Home »» Reiseberichte »» Nordeuropa »» Finnland »» Ostsee 1994

Ostsee Umrundung

gefahren & geschrieben von Peter Alteheld 1994

Åland, Finnland

[Anfang] [Ende]

ÅLAND-INSELN

Ich erreichte die Åland-Inseln nach zweistündiger Überfahrt, obwohl im Infoblatt der Reederei stand, daß die Fähre um 11.30 ablegt und erst um 14.30 ankommt. Den Grund für diese Unstimmigkeit fand ich aber erst einen Tag später heraus: Åland gehört zu Finnland und ist eine Stunde weiter als Schweden.

Nachdem ich mich mit finnischem Geld und Essen versorgt hatte, habe ich mich auf dem Weg zum Campingplatz gemacht. Dort waren gerade zwei finnische Mädchen per Rad angekommen, aber sie waren nicht sehr kontaktfreudig. Wie ich nämlich danach feststellte wimmelte es hier nur so von Radfahrern: Jugendliche aus Stockholm und aus Finnland. Åland ist ein Radlerparadies, hier fallen im Sommer Unmengen von Radlern ein. Und bei solch einer Häufung spricht man eben nicht mehr miteinander.

Na, dann habe ich mein Zelt erst mal aufgebaut und bin das erste Mal auf dieser Tour in der Ostsee baden gegangen. Abends habe ich noch mit zwei Schwedinnen aus Södertälje geplaudert. Sie erzählten mir von der Möglichkeit mit Fahrradfähren Rundtouren zu fahren. Den nächsten Tag wollte ich ruhig angehen lassen und wollte eine Rundtour mit Fahrradfähre durch den Nordwesten der Hauptinsel und die Mitte Ålands bis nach Mariehamn unternehmen. Unterwegs fielen mir die vielen Radwegweiser auf. Und dann roch es im Wald wieder so fruchtig wie bereits zwei Tage vorher in Schweden. Diesmal habe ich angehalten und nach der Ursache geforscht: es waren reife Walderbeeren und Blaubeeren, mit denen ich mir dann den Magen vollschlug.

Kurz danach kam ich an einer alten russischen Befestigung vorbei, die die Russen im 1. Weltkrieg zur Verteidigung vor deutschen Angriffen angelegt hatten. Am Fahrradfährhafen in Skarpnato angekommen, stellte ich fest, daß die nächste Fähre nach Finnö erst in drei Stunden ablegte. Da ich zu dem Zeitpunkt schon in Mariehamn sein wollte, fuhr ich die letzten 15 km zurück. Dort erwischte mich dann der erste Regenschauer der Tour: nach 10 Minuten war ich patschnaß, aber eine halbe Stunde später schon wieder vom neuen Sonnenschein getrocknet. Mariehamn, der Hauptort Ålands ist ein hübsches kleines Städtchen auf einer Landzunge, die gerade mal 2 km breit ist (Einwohnerzahl ca. 10'000). Beim Postamt besorgte ich mir ein paar åländische Briefmarken und bin dann zum Campingplatz geradelt. Der war wiederum proppevoll mit schwedischen und finnischen Jugendlichen. Ein finnisches, radelndes Paar klagte mir dort ihr Leid, daß sie hier mit ihrem Finnisch nicht verstanden würden, weil die Åländer Schwedisch sprechen. Am nächsten Morgen bin ich noch durch Mariehamn getourt und habe mir das Städtchen noch angeschaut und einige Fotos geschossen. Mittags bin ich dann zum Fährhafen, um die Fähre nach Naantali zu nehmen, das hier als Nådendal (schwedisch) bezeichnet wurde. Die Überfahrt kostete ca. 30 DM, dauerte ca. 6 Stunden und war eine nicht enden wollende Kurverei zwischen Hunderten kleiner Inselchen. Auf dem Achterdeck habe ich mir einen Sonnenbrand auf dem Bauch geholt.

