Teil 1
In diesem Jahr wollten wir zum ersten Mal seit 2002 einmal wieder etwas länger unterwegs sein. Die Idee war diesmal, das ganze skandinavische Hochgebirge von Ost nach West zu durchqueren. Es hätte sich also angeboten, zum Beispiel von Uppsala nach Bergen zu fahren. In diese Richtung gingen die Planungen ja auch erst einmal. Nun ist es leider nicht ganz so einfach, Startorte in Schweden zu erreichen, weil die Bahn dort nicht so gerne Fahrräder mitnimmt. Wir hatten ja schon einmal versucht, das auf dem Luftweg zu erreichen, aber im Jahr 2000 hatte man bei SAS Angst, daß das Tandem zu groß für das Flugzeug ist. Finnair ging da schon eher. Aber mit Finnair via Helsinki nach Stockholm zu fliegen, kam uns dann doch zu absurd vor. Und im ich hatte ja im Jahr 2000 im Bahnhof von Malmö SAS-Mitarbeiterinnen getroffen, die völlig schockiert waren, daß man keine Tandems mitnehmen wollte. Sie hatte es dann abgeklärt und gemailt, daß es doch geht. Also hatten wir das versucht, aber SAS-Leute in der Schweiz waren eisern und stornierten unsere Buchung, nicht ohne uns zu informieren. Wir beschlossen also Stockholm lieber erstmal vergessen. Andere Länder in Nordeuropa haben ja auch Hauptstädte und nach Oslo sollten wir schon kommen.
2006-07-07 2006-07-08 Wie so oft nahmen wir den CityNightLine nach Hamburg, den Eilzug nach Kiel und die ColorLine nach Oslo. Zu dieser Zeit war gerade Weltmeisterschaft und als wir auf dem Schiff waren, lief gerade das Spiel "Deutschland - Portugal" um den dritten Platz. Sie hatten für die Reisenden eine große Leinwand aufgestellt und so konnten wir das Spiel auf dem Schiff sehen.
2006-07-09 Nun hatten wir aber keine Lust, aus Oslo rauszufahren und so nahmen wir von Oslo bis Hamar einen NSB-Zug. Dann wollten wir nach Elverum fahren und auf den Zeltplatz. Zeltplätze hatten uns immer mit dem Fernseher im Aufenthaltsraum genervt, aber diesmal war das ja eine Idee, dort das Endspiel zu sehen. Naja, wir würden sehen.
Am frühen Nachmittag waren wir in Hamar. Die N 25 nach Elverum war auch schnell gefunden. Spätestens ab der Stelle, wo sie sich mit der N 3 von Oslo vereinigte, war das Verkehrsaufkommen sehr hoch, aber erstaunlicherweise war die Strecke nicht vierspurig ausgebaut. Unterwegs machten wir an einem Ort Pause, wo eine Keramikausstellung in einem alten Bauernhof war. Die haben das so schön über die verschiedenen Gebäude und Stockwerke verteilt aufgebaut, daß man regelrechte Landschaften im Gebäude hatte. Man konnte natürlich Eis und verschieden geformte Kerzen und Keramik kaufen. Wir blieben beim Eis, alles andere hätte wohl unser Gepäck überfordert.
Am frühen Abend kamen wir nach Elverum. Der Zeltplatz lag etwas südlich der Stadt am Ostufer des Glåmma, etwas südlich des Waldmuseums. Er lag sogar sehr schön. Mit dem Fußball wurde es nichts, dieser Zeltplatz hatte keinen Fernseher und wir hatten die WM und alles, was vorher in der Schweiz loswar, auch bald vergessen.
