Norwegen
NORWEGEN
Ich hatte ursprünglich geplant die südliche Küste Norwegens von Kristiansand bis Oslo abzuradeln. Aber ich hatte nicht genug Zeit dafür, da ich einerseits meine Promotionsprüfung erst eine Woche vor dem Start hatte und Wolfgang, den ich in den schwedischen Bergen in Näsfjällsasen besuchen wollte, nur noch bis zum 31. Juli dort blieb. Daher hatte ich mich entschieden, mit der Fähre nach Moss zu fahren, von dort zum Fluß Glåma und daran entlang ca. 300 km stromaufwärts bis Elverum zu radeln und dann gen Osten in die Berge nach Schweden abzubiegen.
Die Fähre aus Frederikshavn kam um Mitternacht in Moss an. Die Ausfahrt war eine kitzlige Angelegenheit: man fuhr in ca. 12 Meter Höhe aus der Fähre heraus auf einen Anleger, der aus grobmaschigen Rosten bestand. Beim Blick nach unten konnte einem mulmig werden. Zwei Campingplätze hatte ich zur Auswahl: einen 9 km gen Süden und den anderen 6 km gen Nordwesten auf der Moss vorgelagerten Insel Jeløy. Beides lag nicht in meiner Zielrichtung. Obwohl nach meiner Karte die Strecke nach Nes auf Jeløy hügeliger aussah, entschied ich mich für diesen Campingplatz (auf der Fähre hatte ihn mir auch ein Norweger empfohlen). Als ich nach ca. 30 min Nachtradelei dort ankam, schien niemand da zu sein. Kurz später kam jedoch noch ein Wohnmobil von der Fähre dort an. Daraufhin erschien dann doch noch ein Platzwart, der uns einwies. Mit den Wohnmobilisten aus Neumünster habe ich dann noch um halb zwei einen Rotwein getrunken, der einen so richtig müde machte. Wie ich dann am nächsten Tag die 185 km nach Kongsvinger geschafft habe, bleibt mir ein Rätsel.
Zunächst mußte ich aus Moss rauskommen. Das ist gar nicht so einfach, denn eigentlich hatte ich ein paar Kilometer auf der Hauptstraße nach Oslo eingeplant. Aber die war für Radfahrer gesperrt. Und keinerlei Hinweise wie Radfahrer nach Valer kommen sollten. Und das am frühen Morgen! Nach einer halbstündigen Irrfahrt war ich schließlich auf dem richtigen Weg.
Das erste Elch-Warnschild ließ dann auch nicht lange auf sich warten (ob es in Skandinavien überhaupt Elche gibt? -- Ich hab keinen gesehen).
Der Weg zum Øyeren-See über Ringvoll und Tomter erwies sich als hügelig, obwohl es nie über 300 oder 400 m ging. Direkt am Øyeren wurde es am schlimmsten. Den See habe ich nördlich über Lillestrøm umfahren, wo man schon die Auswirkungen von Oslos Autoverkehr mitbekommt. Dann war ich endlich am Glåma. Aber flach wurde es dadurch immer noch nicht. Erst ca. 50 km stromaufwärts ab Arnes war es flach. Aber dafür bis Elverum!
Am Glåma war gerade Erdbeer-Erntezeit und dementsprechend lag oft der Duft in der Luft. Am späten Nachmittag ist mir der vordere Schaltzug angerissen. Vorsichtshalber habe ich dann vorn nicht mehr geschaltet - dabei war es doch jetzt endlich flach. In Skarnes habe ich nach ca. 150 km um kurz vor 19 Uhr noch in einem Supermarkt einkaufen und damit das Abendessen sichern können. Der nächste Campingplatz lag 8 km in der falschen Richtung, so daß ich mich entschied bis nach Kongsvinger (ca. 30 km) weiterzuradeln. Aber der dortige Campingplatz lag dann auch 7 km abseits von meiner Route. Überraschenderweise traf ich hier weder andere Radler noch andere Deutsche.
Am nächsten Morgen wechselte ich den Schaltzug und besorgte mir in Kongsvinger zwei neue Reservezüge. Kurz hinter Kongsvinger erwischten mich die ersten Regentropfen. Aber der Nieselregen hielt nur zwei Minuten an. Bis zu den Åland-Inseln sollte es trocken bleiben. Zwischen Kongsvinger und Elverum habe ich die kleinere der beiden Straßen genommen (Westseite). Elverum erreichte ich nach etwa 100 km am frühen Nachmittag. Dort warf ich einen Blick in das Norwegische Forstwirtschaftsmuseum. Beim Tourismusbüro in Elverum erfuhr ich, daß es kurz vor Nybergsund einen Campingplatz gibt. Dorthin waren es noch 60 bergige Kilometer mit einigen langen Anstiegen. Aber nach etwa 4 Stunden hatte ich auch die hinter mich gebracht. Auf dem Campingplatz, der hinter einem Straßenrestaurant liegt, waren außer mir nur noch zwei schwedische Familien. Hier blieb es erstaunlich lange hell. Um 23:30 h hatte ich noch keine Probleme im geschlossenem Zelt zu lesen.
In Nybergsund überquerte ich den Trysilelva, der weiter flußabwärts in Schweden Klarälven heißt. Von dort ging es ca. 5 km und 400 Höhenmeter bergauf, was aber mit einer schönen Aussicht belohnt wurde. Auch auf den letzten 50 km bis zur norwegisch-schwedischen Grenze habe ich keine anderen Reiseradler getroffen. Die Grenze selbst bestand aus einem Gedenkstein, einem gelb angepinselten Steinhaufen und zwei Tafeln für Autofahrer (kein Mensch weit und breit).