die E 16 stieß. Die sollte ja verkehrsarm sein, wegen der Unterbrechung weiter im Westen, was natürlich kaum eine Rolle spielte, weil die Unterbrechung viel zu weit weg war. Aber es gab eine ehemalige Bahnstrecke. Die war zu einem asphaltierten Radweg gemacht worden, der sich auf dem kurzen Abschnitten den ich in diesem Tal fahren wollte, gut eignete. Ich habe ja eher gemischte Erfahrungen mit diesen Radwegen auf ehemaligen gemacht, weil sie oft zu vielen Querstraßen Vorfahrt gewähren müssen und durch Hindernisse verunstaltet werden, so dass sich flüssiges Fahren nicht ergibt. Dieser war aber gut. Bald wollte ich sowieso auf der N 33 nach Osten abbiegen. Es ging am Hang mit einer ganz leichten gestreckten Wellenlinie hoch. Rechts konnte man immer wieder das Tal sehen, das ich gerade verließ. Dann war plötzlich ein See auf etwa gleicher Höhe und es kam das Hochland und schon bald wieder die Abfahrt.
Etwas später kam ich an einem Rastplatz vorbei, wo es sehr schöne Felsritzungen gab, die in der Nähe des Wasserfalls Møllerstufossen lagen.
Diese Straße wurde dann selbst eine relativ große Nord-Süd-Straße. Sie verlief in der Nähe von Dokka vorbei. Dann folgte sie über ein langes Stück auf dem Ostufer des Randsfjord, eines langgestreckten Sees. Manchmal heißen in Norwegen auch Seen "Fjord". In Fluberg wurde die nach Süden verlaufende Straße in Richtung Oslo die N 34 und die N 33 bog nach Osten ab. Das war mein Ziel.
Ich wollte nach Gjøvik fahren. Hier war es nun sogar auf Ost-West-Straßen relativ viel Verkehr. Gjøvik sollte einen Zeltplatz haben. Niemand wusste so recht davon, aber ich fuhr einfach in meine Richtung weiter. Leider gab es in der Gegend von Gjøvik viele Fahrradverbote, aber bei Dunkelheit sieht man die Schilder ja nicht. Und es war schon etwas dunkel. Weil ich diesmal im August und nicht wie sonst üblich im Juli unterwegs war, wurde es tatsächlich nachts dunkel. Ich fuhr also auf der N 4 in Richtung Lillehammer.
Bald kam ein Wegweiser zu einem Zeltplatz. Man musst nach links abbiegen. Einen steilen Berg hoch fahren. Dann auf der alten N 4 wieder einen halben Kilometer zurück in Richtung Gjøvik. Dann ging eine steile und lange Abfahrt zur N 4 zurück, die mit einer Brücke überquert wurde. Es ging noch viel weiter runter. Unten war der Zeltplatz. Super ausgeschildert, wenn auch der Straßenverlauf für die Witzstunde war. Der Zeltplatz auch. Man erklärte mir, dass es ein Vereinsplatz sei, der nur für Mitglieder zur Jahresmiete offen sei. Und dass ich ja wegen des Jedermansrechts einfach unten am Strand zelten könne. Das war auch viel schöner und morgens im Mjøsasee zu baden war auch noch ein Bonus.
Am nächsten Morgen bei Tageslicht konnte man von der Brücke eine Rampe zur N 4 erkennen. Ohne Fahrradverbot, vielleicht etwas inoffiziell, aber gerade richtig. Ich musste nun den See umfahren. Nicht ganz, denn bei Moelv gibt es eine Brücke. Die Brücke hatte sogar einen Radweg, aber die Anschlüsse an beiden Seiten waren total heruntergekommen, in schlechtem Zustand und sowieso sehr merkwürdig geführt. Es war nicht einfach, die Brücke zu finden. Auf der anderen Seite wollte ich die Nationalstraße nach Hamar nehmen. Es gibt als Falle für diejenigen, die einfach dem Seeufer folgen, eine große Halbinsel, auf die man sich verirren kann. Das passierte mir diesmal nicht.
Ich kam an der romanisch erbauten und später umgebauten Kirche von Ringsaker vorbei. Dort abzubiegen vermied die Sackgasse, aber ich konnte sie mir auch anschauen. Mit ein bisschen Zickzack und kam ich nach Brumundal. Ich blieb auf der Nationalstraße, die hier mit der parallel verlaufenden Autostraße gebündelt war und so auch die Querstraßen mit Brücken unterquerte. Sonst wäre ich durch den Ort Furnes (in Norwegen und nicht in Belgien) gekommen, der in Norwegen auf den meisten Gullideckeln erwähnt ist.