2006-07-10 Bei der Abfahrt hatten wir doch eine kleine Panne, weil Ulrich als erster fertig war und schon einmal losfuhr, auf der N 20 weiter nach Süden. Als wir es gemerkt hatten, daß er vielleicht nicht auf unserer Route war, fuhr ich mit Bernhards Fahrrad ihm hinterher und holte ihn dann auch ein. Die richtige Strecke ging zurück nach Elverum und dann auf der N 25 weiter nach Osten. Wir mußten die Wasserscheide zwischen Glåmma und Trysilelva überqueren. Wie so oft mußte man erste das Flußtal verlassen und dann oben durch eine hügelige oder bergige Landschaft fahren, mit vielen Flüssen, Seen und hauptsächlich Wald. Wir hatten Rastplätze mit toller Aussicht und trafen auch einige andere Radfahrer. Kurz vor Trysil war der Flugpatz dieser Kleinstadt und in der Nähe auch ein Zeltplatz. Der Betreiber warnte uns noch vor den Knot, kleinen Steckinsekten, die sogar da oben bei ihm abends unterwegs sind. Damit mußten wir uns abfinden, aber es war in Wirklichkeit auf dieser Reise kein großes Thema, allerdings in diesem Jahr in Trysil schon. Unten in Trysil gab es eine neue Brücke über die Trysilelva, die genau für uns paßte. Auf der anderen Seite ein Stück nach Norden kam ja wie immer der Zeltplatz.
2006-07-11 Wir blieben in Trysil für zwei Nächte. Es war ein etwas regnerischer Tag. Wir machten zu zweit einen Ausflug bis etwas nördlich von Jordet. Am Nachmittag durfte ich Heidruns MTB ausleihen und einen Ausflug nach Vestby machen. Bernhard fuhr noch ein Stück mit. Genau auf dem Westufer der Trysilelva, also etwas nördlich von der N 25, auf der wir gekommen waren, führte eine Straße durch die Berge nach Vestby. Der Anstieg kam gleich am Rand von Trysil, wo man die Skigebiete und die Feriensiedlungen dazu durchquert. Oben war es dann eine breite Sandstraße. Bei dem Regenwetter wurde natürlich alles grau. Der Ort Vestby war kaum zu sehen, so klein war der, aber es war ja eine schöne Fahrt.
2006-07-12 Für die Weiterfahrt wählten wir wieder die N 25 aus. Das ist praktisch die einzige Straße nach Osten. Als wir beim ersten Anstieg ziemlich weit oben waren, trafen wir einen Norweger, der uns einiges davon erzählte, daß in der Gegend von Trysil noch viele Leute der alten heidnischen Religion anhängen sollen, er selber vielleicht auch. Naja, er war ja ein netter alter Herr und wir haben uns gut unterhalten, aber das gegenseitige Missionieren war natürlich in beide Richtungen nicht besonders erfolgversprechend.
Diese Strecke ist mit viel Gepäck schon sehr heftig, weil es natürlich dauernd kleine Täler mit Flüssen und Seen und dann wieder Berge dazwischen gibt, aber wir hatten eine schöne Gegend und fast keine Autos mehr. In der Nähe von Østby konnten wir auch an einem schönen See eine Pause machen. In der Nähe von Støa dann noch einmal an der Stelle, wo ein winziger Kanal gebaut worden war, der nur dazu diente, Baumstämme von einem Flußsystem über die hier sehr niedrige Wasserscheide in ein anderes Flußsystem zu transferieren. So konnte die Forstwirtschaft in dieser Gegend von der holzverarbeitenden Industrie am Klarälven in Schweden profitieren.
