Der Rückweg in die Heimat
Aber dann kam doch der Tag, wo ich in den sauren Apfel beißen mußte, um mir den Stockholmer Stadtverkehr anzutun. Das ist ja alles kein Problem, aber ich hatte auch noch vor, mich durch das ganze Gewühl an einem einzigen Tag durchzufinden, ohne unterwegs unter Parkbänken zu übernachten. Das war die Schwierigkeit. Dagegen waren die schmalen Straßen in Norwegen, wo es gleich neben dem Straßenrand ein paar 100 Meter runter geht, noch direkt einfach. Aber mir gelang auch das, ohne dabei zu naß zu werden. Übernachtet habe ich dann sogar irgendwo in der Nähe von Södertälje oder so. Ich war von Stockholm noch so benebelt, daß ich es vergessen habe.
Nun kam ich wieder eher durch landwirtschaftlich geprägte Gebiete, aber in der Nähe von Mjölby gab es doch trotzdem einen Wald, wo sich die eine, aber nicht die andere Nacht verbringen ließ. Am nächsten Tag ging es dann richtig zur Sache. Erstmal fuhr ich auf einer schönen Strecke direkt am Vättersee entlang, sogar bei so gutem Wetter, daß mir das viel Spaß machte. Dann kam irgendwann Jönköping, das nun wiederum an Fahrradfreundlichkeit gewisse Ähnlichkeit mit Stockholm aufweist. Irgendwie hatte ich einmal wieder versucht, so die amtlichen Strecken zu fahren, die man daran erkennt, daß sie nicht für Radfahrer gesperrt sind. Obwohl es davon so wenige gibt, erwischte ich doch die falsche und kam irgendwo in der Gegend von Taberg heraus. Das war ja auch ganz schön, jedenfalls für die eine Nacht, die ich dann gleich in der Gegend verbrachte. Zwölf Jahre später sollte ich noch einmal dorthinkommen und mir die Sache viel genauer ansehen. Deshalb weiß ich jetzt, daß ich damals in einer sehr interessanten Gegend übernachtete.
Der Weg über die Berge oder Hügel oder wie man das nennen soll, wenn man vorher in Norwegen war, war doch trotzdem erstaunlich steil. Aber dann kam ich recht schnell voran, auf der E 4 in Richtung Süden. In Markaryd durfte ich dann bei einem Bauern, den ich von einer Radtour ein Jahr davor kannte, in so einem Schuppen übernachten, was wegen des umständlichen Zeltes ja doch ein beachtlicher Vorteil war. Er versuchte mir wieder ein bißchen Schwedisch beizubringen und ich war ja auch ein winziges Stück weiter, aber immer noch Anfänger. Mein erster Schwedischkurs fing dann ein paar Wochen später bei Wulf Alex an.
Von Markaryd war es nicht mehr so furchtbar weit nach Helsingborg, wo ich doch zu einer guten Tageszeit ankam und gleich noch nach Dänemark übersetzen konnte. Dort hatte sogar der Aldi noch offen, als ich in Hillerød einzukaufen versuchte. Das war ein Erlebnis, daß ich direkt für mein Geld wieder eine ganze Menge kaufen konnte. Der Weg um Kopenhagen herum war natürlich wieder derselbe wie auf dem Hinweg, denn nach dem Stockholmer Stadtverkehr wollte ich nicht dasselbe nochmal in Kopenhagen ausprobieren. Dabei setzte ich mir in den Kopf, meinen Lieblingszeltplatz in Køge anzusteuern. Das schaffte ich ja auch, aber ganz schön spät. Immerhin stand mein Zelt so geschützt zwischen Büschen und Kiefern, daß ich ein wirklich dickes Gewitter in der nun folgenden Nacht relativ gelassen zur Kenntnis nehmen konnte.
Am nächsten Tag fuhr ich wieder auf der Vogelfluglinie nach Süden. Die Gegend hatte hier wieder erstaunliche Ähnlichkeit mit Landschaften in Deutschland, wenn man vorher im Land der Fjorde war. Aber ich näherte mich ja auch wieder der Heimat. Irgendwo auf Falster war dann der Teilpunkt, wo die E 64 nach Süden weiterging und die E 4/Vogelfluglinie nach Westen abbog. Dort war auch ein Informationsstand von der Fähre Gedser - Lübeck, die wohl nicht mehr gekostet hätte als Rødby - Puttgarden. Es wurde aber absehbar, daß es nach der Fähre abend sein würde und ich hatte damals nicht so die rechte Idee, wo ich in Lübeck am besten übernachten sollte. Vor allem wollte ich auch einmal den Weg von Deutschland nach Norwegen selber gefahren sein, hin und zurück so weit, wie es damals ging. Östlich um die Ostsee herum ist erst heute eine Möglichkeit und das hätte ich in den kurzen Ferien nicht geschafft. Aber über die Vogelfluglinie mit dem geringsmöglichen Anteil der Seestrecke am Gesamtweg, das war eine Möglichkeit und die Vogelfluglinie bog nach Westen ab. Die Fähre nahm mich auch noch mit nach Deutschland. Da war es aber schon dunkel, so daß ich nicht mehr viel sehen konnte. Der Weg durch Fehmarn und über die Brücke herüber auf das Festland war aber noch drin. In der Nähe von Heiligenhafen übernachtete ich dann aber doch einmal. Als ich am nächsten Morgen aufwachte und losfuhr, kam ich wieder auf die E 4 und hatte von deren Damm eine schöne Aussicht auf die Rapsfelder. Ich freute mich, daß ich wieder zuhause war.
Aber meine Radtour war noch nicht zuende, ich hatte noch genug Zeit, um ein bißchen vom kürzesten Weg abzuweichen. So fuhr ich nun doch erst einmal nach Lübeck und dann auf einer Hauptstraße über Kastorf und Lütjensee oder Großensee oder so nach Hamburg. Naja, wenn man von Stockholm noch nicht genug hat, ist man halt selber schuld, aber man kann ja auch das Fahrrad in der S-Bahn mitführen, um sich das größte Gewühl zu sparen. Irgendwie ging es auch wieder heraus durch das Elbtal über Pinneberg, Elmshorn und Itzehoe wieder nach Norden. Jetzt wurde es schon wieder dunkel, aber ich hatte ja eine Lichtanlage und dann auch bald Straßen, die fast so leer waren wie ich es in Norwegen und Schweden so geschätzt hatte. So fuhr ich auf der N 77 (auf dem letzten Stück N 77/E 3) bis Rendsburg und dann irgendwie noch nach Bünsdorf, einem kleinen Dörfchen nördlich des Kanals, das damals mein Zweitwohnsitz und vor allem zu einer etwas komischen Nachtzeit das Ende dieser schönen Radtour war.