In Hamar bestellte ich die Fähre von Finnland nach Schweden. Es wäre wohl vorteilhaft gewesen, Hamar zu umfahren. Dann ging es relativ zügig auf der N 25 nach Westen. Diese Straße hat leider relativ viel Verkehr, der Trick mit den Ost-West-Straßen zieht in diesem Fall nicht. In Norwegen ist man es wie in der Schweiz nicht gewohnt, außerörtliche Nationalstraßen über längere Strecken vierspurig auszubauen, sonst wäre das hier wohl ein Kandidat. Da vierspurige Straßen mehr Verkehr anziehen, hat es auch Vorteile, diesen Ausbau zu vermeiden. Die ganze Strecke bis Elverum hatte Straßenbeleuchtung.
Diese Route waren wir 2006 gefahren. Die Passhöhe zwischen Mĵøsa und Glåmma ist hier relativ niedrig und die parallel verlaufende Bahnstrecke kommt ohne Tunnel aus. Der vorläufig letzte Tunnel kommt auf der anderen Seite von Elverum, wo der Anstieg aus Tal beginnt. Die Straßenbeleuchtung ging noch gut 10 km weiter nach Osten, bis zur Abzweigung der N 207. Diese Gegend ist landwirtschaftlich genutzt und relativ dicht besiedelt.
Jetzt führte die Straße in sehr dünn besiedeltes Gebiet. Der Verkehr wurde immer weniger, je weiter ich mich von Elverum entfernte. Irgendwann sollte ja Trysil kommen, aber das ist nur in der Wintersportsaison ein wichtiges Reiseziel.
Das Hochland lag jetzt sicher in der Waldzone, aber es gab immer Steigungen und Abfahrten und viele Höhenmeter. Es ist die typische Taiga-Landschaft, die ab hier für den Rest der Reise überwiegen sollte. Auch hier war das durchaus interessant. Es gab viele Flüsse, Moore, dann mal Orte mit guter Aussicht. Und wir erinnern uns, dass keine Mitternachtssonne so weit im Süden scheint, aber dass es im Juni und auch im den ersten Juliwochen so weit im Norden trotzdem die ganze Nacht hell ist. Im August gibt es richtige Dunkelheit und es wurde Zeit, eine Übernachtung zu suchen. Ich wählte denselben Zeltplatz wie 2011 Sjøenden.
Der ist sehr schön an einem kleinen See gelegen, nicht an dem Ende des namensgebenden Osen. Ich traf noch ein Paar aus der tschechischen Republik, die in dieser Gegend gewandert waren und die sich wohler fühlten, den letzten Tag noch auf diesem Zeltplatz statt in Oslo zu verbringen. Es ist ein schöner Zeltplatz, aber ich hatte mich verpflichtet, das Schiff zu erreichen, das nach Finnland fährt.
Am nächsten Tag ging es weiter mit vielen Höhenmetern durch die Gegend, bis die lange Abfahrt nach Trysil kam. Diesen Ort ließ ich diesmal aus, da ich glaubte, noch genug Lebensmittel zu haben. In dieser Gegend muss man so etwas immer gut planen, weil die Orte, wo man Essen kaufen kann, sehr selten sind und oft nur über Umwege erreicht werden können. Außerdem ist es mit den Öffnungszeiten auch nicht immer sehr großzügig geregelt. Da war es schon relevant, dass ich in Hamar noch eingekauft hatte.
Ein paar Kilometer vor Trysil gibt es seit etwa zehn Jahren eine neue Brücke über die Trysilelva, die weiter oben Femundselva und weiter unten Klarälven heißt. Der Anstieg ist wieder so schräg am Hang in einer gestreckten Wellenlinie, bis man im Hochland angekommen ist und nach Osten abbiegt. Auch diese Strecke ist sehr bergig. Insbesondere im Sommer und erst recht im August ist dort sehr wenig Verkehr. Es kommt noch der zur Gemeinde Trysil gehörende Ort Østby, über den man etwas wegen seiner Kirche lesen könnte, aber ich habe die nicht angeschaut... Danach weiß man nicht so recht, wo die Straße noch hinführt. Damit die Nationalstraßen schön verbunden sind, hat man in Schweden und Norwegen ganz kleine Sträßchen zu zweistelligen Nationalstraßen gemacht und an der Grenze verknüpft. Nun gibt es von Trysil und erst recht von Elverum nach Malung, Mora und Sälen eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie man fahren kann und so führte die N 25 1994 einfach nach Fulunäs, einem Ort mit drei Häusern, während man nach Sälen irgendwo rechts abbiegen durfte. Heute darf man einen Umweg nehmen, um die tolle Nationalstraße zu benutzen, die auch nur ein ganz kleines Sträßchen ist, aber so ausgeschildert. In der Praxis darf man sich seine Route aber selber aussuchen, auch wenn immer mehr Menschen der Meinung sind, dass das die Autorität des Navis ist. Das habe ich auch getan. Beim Planen der Route ließ sich Google-Maps fast nicht dazu bewegen, so fahren zu wollen, wie ich wollte, aber letztlich kannte ich die Route und wollte nur die Entfernung abschätzen.