Auf der schwedischen Seite wurde man neuerdings direkt nach der Grenze zweimal nach rechts geschickt, um nach Malung und Sälen zu fahren. Wir wollten diese Strecke einmal ausprobieren, obwohl die Straße geradeaus nach Fulunäs natürlich schneller gewesen wäre, da sie mit einem kleinen Umweg die ganze Zeit in einem Flußtal verläuft. Nun war die Straße weiterhin so einsam wie schon in Norwegen. Wir fuhren durch ein breites Tal langsam bergauf, wo wir 2002 auf dem Weg von Mora nach Höljes in der gleichen Richtung gefahren waren. Damals war das Wetter schlecht, alle hatten Hunger und alle hatten schlechte Laune. Es ließ sich aber alles lösen, als wir es schafften, trotz Regen ein Feuer an einer ungefährlichen Stelle zu machen und ein schönes Essen darauf zu kochen. Diesmal hatten wir wegen der vielen Zeltnächte im Wald sogar einen Spirituskocher dabei, was wir vorher selten hatten, da ja in Schweden fast jeder Zeltplatz eine schöne Küche mit Kochplatten hat. Durch die Verlagerung des Schwerpunkts nach Norwegen war aber auch dieses Argument etwas relativiert. Aber Kochen auf dem Feuer macht immer noch mehr Spaß, wenn man die Gelegenheit dazu hat. Oft ist das natürlich verboten, wegen der Waldbrandgefahr.
Heidrun war die schnellste von uns und so war sie die einzige, die einen Elch sehen konnte, der mitten auf der Straße stand. Früher haben wir solche Tiere nie gesehen, obwohl wir 1999 in der angeblich elchreichsten Gegend Nordeuropas waren (Halleberg bei Trollhättan), aber seit diesem Jahr war uns das jedes Jahr mindestens einmal passiert. Diesmal aber nur Heidrun, denn als wir ankamen, war der Elch schon weg. Damals hatte Heidrun noch nicht einmal eine Kamera in ihrem Telefon. Irgendwann bog unsere N 71 nach Malung wieder nach links ab und geradeaus ging es weiter nach Röbäcksnäs. Hier kamen wir jetzt durch das Skigebiet Sälenfjäll und mußten einen recht hohen Paß überqueren. Irgendwo in der Gegend suchten wir uns dann auch eine schöne Stelle im Wald für die Nacht im Zelt.
2006-07-13 Die Paßhöhe des Sälenfjells mußten wir doch noch erklimmen, da wir aber schon den größten Teil am Vortag geschafft hatten, blieb uns hauptsächlich die rasante Abfahrt bis zum Ort Sälen. In schöner Sichtweite des Västerdalsälven, der hier so richtig wie ein etwas mäandrierender Fluß westlich von uns durch das Tal floß, mußten wir noch etliche Kilometer nach Süden fahren, bis der Vasaloppsleden, den wir auch diesmal fahren wollten, nach Osten abbog und erstmal wieder auf die Wasserscheide zwischen Västerdalsälven und Vanån anstieg. Diese Straße war immer sehr einsam und verkehrsarm. Oben kamen wir wieder an schönen Seen und Mooren vorbei und irgendwann am späten nachmittag kam die Abfahrt zum Tal der Vanån, auf der anderen Seite ging es wieder hoch zur nächsten Wasserscheide zwischen Vanån und Österdalsälven. Irgendwo da oben fanden wir eine schöne Zeltstelle im Wald.
2006-07-14 Am Freitag fanden wir morgens einen See zum Baden, was ganz praktisch ist, wenn man im Wald zufällig keine Dusche gefunden hat. Dann kam bald die Trinkwaserquelle am Straßenrand, die wir auf dieser Strecke schon 1994 und 1999 verwendet hatten, um unsere Wasservorräte mit frischem Wasser zu füllen. Und nach dem Ort Evertsberg kam eine rasante Abfahrt nach Oxberg. Kurz vor Oxberg fanden wir eine schöne Pausenstelle an einem kleinen See. Da dort allerdings eine Gruppe ein Fest feiern wollte und sie dabei den ganzen See für sich haben wollten, wurden wir gebeten, uns mit der Pause zu beeilen. Die restliche Fahrt nach Mora war jetzt auch nicht mehr so weit. Wir fanden auf dem Zeltplatz wieder etwa an derselben Stelle wie 2000 und 2002 einen passenden Platz für unser Zelt, sehr nah am Strand.