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Fahrradtour durch Deutschland, Schweden, Norwegen und Finnland

Karl Brodowsky, gefahren 1987-07-21 - 1987-09-04, geschrieben 1994

Teil 1

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Von den über 140 Fahrradtouren die ich gemacht habe, davon einige kurze (2 Tage), einige lange (5 bis 8 Wochen), habe ich vor ein paar Jahren einfach einmal eine lange ausgesucht, die dann als erste in der Fahrradnewsgruppe und inzwischen auch im WWW erschien. Wenn man so etwa 5 oder 6 Wochen unterwegs sein will, schafft man dies im Inland bei uns nicht so leicht, weil man Deutschland in einer Woche in Nord-Südrichtung durchfahren kann. In der Schweiz dauert das auch nicht viel länger und in Österreich habe ich das in jungen Jahren sogar einmal an einem Tag geschafft. In Ost-West Richtung sah es damals noch trauriger aus, weil Honecker und Co. noch das Sagen hatten und die paar Straßenübergänge über die Zonengrenze alles für Radfahrer gesperrte Straßen waren, die leider auch noch kontrolliert wurden, so daß ich alle Reisen in die damalige DDR mit dem Zug unternahm.

So mußte ich mich entscheiden, ob ich nach Norden oder nach Süden fahren wollte und es wurde Norden, in der Hoffnung, daß dort der Verkehr durch weniger Autos gestört wird. Ich wohnte damals in Karlsruhe. Weil ich das Fahrrad noch für den Teil der Reise in Skandinavien brauchte, gab ich es nicht mit dem Zug auf, sondern fuhr das Stückchen bis Kiel lieber selber. Es gibt einen Weg, der zumindest die größten Städte (Hamburg, Frankfurt und Hannover) meidet und fast flach ist. Schöne Städtchen wie Heidelberg, Darmstadt, Göttingen, Salzgitter und Braunschweig zeigen sich dann eher von ihrer häßlichen Seite, wenn man da durch will oder muß, aber irgendwie habe ich das dann doch geschafft. Da kann man vielleicht geteilter Meinung sein, jedoch habe ich immer lieber die Städte mit dem Zug besucht und auf den Radtouren lieber die Gegend zwischen den Städten sehen wollen.

Es ging eben über Bruchsal, Heidelberg, Darmstadt, Babenhausen, Hanau zum Kinzigtal nach Gelnhausen, am nächsten Tag dann die alte IC-Strecke entlang am Kinzigsee vorbei auf der N 40 bis kurz vor Fulda und danach auf der N 27 an Fulda, Bebra und einigen kleineren Orten vorbei nach Göttingen. Der lange Tunnel der Bahnlinie Frankfurt - Fulda zwischen Schlüchtern und Flieden ist sozusagen die Unterfahrung des einzigen nennenswerten Berges zwischen Karlsruhe und Kiel, den ich dann allerdings im Gegensatz zu den Fahrten mit dem Zug zur Abwechslung überquerte. Der Preis für die Vermeidung von Hannover und Hildesheim ist dann das endlose Gummidorf Salzgitter und Braunschweig mit 20 Umgehungsautobahnen, 200 Ampeln für Radfahrer und ohne Wegweiser. Nördlich davon kommt dann bald die Lüneburger Heide. Die ist übrigens im Wesentlichen ein riesiger Wald, der kaum durch echte Heide und ein paar landwirtschaftliche Nutzflächen unterbrochen wird. Die Naturlandschaft war ja wohl auch Urwald, der nur durch Abholzung und Schafzucht zur Heide wurde, bevor das Land wieder aufgeforstet wurde. Das war dann eine gute Einstimmung für Lüneburg selbst.

Von dort ging es dann am vierten Tag auf der N 404 nach Kiel. Das war einmal eine Strecke die sich sehr gut legal befahren ließ und die alle Ortsdurchfahrten vermied. Natürlich wurde inzwischen der Radweg abgerissen und das Ding erst zur Kraftfahrtstraße und später zur Autobahn erklärt. Man muß entweder stundenlange Umwege (genaugenommen vielleicht nicht viel mehr als zwei Stunden, wenn man es tatsächlich finden sollte) fahren oder man läßt diesen Schwachsinn bleiben und folgt weiter den Wegweisern.