Dieser Abschnitt ist für meinen Geschmack noch etwas schöner als der von Elverum nach Trysil. In Støa ist der letzte Ort in Norwegen, wenn man davon überhaupt reden kann. Es lohnt sich aber doch, dort vorbeizuschauen, weil früher einmal dort ein interessanter Kanal gebaut worden ist, der nur wenige Kilometer lang war. Er diente nicht Schiffen, denn dazu war er viel zu klein, sondern Baumstämmen. Bis etwa Anfang der 90er Jahre hat man im großen Stil Holz transportiert, indem man es in die Flüsse geworfen hat. Beim Empfänger wurde es dann herausgefischt. Damit war festgelegt, wohin man das Holz verkaufen konnte. Die Abrechnung hat anscheinend geklappt. Aber wenn man Pech hatte, lagen die Wälder an einem Fluss mit billigen Holzpreisen, weil keine zahlungskräftigen Empfänger am Unterlauf waren. Und beim Klarälven in der Gegend von Karlstad konnte man besser verdienen. Die Wasserscheide zwischen Ljøra und Klarälven war hier leicht zu überwinden. Der Rest ist Geschichte, weil heute leider alles mit Lastwagen transportiert wird, selbst dort, wo man keine so aufwändigen Kanäle unterhalten müsste. Witzigerweise wird diese Talverbindung von keiner Straße genutzt.
Aber von diesem Støa gibt es auch eine Straße nach Norden, die lange parallel zur schwedischen Grenze verläuft und diese dann doch irgendwann überquert. Nordöstlich von Støa liegt das Fulufjäll bzw, auf norwegisch Fulufjell. Das ist ein Naturschutzgebiet und ein Teilgebirge, das man umrunden kann, aber das von keinen Straßen durchquert wird. Es liegt zum Teil in Schweden und zum Teil in Norwegen. Es gibt auf beiden Seiten Flüsse. Der östliche heißt Fulan und weiter unten dann Fuluälven, der westliche Göran, norwegisch Ljøra und weiter unten Görälven. In Fulunäs vereinigen sie sich zum Västerdalälven und irgendwo landet das Wasser dann weit nördlich von Stockholm in der Ostsee.
In dieser Gegend suchte ich mir eine schöne Stelle im Wald für die letzte Nacht in Norwegen. Es kam noch mal ein Ort Ljørdalen mit ein paar Hundert Einwohnern. Die direkten Straßen nach Østby und Trysil sind Sand- oder Schotterwege und wahrscheinlich sehr bergig. Meine Routenwahl war gut, auch wenn die Asphaltqualität zum Teil so schlecht war, dass ich mit der Geschwindigkeit heruntergehen musste. Die Gegend ist sehr schön der Fluss so ein typischer Taigafluss mit vielen Steinen und rauschendem Wasser, aber kein Wildwasser. Bald kam die Grenze und damit der nächste Teil.
Teil 6: Schweden
Von Ljørdalen fuhr ich also nach Gördalen, dem viel kleineren, aber fast gleichnamige Ort im anderen Land. Diese Gegend war bis etwa gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges norwegisch, allerdings war damals ganz Norwegen dänisch. Im Frieden von Frieden von Brömsebro wurden Härjedalen, Jämtland, der westliche Teil von Dalarna und übrigens auch Gotland schwedisch. Die Grenze ist ja heute sehr durchlässig. Aber hätte ich dieselbe Radtour vor 1645 gemacht, wäre sie nur etwa zwei Tage durch Schweden verlaufen.
In Gördalen traf ich eine Gruppe von Wanderern, die mit ihrer Verkehrsmittelwahl bei der Anreise zu fechten hatten. Sie hatten ihr Auto irgendwo geparkt und waren durch das Fulufjäll gewandert. Nun war es eine Herausforderung, zum Parkplatz zurück zu kommen.
Mit dem Umfahren der Berge war es so eine Sache. Die Straße stieg mächtig an und der höchste Punkt lag bei etwa 800 Metern. Die Bäume wurden schon lichter. In dieser Gegend entspringen beide Flüsse relativ nach beieinander. Etwas weiter abwärts gab es einen wunderschönen Badesee.
Danach ging es wieder abwärts und ich hätte nun schön durchfahren können bis Särna. Erstmal kam noch ein schöner see. Dann wollte ich doch noch ein bisschen vom Fulufjäll sehen. Interessant sind der höchste schwedische Wasserfall Njupeskär und der älteste Baum der Welt Old Tjikko. Im Ort Mörkret, was wohl so viel wie "Dunkelheit" heißt, ging es also noch einmal auf den Berg. Zum Wasserfall liefen alle Leute, man musste nur mitgehen. Die Wanderung ist recht lang. Aber ich wollte auch Old Tjikko sehen. Der Standort ist unbekannt, aber 2011 hatte ich ihn gefunden.