FINNLAND (Festland)

In Naantali auf dem Campingplatz habe ich dann Holger aus Bremen getroffen, der ebenfalls auf der Fähre war. Er war morgens in Kapellskär(Schweden) eingestiegen, hatte sein Rad am anderen Ende der Fähre stehen gehabt und sich den ganzen Nachmittag am kalten Buffet festgehalten. Holger hatte seine Promotionsprüfung nur ein paar Tage vor mir gehabt, in Geschichte in Bremen. Wir schlugen unsere Zelte gegenüberliegend auf und erzählten uns bei Tee unseren bisherigen Raderlebnisse.

Am nächsten Morgen sind wir gemeinsam nach Turku (schwedisch: Åbo) geradelt (ca. 20 km) und haben nach viel Suchen auch das Stadtzentrum gefunden (die Hauptstraße war mal wieder für Räder gesperrt - wie bereits in Moss und Falun). Dort war gerade eine Art Kirchentag und recht viel los. Mittags haben wir uns dann dort getrennt, weil Holger auf dem direkten Weg nach Helsinki wollte und ich etwas weiter in das Landesinnere fahren wollte.

Bis nach Somero und nach Hovikari zum Campingplatz bot die Landschaft nicht viel Neues: Wald, viel Landwirtschaft, ein schöner Fluß, sanfte Hügel. Abends am Campingplatz war ich allein. Der Campingplatz lag an einem Steilhang am Painio-See, der gerade die richtige Temperatur zum ausgiebigen Baden hatte. Am nächsten Morgen ging es weiter Richtung Helsinki. Die Strecke erwies sich als unerwartet hügelig (so wie bereits Mitte Jylland und die schwedische Küste). Ab ca. 30 km vor Helsinki kam ich an vielen Seen vorbei, die von den Helsinkiern als Badeseen genutzt wurden; ein Stück weiter begann ein breiter Radweg neben der Straße und kurz darauf als ich einen Radler überholen wollte, sprach er mich an: Risto aus Helsinki lud mich zu einem Bier ein, zeigte mir einen preiswerten Supermarkt, der samstagnachmittags offen hatte, seine Stammkneipe, die Helsinkier Innenstadt, den Fährterminal im South Harbour (wo wir erfuhren, daß ich das Visum für das Baltikum in Tallinn im Hafen für 150 Finnmark, etwa 50 DM, bekommen kann) und dann hat er mich noch zu dem schwer zu findenden Campingplatz in Rastila ca. 9 km östlich vom Hafen geführt.

Auf dem Campingplatz habe ich einige Radler getroffen: Bernd aus Berlin, der bereits durch Polen und das Baltikum geradelt war und mir mitteilte, daß ich mir keine Befürchtungen wegen Kriminalität machen müßte (Radfahrer würden nicht ausgeraubt) und mich zu sich nach Berlin einlud. Eine Braunschweiger Alleinradlerin um die 55, die gerade mit dem Finnjet angekommen war und zum Nordkap wollte. Sie erzählte, vor 5 Jahren hätte sie die Kinder aus dem Haus gehabt und hätte dann erstmal studiert. Nachdem sie das beendet hatte, wollte sie nun die weite Welt sehen. Da ihr Mann schwerbehindert sei, müßte sie alleine radeln. Da sie wie eine typische Hausfrau und Mutter aussah, hatte ich die Befürchtung, daß sie nach 20 km entkräftet vom Rad steigt. Aber weit gefehlt: da erzählte sie, daß sie letztes Jahr 6 Wochen mit dem Rad in Island war. Dort sei es richtig schön gewesen. Gestört hätten nur die jungen deutschen Radler, die gleich beim ersten Schneetreiben in die nur für Notfälle gedachten Notunterkünfte aufsuchten. Am Sonntagmorgen habe ich mich beeilt und habe sogar die erste Fähre um 10 Uhr nach Tallinn erwischt. Die kostete umgerechnet etwa 40 DM.

[Weiter zu Teil 7: Baltikum]

[Anfang] [Ende]