Das Benutzen von Fährschiffen war zu der Zeit gerade besonders sicher, weil kurz davor eine Fähre in Belgien gekentert war und deshalb die Seeleute zu dieser Zeit besonders aufmerksam waren, damit ihnen nicht auch so etwas passiert. So konnte ich in dem Schiff nach Göteborg ruhig schlafen, nachdem ich mich an das Motorengeräusch gewöhnt hatte.

In Göteborg hatte ich das Glück, daß man auf dem Weg, den ich einschlug, schnell aus der Stadt herauskam. Die Straße nach Trollhättan (N 45) kann man sogar nehmen, wenn man von dort in Richtung Oslo oder Stockholm will, aber ich wollte zwischen beiden irgendwo in der Mitte durchfahren und dafür war das dann sowieso der richtige Weg. In Trollhättan gibt es einen sehr schönen Wasserfall, der nur leider den Nachteil hat, normalerweise zugunsten eines Kraftwerks abgeschaltet zu sein. Als ich da war, war natürlich auch gerade "normalerweise", aber das ist ja auch einmal etwas besonderes, so einen abgeschalteten Wasserfall zu sehen, was andere nicht einmal in Niagara zu sehen bekommen. Außerdem durfte man das alte und das neue Kraftwerk besichtigen. An fünf oder sechs Stellen in der Nähe waren Informationsstände der Kraftwerksbetreiber für Touristen und selbstverständlich bekam man eine Einzelführung. Das neue Kraftwerk sah von innen ungefähr so interessant aus, wie mein Computer von außen, aber das alte war schon etwas anderes, das sah noch aus wie ein Wasserkraftwerk.

Am Abend übernachtete ich irgendwo in der Nähe der Nordwestecke des Vänersees. In Schweden ist es unter bestimmten Umständen gestattet, im Wald zu zelten, wenn man dabei nicht im Garten von Leuten, im Feld eines Bauern, auf Militärgelände oder im Naturschutzgebiet übernachtet und es vermeidet, den Wald anzuzünden oder Bäume zu fällen. Sagen wir einmal rücksichtsvolles wildes Zelten wird toleriert. Man muß ja einiges beachten, zum Beispiel sollten über dem Zeltplatz keine schweren toten Äste hängen, die in Kanada "widow maker", also Witwenmacher genannt werden, weil man in einer fremden Gegend schlecht die nächtliche Windstärke vorhersagen kann (kein Witz!!!). Ein Moorboden ist dagegen empfehlenswert, da man dann 1000 Jahre später mit etwas Glück als Moorleiche im Museum zu bewundern ist und auf diese Art zu großem Ruhm gelangen kann. Militärgelände, Straßenränder, Gärten mit bissigen Hunden und ähnliches erfordern immer so viel Schnaps, damit man trotz des Lärms gut schlafen kann und der ist dort so teuer. Also sucht man sich einen schönen Waldweg und geht zu einer Stelle, die von der Hauptstraße nicht mehr einsehbar ist. Beim dritten oder vierten Waldweg habe ich manchmal solch eine Stelle gefunden, es gibt nämlich dann oft Ausweichstellen oder Verbreiterungen, die einem Zelt Platz bieten und wo nicht mit zu vielen nächtlichen Besuchern zu rechnen ist. Notfalls muß man das Fahrrad noch ein Stückchen tragen, um zu einer geeigneten Stelle zu kommen. Wenn man für zwei Zelte oder ein Zelt und ein Auto Platz sucht, wird das schon schwieriger, der Aufwand steigt wahrscheinlich mit dem Quadrat der Anzahl der Plätze, die man braucht. Außerdem ist das Tragen von Autos auch nicht einfach, wenn der Lack nicht beschädigt werden darf.

Wie dem auch sei, Schweden hat den Vorteil, daß dort das Wildzelten erlaubt ist und daß man dafür passende Plätze finden kann. In Norwegen ist es auch erlaubt, aber man findet wegen der Berge nicht so leicht einen Platz und in Finnland findet man einen Platz, aber es ist nicht erlaubt.

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