Ließe sich das wiederholen? Eine Führung gab es jedenfalls zu dieser Zeit auch nicht. Ich fragte noch Wasserfallbesucher, ob sie Lust hätten, den ältesten Baum der Welt zu sehen, aber das interessiert niemanden.
Also ging ich alleine auf die lange Wanderung und fand den Baum auch diesmal wieder. Den Wasserfall schaute ich mir auch an. Über beides habe ich schon geschrieben...
Old Tjikko fand ich auch wieder...
Nun wollte ich es noch bis Särna schaffen, um noch etwas zu kaufen. Das waren ein paar Kilometer in die falsche Richtung, aber das ließ sich nicht ändern. Die Straße von Mörkret nach Särna ist auch ganz schön. Ich musste wieder eine Wasserscheide überqueren, um diesmal zum Österdalälven zu kommen, an dem Särna ja liegt. In Schweden haben die Läden abends lange offen, aber nicht in Särna oder nicht in Särna im August. Nur eine Tankstelle hatte noch etwas.
Särna hatte übrigens einmal in guten Bahn-Zeiten eine Bahnverbindung nach Malung.
Etwas nordwestlich von der Straße nach Mörkret fand ich dann einen Selbstbedienungszeltplatz an einem tollen See. Es waren also einige andere Leute da.
Ich fuhr weiter in Richtung Røros, Drevsjø und Grövelsjön. Etwa auf halbem Weg von Särna nach Idre zweigt die N 311 nach Norden ab. In dieser grenznahen Gebirgsgegend wohnt fast niemand. Es ging etwas bergauf, aber nicht so steil wie ich es vom Vorbeifahren 2006 und 2011 in Erinnerung hatte. Die Straße folgte einem Flusstal ein Stück weit. Es gab ein paar wenige Querstraßen, aber die waren alle nicht asphaltiert.
Irgendwo teilte sich die Straße. Geradeaus ging es über einen ziemlich hohen Pass, vielleicht den höchsten in Schweden, nach Lofsdalen und Hede und nach links führte die N 311 nach Funäsdalen weiter, von wo man auch wieder nach Norwegen kommen kann. Und irgendwo zweigte nach links noch ein Sandweg ab, der nach Idre führt, aber wohl kaum Vorteile bietet gegenüber dem kleinen Umweg über die asphaltierte Straße, die ich genommen hatte.
Die Straße kam wirklich wieder in Bereiche, wo die Vegetation dünner wurde. Und dann kam Lofsdalen. Ein Ort mitten in der Landschaft, wo es aber alles gab. Ein Lebensmittelladen war gut sortiert. Und es gab ein riesiges Sportgeschäft. Und noch mehr Läden. Das ist ein Wintersportgebiet.
Nun war es auch vorbei mit den ganz kleinen Sträßchen, auf denen ich seit Østby überwiegend gefahren war. Ich traf irgendwann auf die N 84 von Sveg nach Hede, Funäsdalen und Røros. Da durfte ich noch ganz schön lange drauf fahren. Kurz vor Hede bog ich nach Norden ab um auf diese Abkürzung von Sveg nach Östersund zu kommen, die bergiger aber kürzer als die E 45 ist. Und in Vemdalen ging ich auf einen Zeltplatz.
Auch hier hatte man einmal eine Bahnstrecke von Sveg nach Hede über Vemdalen. Noch relativ lange gab es da saisonale Züge für die Wintersportler.
In Vemdalen konnte man einkaufen. Und Post verschicken. Es kam wieder der Anstieg, wo die Straße mit einer gestreckten kurvigen Linie immer bergauf auf einen Berg zuführte und man immer wieder überlegen konnte, wie sie nun an dem Berg vorbei führt. Oben war dann wieder ein Wintersportgebiet und es war alles ganz logisch.
Dann ging es wieder herunter, die Gegend wurde etwas offener und die richtigen Gebirgsgebiete waren vorbei. Und doch kam zum Ort Klövsjö jetzt noch einmal eine ganz ordentliche Steigung. Die zog sich durch den ganzen Ort und danach ging es noch weiter bergauf. Nicht mehr so hoch wie vorher. Eine schöne lange Abfahrt führte dann bis zur E 45, der ich nun bis etwa zum Storsjön folgen wollte. Man kann in Svenstavik zum Westufer fahren, aber ich blieb auf dem Ostufer. Mein Schiff nach Finnland wirkte sich aus und es war jetzt wegen der Tageszeit und der Lage der Wochenenden auch nicht mehr möglich,das umzubuchen.
In Hakkås verließ ich die Europastraße und fuhr auf einer ganz schönen ruhigen Straße am Seeufer entlang bis nach Östersund. Die Stadt erreichte ich einfach auf zwei Brücken über den See und dann durchquerte ich sie noch. Schade, es wäre schön gewesen, da noch etwas länger zu bleiben. Auf der der anderen Seite nahm ich die N 87 nach Sollefteå. Es wurde schon wieder bald dunkel und ich wollte noch ein Stück fahren. Die Straße stieg langsam an. So dass man es merkte, aber nicht schwierig. Irgendwann war ich bei Indalsälven gelandet, der vom Storsjön zur Ostsee fließt. Der Ausfluss ist aber viel weiter westlich und so musste ich einen Berg überqueren, um diesen Fluss zu erreichen.
Ich fand abends eine tolle Stelle am See für mein Zelt.
Am nächsten Tag fuhr ich das Tal des Indalsälven. Am Vormittag kam ich in Lillsjöhögen an einer Stabkirche vorbei. Das ist zwar das falsche Land, aber sie ist auch erst 2011 gebaut worden, also nicht "echt".
Die nächste Zeit fuhr ich dann am Fluss entlang. Die Straße war mal am Wasser und mal etwas oberhalb. Es gab schöne Seen, wohl überwiegend Stauseen. Aber überwiegend war es ähnlich wie das Mittelrheintal, nur dünner besiedelt und mit Taigawäldern statt Wein.
Später am Tag gab es Bahnstrecken zu sehen. Die sogenannte Stammbahn (schwedisch Stambanan) führt von Mittelschweden nach Boden, Luleå, Kiruna, Narvik und Haparanda in Lappland. Sie hat einen merkwürdigen Verlauf durch das Landesinnere, obwohl fast alle größeren Städte an der Küste liegen. Man sagt, dass das Wünsche von Militärleuten waren, die auch nach Besetzung eines Küstenstreifens noch Truppentransporte durchführen wollten. Warum man dafür nicht mit der Inlandsbahn schon gesorgt hatte, ist mir ein Rätsel, aber das nehmen wir mal so hin. Von Sundsvall nach Umeå hat man die Botniabahn gebaut, die eine direktere Verbindung bietet, und es könnte sein, dass diese irgendwann bis zur finnischen Grenze verlängert wird.
Ich fuhr jedenfalls jetzt vom Fluss weg nach Norden und die Straße lief ein Stück weit parallel zur Stammbahn. Abends war ich in Sollefteå. Die meisten dieser å-Städte liegen in der Küste. So sieht es jedenfalls auf den Karten, die wir gerne anschauen aus, auch wenn es noch bis zu 20 km von der Stadt an dem breiten Fluss entlang bis zum Ostsee sein kann. Die Reihenfolge der vier großen å-Städte ist alphabetisch von Norden nach Süden Luleå, Piteå, Skellefteå und Umeå.
Sollefteå liegt aber im Landesinnern, weit von der Küste weg. Noch weiter als 20 km und der Fluss heißt auch nicht wie bei den anderen vier so wie der Ort, wenn man das "å" durch "älv" ersetzt. Durch Sollefteå fließt nämlich der Ångermanälven, einer größten Flüsse in Schweden, den ich auf einer Brücke überqueren konnte. Man kann auf der N 90 weiter in Richtung Norden fahren und auf den Inlandsvägen stoßen. Oder auf kleineren Straßen in Richtung Küste fahren.
Es wurde schon dunkel, als ich in die Richtung weiterfuhr. Die Suche nach einer Zeltstelle gestaltete sich schwierig. Es kam ein Ort nach dem anderen und dazwischen waren immer kurze landwirtschaftlich genutzte Gebiete. Irgendwann überquerte die Straße einen kleinen Höhenzug. Obwohl es überwiegend steil war, fand ich dort eine Stelle für das Zelt.
Am nächsten Morgen merkte ich, dass etwas mehr Geduld sich gelohnt hätte.. Wenige Kilometer weiter hätte es eine Zeltstelle an einem See gegeben. Ich fand etwas später noch ein Mobiltelefon auf der Straße. Der Besitzer ließ sich ermitteln, weil es nicht mit Pin o.ä. gelockt war. Er hat mich dann irgendwo auf der Straße getroffen und sein Gerät zurückbekommen. Leider hatte er zwei verloren und nur eines hatte ich gefunden. Vielleicht hat inzwischen ein anderer Finder ihm das zweite auch zurückgeben können.
Etwas südich von Örnsköldsvik kam ich auf die E 4. In dieser Gegend hat die nicht so furchtbar viel Verkehr, aber doch einiges. Von Örnsköldsvik bis Umeå war sie fast vollständig eine 2+1-Straße. Das heißt, dass es eine Mittelleitplanke gab und immer abwechselnd für etwa 1800 Meter eine der beiden Fahrtrichtungen zwei Spuren und die andere nur eine hatte. Ganz kurze Abschnitte waren auch vierspurig, wie auf dem Foto zu sehen ist. Früher war die E 4 in dieser Gegend eine zweispurige Straße mit breiten Randstreifen. Das war perfekt zum Fahrradfahren. Der zweispurige Abschnitt ist auch immer gut. Der einspurige ist aber sehr schmal und die Leitplanke zwingt die Autos und vor allem Lkws dazu, mit relativ kleinem Abstand zu überholen. Man kann das vermeiden, indem man weit genug links fährt und die Autos erst dann vorbelässt, wenn sie abgebremst haben. Weiter nördlich hat man offenbar bei dieser Gelegenheit den Straßenquerschnitt angepasst und die einspurigen Abschnitte hatten jeweils einen brauchbaren Randstreifen. Noch weiter nördlich, zwischen Piteå und Luleå war die E 4 trotz relativ wenig Verkehr weitgehend vierspurig. In Schweden ist man das gewohnt, so etwas zu bauen.
Ich fuhr an diesem Tag die ganze Zeit weitestgehend parallel zur neuen Botniabanan, die südlich von Örnsköldsvik auch ein kleines Stück durch das Landesinnere verläuft. Aber man sah davon wenig, weil sie doch einige Tunnel hat und selten zu sehen ist.
Schweden sollte auf dieser Tour niemals flach werden. Auch die Küste war hier recht bergig und die Höhenmeter kamen auch ohne große Maximalhöhen noch zusammen. Etwa 20 km vor Umeå war es schon ganz dunkel. Ich fand einen Rastplatz, wo sehr viele Lkw-Fahrer sich für die Nacht einrichteten. Nach einer kleinen Pause musste ich selber aber schon noch weiter fahren. Kurz danach wurde die E 4 vierspurig mit breiten Randstreifen, die aber bald aufhörten. Weitgehend kreuzungsfrei ging es bis an den Stadtrand von Umeå. Es war dunkel und die Straßenbeleuchtung fing erst spät an dort an. Die Straßen waren schon ziemlich ausgestorben und ich berührte den Ort nur am Rande mit ein paar Kreiseln, dann war ich schon auf der E 12 nach Osten. Ja, man meint, dass Umeå an der Küste liegt, aber zum Hafen sind es doch noch mehr als 15 km. Auf beiden Seiten des Umeälven gibt es Straßen, aber die Europastraße auf dem Südufer war prima und kaum von Autos befahren, außer ein Pulk Gegenverkehr, als die letzte Fähre aus Finnland ankam.
Das Zelt baute ich im Hafengelände auf, mit Blick auf das Schiff. Da übernachteten noch andere Leute, die am nächsten Morgen auf die erste Fähre wollten. Die fuhr um 9:00 und ich stand um 6:30 auf. Zelt abbauen, nochmal kurz im Meer schwimmen gehen und dann soll man ja eine gute Stunde vorher da sein... Alles klappte prima.
Vom Schiff aus konnte man sehen, wie große Teile von Windturbinen auf Lkws verladen wurden. Die brauchten übergroße Sattelschlepper mit endlos vielen Achsen, die wohl nur als Spezialtransporte fahren können. Es war schon interessant, wie sie die Teile eines nach dem anderen verluden. Irgendwo im Hinterland werden sie dann wohl aufgebaut.
Teil 7: Finnland
Die Schiffsfahrt war sehr ruhig. Ich konnte ganz ordentliches Essen für Frühstück und Mittag bekommen, aber nicht vergleichbar mit dem, was auf der Fähre von Kiel nach Oslo so serviert wird. Am frühen Nachmittag war ich in Finnland. Auch in Vaasa liegt der Hafen etwas außerhalb, aber die Entfernung ist hier nur vielleicht 3 km, sowohl zum Zeltplatz als auch zum Zentrum. Ja, es sollte ein Ruhetag werden. Das Wetter war super. Ich konnte Wäsche waschen und brauchte den Trockner nicht zu verwenden. Die Badestelle war auch super.
Die Stadt Vaasa ist ganz nett, aber nicht speziell der Ort, für dessen Sehenswürdigkeiten alleine man so weit anreisen würde. Und der Sonnenuntergang über der Ostsee war sehr schön!
Am nächsten Tag ging es weiter in Richtung Tampere. Der Autoverkehr war recht heftig. Die Straße war durchgängig beleuchtet. Und ich hatte ja noch etwas Zeit, um einen kleinen Umweg zu fahren. So bog ich bald von der kürzesten Route ab und fuhr weiter nach Osten. Gefühlt bogen alle Autos mit mir ab, es wurde kaum ruhiger und die Beleuchtung blieb. Die Gegend war übrigens recht flach, tatsächlich zum ersten Mal seit den Niederlanden. Kein Problem, nach etwa 20 km sollte ich wieder nach rechts auf eine kleinere Straße abbiegen. Das änderte auch nichts. Es ging an Seinäjoki auf der Umgehungsstraße vorbei und dann bog meine Straße wieder nach rechts ab. Nun hörte die Beleuchtung 100 km nach Vaasa auf und der Verkehr wurde auch wenig. Abends kam ich nach Alavus und dort war es schon dunkel. Ich fuhr in Richtung Süden weiter und fing an, nach einer Stelle für die Nacht Ausschau zu halten. Das war nicht einfach, weil sich Siedlungen und Felder abwechselten, aber irgendwann kam dann doch Wald und eine besonders schöne Stelle für die Nacht. Nur die Seen fehlten den ganzen Tag und auch an dieser Übernachtungsstelle.
Die Straße führte am nächsten Tag schön nach Süden. Ich musste sogar noch etwas nach Westen zurückversetzen, dann kam die Straße nach Tampere. Und irgendwann so 30 km vor Tampere auch der Verkehr. Eine vierspurige Straße führte in die Stadt und durch sie hindurch. Es gab Wegweiser zum Zeltplatz, die anscheinend über einen riesigen Umweg um die Stadt herum führten und dann irgendwann im Sande verliefen. Aber mir konnte jemand den Weg sehr gut erklären und dann ließ er sich gut finden. Die Lage des Zeltplatzes war sehr schön an einem See. Ja, es gibt auch in Finnland Seen, sogar viele, nur nicht zwischen Vaasa und Alavus. Es war noch fast hell, als ich ankam und ich konnte noch etwas von Tampere sehen. Die Stadt ist sehr schön gelegen auf einer Landenge zwischen zwei Seen. In alten Zeiten hat man oft solche Orte für Städte bevorzugt. Ein Fluss verbindet die beiden Seen. So ist allein von der Lage Tampere schon wunderschön.
Am nächsten Tag ging es schon wieder weiter in Richtung Süden nach Pälkäne. Das sollte eine etwas kürzere Etappe werden und ich hatte Zeit, unterwegs noch Dinge anzuschauen.
Die Etappe nach Helsinki sollte nun wieder etwas länger werden. Es war ein Tag mit etwas Regen. Ich war nun auf der Straße, die nach Lahti und dann irgendwie nach Sankt Peterburg und Lappeenranta führen würde. Hier im Süden von Finnland ist das Straßennetz aber dicht und es gab eine gute Diagonalverbindung zur N 130, die direkt von Tampere nach Helsinki führt.
Nun lag der Zeltplatz aber im Osten von Helsinki, ich musste also irgendwann wieder herunter auf eine andere Straße, die mehr im Osten in die Stadt reinführt, um möglichst wenig auf den verkehrsreichen Straßen im Umfeld der Stadt zu fahren. Die versteckte sich aber, und als ich nachschaute, wann denn die Abzweigung kommen würde, war sie schon vorbei, aber man hatte auf die Kennzeichnung mit Wegweisern verzichtet. Südfinnland hat ein dichtes Straßennetz... Alles kein Problem, die richtige Straße war nur 12 km von meiner entfernt und es wurde insgesamt noch ein paar wenige Kilometer länger. Die Gegend war recht hügelig. Flach war Finnland in diesem Jahr nur zwischen Vaasa und Alavus. Nun war es vorbei mit der dünnen Besiedlungsdichte. Und die Helligkeit verschwand auch langsam. Ich war nun auf der N 45, die schön am Flughafen vorbei zur Stadt führt, aber auch noch zu weit westlich. Nochmal 8 km weiter östlich war die N 140 von Lahti. Der Verkehr nahm nun schon langsam etwas ab, es war dunkel, aber natürlich beleuchtet.
Bald endete meine Straße auf der sechsspurigen Umgehungsstraße von Helsinki. Die hatte eine größere Baustelle, aber das war mit dem abnehmenden Verkehr nicht mehr so schlimm. Ich fuhr ungefähr nach Südosten. Es kam die Abzweigung für die Autobahn nach Sankt Petersburg und einen Kilometer danach kam die Nationalstraße nach Sankt Petersburg. Ab dieser Abfahrt hatten sie ein Fahrradverbot aufgestellt, aber da wollte ich sowieso abbiegen. Leider blieb es aus, noch nach St. Petersburg weiterzufahren.
Ich bog nach rechts ab und fand dann meinen Weg in den Stadtteil mit dem Zeltplatz. Eine totschicke vierspurige kreuzungsfreie Straße mit der interessantesten Straßenbeleuchtung, die ich je gesehen habe, führte nach Norden zum Zeltplatz und dann weiter in Richtung Innenstadt.
Beim Zeltplatz gab es auch eine U-Bahn-Station, aber ich wollte doch selber in die Stadt fahren. Eine meist sechsspurige Straße führte bis fast zur Innenstadt. Die Fahrradverbote waren ein bisschen Interpretationssache, weil sie nur sehr sporadisch aufgestellt waren und weil die Alternativrouten ein riesiges Gebastel waren.
Was macht man in Helsinki? Nun es gibt einige Dinge anzuschauen, vielleicht mehr als ich an dem einen Tag sehen konnte. Die Stadt liegt am Meer, nicht wie Umeå, sondern wirklich. Es gibt nahe am Stadtzentrum Häfen. Die sind heute nicht mehr relevant für Warentransport, der längst in moderne Häfen weit außerhalb des Zentrums verlegt worden ist. Nur die Fähren nach Tallinn (Reval) und Stockholm legen noch ziemlich nahe am Zentrum ab.
Der Rest des ehemaligen Hafens wurde oder wird zu Lifestyle-Quartieren umgestaltet. Ich konnte die Uspenski-Kathedrale, die Temppeliaukio-Kirche und den Dom anschauen. Schön war auch eine Schiffsrundfahrt, auf der man die Inseln und die küstennahen Stadtgebiete sehen konnte. Es gibt viele Inseln vor Helsinki.
Am frühen Abend startet ein größerer Lauf, für den viele Straßen abgesperrt wurden. Das war aber gut genug bekannt und ich konnte mich darauf einstellen und auch noch durchkommen. Eine ehemalige Bahnstrecke war zu einem Radweg umgebaut worden. Sie lag in einem Graben und alle Querstraßen querten mit Brücken, so dass man sehr schnell und ungestört vorankommen konnte, wenn auch nur für zwei Kilometer. Verbindungsrampen hatten sie nicht vergessen.
Am zweiten Tag konnte ich noch einmal etwas von der Stadt anschauen. So am frühen Nachmittag musst ich mich auf den Weg zum Flughafen machen.
Teil 8: Rückreise
Ich nahm diesmal die S-Bahn. Diese Linie zum Flughafen hat ungefähr eine Tropfenform, die spitze Seite liegt beim Hauptbahnhof, die runde Seite beim Flughafen. Man sagt, dass die S-Bahn noch nicht fertig sei. Die Gleise liegen schon und werden befahren. Aber die Station beim Flughafen soll einmal mehrere Ausgänge haben. Im Moment gibt es nur den Ausgang zur falschen Seite und von dort ist es sehr weit bis zum Terminalgebäude. Man hat deshalb Busse, um diesen Weg zu bewältigen. Auch mit dem Fahrrad war es eine ziemliche Runde, wenn man den Straßen folgte, aber das ging ja schnell und war sogar gut ausgeschildert.
Nun war ich drei Stunden vorher da. Es war genug Zeit, um das Fahrrad aufzugeben und die Reservierung war auch korrekt. Ich stellte mich beim Check-In an, um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist, wie man es mir bei der telefonischen Buchung versprochen hatte. Nun, es war alles in Ordnung. Außer einer Fahrradbox, die ich hätte haben müssen, um mitzukommen. Wie man die über so einen lange Tour transportieren soll, ist immer eine lustige Frage. Oder wie man sie am Sonntag beschaffen soll.
Man empfahl mir, zum "Serviceschalter" im Untergeschoss zu gehen. Dort würden sie vielleicht Boxen verkaufen. Aber sie hatten nur große Plastiktüten für Fahrräder, die zwar 5 EUR kosten, aber nichts bringen würden, wie man mir sagte. Zumindest nichts bringen in Bezug auf die Mitnahme in dem Flugzeug.
Man empfahl mir, zu "Arrivals" zu gehen. Es kommen ja auch Radfahrer mit Boxen an. Aber nicht in diesem Moment. Und die Boxen werden immer sehr schnell nach der Ankunft entsorgt.
Der nächste Stopp war der Supermarkt. Ich ließ mir die Kartonsammlung zeigen. Die Hälfte nahm ich mit. Dazu noch viel Klebeband und 50 Meter Klarsichtfolie. Und ich hatte sowieso schon genug Luftpolsterfolie in der Post gekauft.
Nun hatte ich noch etwas Zeit, das Fahrrad mit Luftpolsterfolie einzupacken. Dann wurden die Kartons auseinandergeschnitten. Und ich konnte eine Box bauen, die das Fahrrad komplett umschloss. Am Schluss wurde das ganze noch mit 50 m Klarsichtfolie umwickelt.
Der Herr vom Check-In kam und klebte mir einen Aufkleber auf die Box. Er habe mich schon eingecheckt, denn ich müsse zum Gate. Er ging noch mit mir mit zur Sperrgepäckaufgabe und nahm mein restliches Gepäck an, das ich auf zwei Gepäckstücke reduziert hatte. Wenn ich mich beeile, würde ich es noch zum Flugsteig schaffen. Aber mein Fahrrad könnte eventuell etwas später ankommen.
Es klappte alles, sie ließen mich noch einsteigen. Und ich hatte einen Fensterplatz und konnte sehen, dass mein Fahrrad eingeladen wurde.
In Zürich dauerte es lange, bis das Gepäck kam. Und ich musste an zwei Orten Gepäck einsammeln. Es passte alles Gepäck und das Fahrrad in der Box auf so einen Kofferkuli, wie es sie früher in Bahnhöfen und heute nur noch auf Flughäfen gibt. Und in Flughafenbahnhöfen. Im Zug vom Flughafen nach Olten konnte ich das Fahrrad auspacken und dann damit und mit dem ganzen Gepäck und dem Material der Box nach Hause fahren.
Es gibt eine Landkarte mit der Route und eine Tabelle.
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